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Wenn Städte zu Donuts werden
Auf der ersten österreichischen Leerstandskonferenz wurde nach Strategien gegen die Verödung der Innenstädte gesucht
Wenn Handelsbetriebe auf die grüne Wiese wandern und die Mitte sich leert, wird das für Kleinstädte bald zur Existenzfrage. Die erste österreichische Leerstandskonferenz suchte nach Strategien gegen die Verödung.
29. Oktober 2011 - Maik Novotny
Staubige Auslagen in brandneu gepflasterten, aber menschenleeren Straßen im Ortskern. Baumarkt, Lagerhaus, Getreidesilos und schäbige Einkaufszentren entlang der Bundesstraße am Ortsrand. Ein Bild, das landauf, landab wiederkehrt. Mag der gewerbliche Leerstand in den Wiener Einkaufsstraßen noch ein ästhetisches Problem sein, wird der Exodus bei Handelsflächen in kleineren Gemeinden schnell zur Existenzfrage. Ziehen Frequenzbringer wie Apotheken oder Bäcker weg, verödet das ganze Zentrum.
Ob und wenn ja wie hier gegenzusteuern ist, damit beschäftigte sich vorige Woche die erste österreichische Leerstandskonferenz im oberösterreichischen Ottensheim. Initiiert von den umtriebigen Architekten von nonconform, kam ein breites Teilnehmerfeld aus Architektur, Raumplanung, Verwaltung, Stadtmarketing und Wirtschaft aus Österreich und Deutschland zusammen.
Regionen bluten langsam aus
Was dabei schnell klar wurde: Den Österreichern geht es hier noch verhältnismäßig gut. Ostdeutsche Städte wie Leipzig verzeichneten einen Leerstand von 60.000 Wohnungen. Im ländlichen Bereich, der rapide überaltert, kommt es schnell zum „Donut-Effekt“, wie Hilde Schröteler- von Brandt, Professorin an der Uni Siegen, erklärte. Gerade die identitätsprägenden Ortszentren entleerten sich zuerst. Wo die Einwohner fehlen, rutschen auch die Handelsflächen mit ins Donut-Loch. Wenn wie in Südwestfalen ganze Regionen langsam ausbluten, hilft auch ein auf Konkurrenz setzendes Stadtmarketing nicht mehr viel - die Erfolge liegen hier in der Vernetzung.
Wesentliches Erfolgskriterium dabei: ein fundiertes Leerstandsmanagement. Das heißt, Daten zu erheben und verfügbar zu machen, um überhaupt ein Bewusstsein für das oft viel zu lange verdrängte Problem entstehen zu lassen. Erst dann kann der Markt wieder belebt werden. In Waidhofen/Ybbs bemerkte man bei der Vorbereitung zur Landesausstellung 2007, dass das Stadtzentrum zwar prachtvoll saniert und hübsch anzusehen, aber fast ausgestorben war. Der als Alarmsignal geltende Prozentsatz von 20 Prozent gewerblichen Leerstands war nahezu erreicht. Als Gegenmaßnahme beschloss die Gemeinde einen Mietzuschuss für Handelsflächen bis 150 Quadratmeter in den ersten drei Jahren. „Anfangs gab es dagegen Proteste der alteingesessenen Betriebe“, berichtet Johann Stixenberger, Unternehmer und Berater der Stadterneuerung in Waidhofen. „Als der Leidensdruck hoch genug war, haben auch sie eingesehen, dass etwas geschehen musste.“
Überregulierung als Hindernis
Für Interessenten richtete die Stadt eine Hotline ein, um Informationen über verfügbare Objekte zu erleichtern. „Vorher musste man fünfmal herumtelefonieren, um überhaupt den Eigentümer herauszufinden“, sagt Stixenberger. Mit dieser provisionsfreien Transparenz mache man sich bei den Maklern zwar keine Freunde, diese seien aber ohnehin nur an Gesamtobjekten und kaum an der Vermarktung einzelner Ladenflächen interessiert.
Ein speziell österreichisches Hindernis dabei: Die Überregulierung durch Denkmalschutz, Brandschutz und Bauordnungen macht schnelle, niedrigschwellige Verbesserungen fast unmöglich. Fraglich bleibt, ob kommunale Mietzuschüsse, wenn überhaupt leistbar, langfristig Erfolg haben.
Klar ist: Was letztendlich zählt, ist der Umsatz der Ladenbesitzer. „Dazu braucht man Frequenzverstärker wie Bäcker, Café, Arztpraxen und auch Schulen. Die machen 50 Prozent der Tagesfrequenz aus“, erklärt Stixenberger. Doch trotz Finanzspritzen und Anreizen geht ohne Beteiligung der Bevölkerung nichts. Temporäre Nutzungen, wie in Stadt Haag oder Ottensheim, das trotz Leerstands aufgrund der Nähe zu Linz noch relativ gut dasteht, helfen bei der Initiative und Bewusstseinsbildung. Ob jedoch die Kaufkraft von der grünen Wiese irgendwann wieder ins Zentrum zurückschwingt, bleibt abzuwarten.
Ob und wenn ja wie hier gegenzusteuern ist, damit beschäftigte sich vorige Woche die erste österreichische Leerstandskonferenz im oberösterreichischen Ottensheim. Initiiert von den umtriebigen Architekten von nonconform, kam ein breites Teilnehmerfeld aus Architektur, Raumplanung, Verwaltung, Stadtmarketing und Wirtschaft aus Österreich und Deutschland zusammen.
Regionen bluten langsam aus
Was dabei schnell klar wurde: Den Österreichern geht es hier noch verhältnismäßig gut. Ostdeutsche Städte wie Leipzig verzeichneten einen Leerstand von 60.000 Wohnungen. Im ländlichen Bereich, der rapide überaltert, kommt es schnell zum „Donut-Effekt“, wie Hilde Schröteler- von Brandt, Professorin an der Uni Siegen, erklärte. Gerade die identitätsprägenden Ortszentren entleerten sich zuerst. Wo die Einwohner fehlen, rutschen auch die Handelsflächen mit ins Donut-Loch. Wenn wie in Südwestfalen ganze Regionen langsam ausbluten, hilft auch ein auf Konkurrenz setzendes Stadtmarketing nicht mehr viel - die Erfolge liegen hier in der Vernetzung.
Wesentliches Erfolgskriterium dabei: ein fundiertes Leerstandsmanagement. Das heißt, Daten zu erheben und verfügbar zu machen, um überhaupt ein Bewusstsein für das oft viel zu lange verdrängte Problem entstehen zu lassen. Erst dann kann der Markt wieder belebt werden. In Waidhofen/Ybbs bemerkte man bei der Vorbereitung zur Landesausstellung 2007, dass das Stadtzentrum zwar prachtvoll saniert und hübsch anzusehen, aber fast ausgestorben war. Der als Alarmsignal geltende Prozentsatz von 20 Prozent gewerblichen Leerstands war nahezu erreicht. Als Gegenmaßnahme beschloss die Gemeinde einen Mietzuschuss für Handelsflächen bis 150 Quadratmeter in den ersten drei Jahren. „Anfangs gab es dagegen Proteste der alteingesessenen Betriebe“, berichtet Johann Stixenberger, Unternehmer und Berater der Stadterneuerung in Waidhofen. „Als der Leidensdruck hoch genug war, haben auch sie eingesehen, dass etwas geschehen musste.“
Überregulierung als Hindernis
Für Interessenten richtete die Stadt eine Hotline ein, um Informationen über verfügbare Objekte zu erleichtern. „Vorher musste man fünfmal herumtelefonieren, um überhaupt den Eigentümer herauszufinden“, sagt Stixenberger. Mit dieser provisionsfreien Transparenz mache man sich bei den Maklern zwar keine Freunde, diese seien aber ohnehin nur an Gesamtobjekten und kaum an der Vermarktung einzelner Ladenflächen interessiert.
Ein speziell österreichisches Hindernis dabei: Die Überregulierung durch Denkmalschutz, Brandschutz und Bauordnungen macht schnelle, niedrigschwellige Verbesserungen fast unmöglich. Fraglich bleibt, ob kommunale Mietzuschüsse, wenn überhaupt leistbar, langfristig Erfolg haben.
Klar ist: Was letztendlich zählt, ist der Umsatz der Ladenbesitzer. „Dazu braucht man Frequenzverstärker wie Bäcker, Café, Arztpraxen und auch Schulen. Die machen 50 Prozent der Tagesfrequenz aus“, erklärt Stixenberger. Doch trotz Finanzspritzen und Anreizen geht ohne Beteiligung der Bevölkerung nichts. Temporäre Nutzungen, wie in Stadt Haag oder Ottensheim, das trotz Leerstands aufgrund der Nähe zu Linz noch relativ gut dasteht, helfen bei der Initiative und Bewusstseinsbildung. Ob jedoch die Kaufkraft von der grünen Wiese irgendwann wieder ins Zentrum zurückschwingt, bleibt abzuwarten.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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