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Der Schärdinger Hof regt auf
Oberösterreichische Nachrichten

Warum erzeugt ein begrüßenswertes Projekt so viel Widerstand?

9. Juni 2012 - Lorenz Potocnik
Innerstädtisch verdichten – egal ob in Metropolen oder in einer kleinen, historischen Stadt wie Schärding – bietet die Chance auf Lösung vieler ökonomischer, ökologischer und sozialer Probleme.

Eine Erhöhung der Nutzungsdichte trägt zu einer Stadt der kurzen Wege mit lebendiger, urbaner Durchmischung bei. Vorhandene Ressourcen werden nachhaltig genutzt, geboten werden attraktive Lebensräume bei geringsten Kosten für die Allgemeinheit und ein positiver Gegentrend zum volkswirtschaftlich teuren Siedlungsbrei an unseren Stadträndern.

Die Möglichkeit zur Verdichtung bietet sich Schärding aktuell durch eine zentral gelegene große Lücke an der Innbruckstraße. Die Baumgartner-Spanlang-Stiftung plant im Schärdinger Hof vorrangig eine Wohnanlage. Das Volumen beträgt rund 5000 Quadratmeter Nettofläche und eine Tiefgarage mit 32 Stellplätzen – eine Investition in Millionenhöhe.

Über eine Direktvergabe wurde das Welser Architekturbüro Luger & Maul beauftragt. Das erfahrene und vielseitige Team kann zahlreiche hochwertige Neu- und Umbauten vorweisen. Ihr Stil ist geradlinig, eher kühl und materialbetont.

Trotz guter Voraussetzungen für ein wichtiges Projekt hat sich ein Zehntel der Einwohner Schärdings aktiv dagegen ausgesprochen: „Für die Erhaltung des historischen Stadtkerns der Barockstadt Schärding!“ und „gegen (das) Hochbauprojekt Schärdinger Hof“.

Warum wird das Projekt von so viel Aufregung und Widerstand begleitet? Bei genauerem Hinsehen kommen mögliche Gründe zum Vorschein, die durchaus typisch sind und leicht auf andere Städte und ähnliche Projekte übertragen werden können.

Der Entwicklung des Projekts scheint es an offen und transparent zugänglicher Information und Kommunikation zu fehlen. Selbstgemachte Visualisierungen der Projektkritiker, wenige Fakten und nur zwei Treffen der Projektbetreiber mit den Interessierten deuten auf zu wenig Klärung der wesentlichen Punkte hin. Die Stadt scheint sich dabei auf eine juristische Nebenrolle zurückzuziehen.

Die Nähe der Projektbetreiber zu lokaler und regionaler Politik löst bei Projektkritikern Misstrauen aus. Es scheint an einer fachkundigen und absolut unabhängigen Expertise zu fehlen. Die Kritik am Projekt wendet sich demnach auch gegen diese Konstellation und ist – Stichwort Wutbürger – durchaus politischer Natur.

Die vorhandene Planung ist insgesamt sehr dicht und verrät in ihrer Ausarbeitung allzu hohe Flächenerwartungen. Das Konzept wirkt nicht ausgereift. So geht die Architektur auf den Kontext nur insofern ein, als dass sie versucht, sich durch Gliederung der Baukörper, durch Rückspringen des oberen Geschoßes und durch eine Färbelung kleiner zu machen, als sie ist. Die Fähigkeit der Betreiber, dieses Projekt transparent und verständlich zu kommunizieren, wird über die Akzeptanz und den langfristigen Erfolg entscheiden.

Die Fähigkeit der Kritiker, sich als sachlicher und konstruktiver Partner einzubringen, wird wiederum die Möglichkeit der Einflussnahme steigern. Am Ende braucht ein derartiger Prozess nur scheinbar länger, in Wirklichkeit wird Zeit gespart und das Ergebnis verbessert. Die öffentliche Hand sollte dabei eindeutig die Interessen der Allgemeinheit vertreten, und eventuell als Vermittlerin fungieren. Die Baumgartner-Spanlang-Stiftung ist in ihrer sozialen Ausrichtung prädestiniert, an diesem Planungsstandort einen beispielhaften zeitgenössischen Wohnbau als (Neu-)Interpretation des lokalen Stadtkörpers im historischen Ensemble zu errichten und damit die städtische Identität zu stärken.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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