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Stadt und Utopie - aber wie?
Der Standard

Das Symposium „Superstadt“ spekulierte über die urbane Zukunft. Ob optimistisch oder düster: Der Futurismus ist wieder im Kommen.

27. Oktober 2012 - Maik Novotny
Die Zukunft schien in der Architektur ziemlich altmodisch geworden zu sein. Seit den fliegenden Träumen der 60er, als Pop-Art- Büros wie Superstudio aus Italien und Archigram aus London ihre Walking Cities wie riesige psychedelische Yellow Submarines durch die Welt von morgen staksen ließen, ist der Blick nach vorn immer grimmiger, humorloser und pessimistischer geworden.

Dort, wo sich der Futurismus noch sonnig-optimistisch gibt, tut er das im nostalgischen Retrogewand, als Replikat der technologiebegeisterten Ära von James-Bond-Autos und Mondraketen. Alternativ gibt man sich global und grün, doch hinter der fugenlos gerenderten Öko-Architektur steckt ein beinharter Markt und in der Substanz oft wenig mehr als mit Fassadengrün behangene, pseudobiologische Rundformen.

Doch es gibt auch die, die sich mit den Technologien von heute beschäftigen, die sehr wohl Lösungen für die Zukunft bieten, wenn man nur genau hinschaut. Eine Handvoll von ihnen versammelte sich vorige Woche beim Symposium „Superstadt“ an der Kunst-Uni Linz, um die Stadt von heute weiterzudenken.

„Die Metropolen wachsen heute ohne Utopie vor sich hin“, wie Initiatorin Sabine Pollak anmerkte. Das Mittel dagegen liege weniger im Eskapismus kuschelig-spaciger Blobs, sondern in interdisiplinärer Research Architecture, die sich die Erkenntnisse der Wissenschaft zu eigen macht.

So ließ der Schwede Magnus Larsson in seinem provokant Beyond Biomimicry betitelten Vortrag den oberflächlichen Bio-Look hinter sich, um sich mit weißem Laborkittel in biochemische Prozesse zu vertiefen. Ergebnis: sein Projekt Green Wall Sahara, das so simpel wie bestechend ist. Um das Vordringen der Wüste einzudämmen, schlug Larsson vor, Bakterien in die Dünen zu injizieren, die den Sand binnen 48 Stunden zu Sandstein verhärten.

Dank des Mikroorganismus als Bauarbeiter wird der Sand zum Sandstein, die kühlen Hohlräume bieten Platz für Oasen oder gleich ganze Städte. Forschende Intelligenz statt formschöner Nachahmung der Natur in Beton: Die „Post- sustainable City“ brauche aktive Häuser, die sich selbst bauen, argumentierte Larsson.

Die stadtforschenden Szenarien der Thinktanks um den Briten Liam Young wiederum spekulieren wild in alle Richtungen über den Einfluss neuer Technologien: Überwachungsdrohnen, Vögel als Warnsystem für Luftverschmutzung, Implantate als Informationsträger.

Noch ist es eine architektonische Randgruppe, die sich in Begeisterung fürs Wissenschaftliche ergeht. Das mag ganz banal daran liegen, dass es krisenbedingt momentan wenig zu bauen gibt, doch das sieht man einfach als Chance: „Es gibt für Architekten keine bessere Zeit als jetzt, um über die Zukunft nachzudenken“, sagt Magnus Larsson euphorisch.

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