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Lehm: Altbewährt und wiederentdeckt
Der Standard

Franz Volhards Buch „Bauen mit Leichtlehm“ beschäftigt sich umfassend mit dem Baustoff der Vergangenheit und Zukunft

23. November 2012 - Jasmin Al-Kattib
Lehm ist einer der ältesten Baustoffe des Menschen. Es gibt ganze Städte aus Lehm, dessen Formbarkeit einzigartige Architekturen hervorgebracht hat: Shibam im Jemen mit ihren vielstöckigen Lehmbauten, auch bekannt als das „Manhattan der Wüste“, ist eine der bekanntesten. Aber auch Djenné in Mali oder Yazd im Iran sind prominente Beispiele.

Der traditionelle Lehmbau ist aber nicht nur in Gegenden wie Nordafrika, auf der arabischen Halbinsel oder in Vorderasien zu finden. Besonders im ländlichen Raum wird weltweit oft mit Lehm gebaut. In der Vergangenheit wurde auch in Europa häufig Lehm als Baustoff eingesetzt. In Mitteleuropa, so wird angenommen, wurden Häuser bis zur Römerzeit vorwiegend aus Holz und Lehm konstruiert.

Im Gegensatz zu den massiven Lehmbauten in Afrika und Asien bezieht sich die europäsiche Geschichte des Lehmbaus eher auf den Lehm-Fachwerkbau, dessen Gebäude aus tragenden Gerüsten aus Holz bestehen - die Zwischenräume mit einem Holz-Lehm-Verbund gefüllt. Diese Bauweise war von der Antike bis ins 19. Jahrhundert eine der vorherrschenden in Mitteleuropa und dominiert in bestimmten Regionen nach wie vor das Erscheinungsbild historischer Stadtkerne.

Klimafreundliches Material

Das Buch „Bauen mit Leichtlehm“, dessen Erstausgabe bereits im Jahr 1983 veröffentlicht wurde, möchte dem neu entfachten Interesse am Baustoff Lehm entgegenkommen. Es sind besonders Gedanken zu Umweltbewusstsein, Ressoucenknappheit und Nachhaltigkeit, die den Lehmbau auch hierzulande wieder „salonfähig“ machen. Auch in Österreich wird Lehm als Baustoff zunehmend interessant, was nicht zuletzt eine Vielzahl an Lehmbaustoff-Anbietern in Österreich bezeugt.

Die Neuerscheinung befasst sich zunächst mit Lehm als Baustoff und seinen Einsatzmöglichkeiten, um sich danach der Herstellung des Leichtlehms zu widmen. Leichlehm ist ein Gemisch von Lehm und Stroh und anderen Leichtzuschlägen, die den Hauptbestandteil der Masse bilden - der Lehm ist nur das Bindemittel der Zuschläge.

Dieser Lehmbaustoff erweise sich wegen seiner guten Wärmedämmung als besonders klimafreundliches Material und habe eine bessere Festigkeit und Feuchtigkeitsresistenz als gemeinhin angenommen, so Autor und Architekt Franz Volhard, der seit Beginn der 1980er Jahre Wohnhäuser aus Leichtlehm baut und historische Lehmbau-Techniken erforscht, um deren Weiterentwicklung für zeitgemäßes Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen anzuwenden.

Fertigbaustoffe und Projektbeispiele

Verständlich, detailliert und mit vielen Abbildungen und Fotos erklärt Volhard den Leichtlehm-Einbau in feuchter und trockener Variante, schildert Planung und Kosten und beschreibt alle bauphysikalischen Eigenschaften des Baustoffs. Für die überarbeitete Neuauflage ergänzte er das Handbuch mit Informationen über Vereinfachungen in der Konstruktion und den Einsatz von Lehmfertigbaustoffen, und stellt neue internationale Projektbeispiele und Selbstbauprojekte vor.

Das Buch präsentiert den Baustoff Lehm als vielfältig einsetzbares, relativ kostengünstiges, umweltfreundliches und altbewährtes Material, das immer stärker von der modernen Architektur wiederentdeckt wird.

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