Artikel

Boarding mit Josef Frank
Spectrum

Eine Schau in San Francisco – und was sie über Wien erzählt.

24. September 2011 - Wolfgang Freitag
So dringlich kann der Aufruf zum Boarding gar nicht sein, dass man sich nicht doch die Zeit nähme, vor dieser verschwenderischen Pracht innezuhalten: vor den floral überwucherten Möbelstoffen, die da in großen Glasvitrinen den Flugpassagieren auch längere Wartefristen verkürzen. Sorgsam ist die Entwicklung der Entwürfe aus den Illustrationen schlichter Naturkundeführer nachgezeichnet, sorgsam der Lebensgeschichte des Entwerfers gedacht, sorgsam seine Zusammenarbeit mit dem schwedischen Designunternehmen Svenskt Tenn dargestellt, dessen Bestände die kleine Ausstellung ermöglichten.

Es sind Entwürfe des großen Josef Frank, geboren 1885 zu Baden bei Wien, aber es ist nicht der Flughafen Wien, in dem sie zu sehen sind, vielmehr der Flughafen einer Stadt, die mit Frank so gut wie nichts verbindet: San Francisco nämlich. Noch den ganzen Oktober werden im International Terminal „The Enduring Designs of Josef Frank“ gezeigt. Und da kann man dann schon ins Grübeln geraten: wieso Frank am Pazifik womöglich bekannter ist als an der Donau, wieso man ihn dort mit größter Selbstverständlichkeit mitten ins Leben platziert, während in seiner Heimatstadt einschlägig Bemühte auf den Knien um die Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger betteln müssen, wenn sie die Errichtung eines kleinen Museums zu Franks Wiener Werkbundsiedlung für angezeigt halten.

Richtig, der Amerikaner an sich, wir Europäer sind uns da üblicherweise ganz sicher, ist ja in kulturellen Belangen eher unbedarft. Im Wiener Rathaus geht es gewiss ganz anders zu.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: