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Ein bisschen Bilbao für alle
In der Akademie der Künste in Berlin ist derzeit die Ausstellung „Kultur:Stadt“ zu sehen
20. April 2013 - Bert Rebhandl
Beim Betreten der Ausstellung Kultur:Stadt in der Berliner Akademie der Künste stößt man erst einmal auf ein großes Modell des Kulturforums, mit dem sich Westberlin auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges seinerzeit als Ort der Freiheit deklarieren wollte. Die Philharmonie von Hans Scharoun sollte in Sichtweite der Systemgrenze und der späteren Mauer ein Zeichen für die kulturellen Werte setzen, die sich die westlichen Demokratien zugutehalten.
Doch wie es so ist mit großen Plänen: Sie überfordern manchmal die dafür zuständigen Behörden. Und so blieb das Kulturforum unvollständig und läuft nun in der Ausstellung als „Beleg für die Abwesenheit kultureller Visionen“ (wie übrigens auch der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, der ja als eine Art Fassadenzauber konzipiert ist).
Wer Visionen hat, geht heute meistens nicht zum Arzt, sondern zum Architekten. So entstehen ständig neue, wegweisende Gebäudekomplexe mit einer Zweckwidmung, die im engeren oder weiteren Sinn als kulturell zu bezeichnen ist. Diesem Zusammenhang widmet sich die Schau Kultur:Stadt mit einer bemerkenswerten Übersichtskonzeption:
In einem großen Raum in dem von Hans Düttmann geplanten Bau am Hanseatenweg sind gut drei Dutzend Modelle aufgestellt, die von der Tate Modern in London bis zum Opernhaus in Sydney so ziemlich alle wesentlichen Kulturbauten aus den letzten Jahrzehnten repräsentieren. Den nötigen Kontext vermittelt einem der Tablet-Computer, den man am Eingang ausgeborgt hat. Oder aber man liest klassisch in den Katalog ein, denn die Modelle stehen, obwohl sie miteinander kommunizieren, allesamt doch recht unvermittelt im Raum.
Jeder Städtetourist wird den einen oder anderen gezeigten Bau schon einmal persönlich aufgesucht haben und nun ein wenig staunen, was in der Perspektive, die das Modell ermöglicht, alles erkennbar wird – zum Beispiel der Dachgarten der Generali Foundation in Wien (siehe Gespräch mit András Pálffy). „Kultur als Zweck und Mittel“ ist dabei ein leitendes Interesse. Doch inwiefern dienen die Bauten der Präsentation von Kultur? Und inwiefern schaffen sie selbst eine neue Kultur, in der Städte sich eine Identität zu geben versuchen?
Der millionenfach zitierte „Bilbao-Effekt“, von dem William J. R. Curtis im Katalog schreibt, verleitete einige spanische Kommunen dazu, das vermeintliche Erfolgsrezept der baskischen Industrie- und Hafenstadt nachzuahmen. Auch sie wollten teilhaben an großer, medial gigantischer Stararchitektur à la Frank Gehry und den Synergien von Stadt und Kultur. Es ist genau dieser sichtbar werdende globale Zusammenhang, der sich durch die Vielzahl der gezeigten Kulturbauten aufdrängt.
Im Abschreiten der Modelle werden Ähnlichkeiten deutlich, zugleich bleiben die Gebäude aber ohne Kontext im Raum stehen. So geht es einem häufig ja auch an den Orten selbst: Man ist da und zugleich in einer medialen Parallelwelt aus Vorstellungen und Images und versucht, das irgendwie zusammenzukriegen. Gerade dafür ist die Ausstellung Kultur:Stadt ein interessantes urbanes Labor. (Bert Rebhandl, Album, DER STANDARD, 20./21.4.2013)
„Kultur:Stadt“, Akademie der Künste, Berlin. Bis 26. Mai.
Doch wie es so ist mit großen Plänen: Sie überfordern manchmal die dafür zuständigen Behörden. Und so blieb das Kulturforum unvollständig und läuft nun in der Ausstellung als „Beleg für die Abwesenheit kultureller Visionen“ (wie übrigens auch der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, der ja als eine Art Fassadenzauber konzipiert ist).
Wer Visionen hat, geht heute meistens nicht zum Arzt, sondern zum Architekten. So entstehen ständig neue, wegweisende Gebäudekomplexe mit einer Zweckwidmung, die im engeren oder weiteren Sinn als kulturell zu bezeichnen ist. Diesem Zusammenhang widmet sich die Schau Kultur:Stadt mit einer bemerkenswerten Übersichtskonzeption:
In einem großen Raum in dem von Hans Düttmann geplanten Bau am Hanseatenweg sind gut drei Dutzend Modelle aufgestellt, die von der Tate Modern in London bis zum Opernhaus in Sydney so ziemlich alle wesentlichen Kulturbauten aus den letzten Jahrzehnten repräsentieren. Den nötigen Kontext vermittelt einem der Tablet-Computer, den man am Eingang ausgeborgt hat. Oder aber man liest klassisch in den Katalog ein, denn die Modelle stehen, obwohl sie miteinander kommunizieren, allesamt doch recht unvermittelt im Raum.
Jeder Städtetourist wird den einen oder anderen gezeigten Bau schon einmal persönlich aufgesucht haben und nun ein wenig staunen, was in der Perspektive, die das Modell ermöglicht, alles erkennbar wird – zum Beispiel der Dachgarten der Generali Foundation in Wien (siehe Gespräch mit András Pálffy). „Kultur als Zweck und Mittel“ ist dabei ein leitendes Interesse. Doch inwiefern dienen die Bauten der Präsentation von Kultur? Und inwiefern schaffen sie selbst eine neue Kultur, in der Städte sich eine Identität zu geben versuchen?
Der millionenfach zitierte „Bilbao-Effekt“, von dem William J. R. Curtis im Katalog schreibt, verleitete einige spanische Kommunen dazu, das vermeintliche Erfolgsrezept der baskischen Industrie- und Hafenstadt nachzuahmen. Auch sie wollten teilhaben an großer, medial gigantischer Stararchitektur à la Frank Gehry und den Synergien von Stadt und Kultur. Es ist genau dieser sichtbar werdende globale Zusammenhang, der sich durch die Vielzahl der gezeigten Kulturbauten aufdrängt.
Im Abschreiten der Modelle werden Ähnlichkeiten deutlich, zugleich bleiben die Gebäude aber ohne Kontext im Raum stehen. So geht es einem häufig ja auch an den Orten selbst: Man ist da und zugleich in einer medialen Parallelwelt aus Vorstellungen und Images und versucht, das irgendwie zusammenzukriegen. Gerade dafür ist die Ausstellung Kultur:Stadt ein interessantes urbanes Labor. (Bert Rebhandl, Album, DER STANDARD, 20./21.4.2013)
„Kultur:Stadt“, Akademie der Künste, Berlin. Bis 26. Mai.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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