Artikel
Letzter Baustein am OK-Platz
Die Chance, den Raum mit einem feinen Stück Architektur zu vollenden, wurde verpasst. Der OK-Platz ist fertig. Letzter Baustein dieser städtischen Entwicklung ist das im Frühjahr 2011 fertiggestellte Edith-Stein-Haus des Karmeliterordens im Süden.
17. August 2012 - Lorenz Potocnik
Entworfen wurde es vom Wiener Büro Wehdorn Architekten. Der OK- Platz – in Zukunft Kulturquartier – ist einer der spannendsten, neuen öffentlichen Räume in der Linzer Innenstadt. Die Chance, diesen mit einem feinen Stück Architektur zu vollenden, wurde leider verpasst.
Das Edith-Stein-Haus grenzt an das Einkaufszentrum Arkade und die Karmeliterkirche. Auf der einen Seite also ein schlichter Geschäfts- und Bürobau mit grüner Stein-Glasfassade, auf der anderen die barocke Kirche aus gelblich verputztem Mauerwerk mit Stuckaturen, gedeckt von einem großen, dunklen Schieferdach. Dieses wurde 1726 fertiggestellt und ist Teil einer Klosteranlage des Ordens, der selbst schon seit 1674 in Linz besteht.
Der Platz ist weiters bestimmt vom historischen Bau des Ursulinenhofs, der 1998 zum Offenen Kulturhaus umgebauten Ursulinenschule mit dem darüberliegenden gläsernen Kubus des Veranstaltungssaals und seiner einzigartig strukturierten, dunklen Putzfassade (Kunst am Bau von BitterWeber). Weiter, im Uhrzeigersinn: der in Form und Material sehr reduzierte Zubau des OKs. Dieser 2008 von Riepl Riepl fertiggestellte Riegel mit Glas- und verzinkter Lochblechfassade schuf erst die Voraussetzungen für den heutigen Platz. Charakterisierend ist der rote Bodenbelag aus Beton und Sand, der „Coolness“ und Offenheit schafft. Ein mutiges Statement in dieser Stadt. Der vergoldete Container des Künstlers Andi Strauss mag nur ein Detail sein, ist in Wirklichkeit aber eine räumlich prägende Skulptur. So viel zum städtischen Kontext. Insgesamt also eine starke Grundlage.
Das Edith-Stein-Haus sollte – einfach ausgedrückt – Büros und Wohnungen für Menschen, die mit dem Karmelorden zusammenarbeiten, schaffen. Wehdorn Architekten bekamen den Zuschlag, weil sie laut Auftraggeber „Alt mit Neu verbinden können“. Genau das ist hier aber nicht gelungen. Bezüglich der Verbindung zur eigenen Kirche spricht Manfred Wehdorn in seiner Projektbeschreibung von einer „Kurvung“, die „gleichsam eine Verbeugung vor der barocken Giebelfront der Karmeliterkirche“ darstellen soll. Vonseiten des Klosters wird dieses Anliegen mit „sich zurücknehmen“ umschrieben. Die Neigung des Bauwerks beziehungsweise die Verjüngung nach oben versteht man als „Verneigung“. Nur seit wann verneigt oder verbeugt sich ein Bauwerk, nur weil es schräg oder abgerundet ist? Das ist ein Unfug und allzu wortgläubiges Verständnis von Architektur. „Sich-Verneigen“ hätte in diesem Fall Zurückhaltung und Sinn für den gesamten Kontext bedeutet.
Das Edith-Stein-Haus bleibt in seiner vertikalen Gliederung ein Fremdkörper, der Anschluss an die Arkade und der obere Abschluss sind plump, die Farbwahl kontextlos und der Übergang zur Kirche – die übliche „Fuge“ – ein grobes Detail. Das Erdgeschoß – die Verbindung zum Platz – gibt in seiner Verschlossenheit wenig zurück an den öffentlichen Raum.
Der nötige Entwicklungsschritt von einer legitimen Metapher oder textlichen Abstraktion zu tatsächlich gebautem Raum, der Architektur, scheint hier einfach nicht stattgefunden zu haben. Enttäuschend ist dies, weil man von der Kirche als Bauherrin im Allgemeinen gute Qualität gewohnt ist. Und enttäuschend auch, weil die Namensgeberin des Hauses, Edith Stein, ihr Leben lang eine Suchende und Fragende war, die ein „feines Gespür für Echtheit und Wahrheit“ besaß. Beides beste Voraussetzungen für ein architektonisches Leitmotiv. Bei diesem Neubau hätte das zuallererst ein Bewusstsein für die Wichtigkeit des Bauwerks an diesem Ort bedeutet. Die Aufgabe wäre demnach gewesen, den letzten Baustein gleichzeitig sensibel und mutig in die Historie und Gegenwart des Platzes einzuschreiben und somit einen Beitrag für die Stadt zu leisten.
Das Edith-Stein-Haus grenzt an das Einkaufszentrum Arkade und die Karmeliterkirche. Auf der einen Seite also ein schlichter Geschäfts- und Bürobau mit grüner Stein-Glasfassade, auf der anderen die barocke Kirche aus gelblich verputztem Mauerwerk mit Stuckaturen, gedeckt von einem großen, dunklen Schieferdach. Dieses wurde 1726 fertiggestellt und ist Teil einer Klosteranlage des Ordens, der selbst schon seit 1674 in Linz besteht.
Der Platz ist weiters bestimmt vom historischen Bau des Ursulinenhofs, der 1998 zum Offenen Kulturhaus umgebauten Ursulinenschule mit dem darüberliegenden gläsernen Kubus des Veranstaltungssaals und seiner einzigartig strukturierten, dunklen Putzfassade (Kunst am Bau von BitterWeber). Weiter, im Uhrzeigersinn: der in Form und Material sehr reduzierte Zubau des OKs. Dieser 2008 von Riepl Riepl fertiggestellte Riegel mit Glas- und verzinkter Lochblechfassade schuf erst die Voraussetzungen für den heutigen Platz. Charakterisierend ist der rote Bodenbelag aus Beton und Sand, der „Coolness“ und Offenheit schafft. Ein mutiges Statement in dieser Stadt. Der vergoldete Container des Künstlers Andi Strauss mag nur ein Detail sein, ist in Wirklichkeit aber eine räumlich prägende Skulptur. So viel zum städtischen Kontext. Insgesamt also eine starke Grundlage.
Das Edith-Stein-Haus sollte – einfach ausgedrückt – Büros und Wohnungen für Menschen, die mit dem Karmelorden zusammenarbeiten, schaffen. Wehdorn Architekten bekamen den Zuschlag, weil sie laut Auftraggeber „Alt mit Neu verbinden können“. Genau das ist hier aber nicht gelungen. Bezüglich der Verbindung zur eigenen Kirche spricht Manfred Wehdorn in seiner Projektbeschreibung von einer „Kurvung“, die „gleichsam eine Verbeugung vor der barocken Giebelfront der Karmeliterkirche“ darstellen soll. Vonseiten des Klosters wird dieses Anliegen mit „sich zurücknehmen“ umschrieben. Die Neigung des Bauwerks beziehungsweise die Verjüngung nach oben versteht man als „Verneigung“. Nur seit wann verneigt oder verbeugt sich ein Bauwerk, nur weil es schräg oder abgerundet ist? Das ist ein Unfug und allzu wortgläubiges Verständnis von Architektur. „Sich-Verneigen“ hätte in diesem Fall Zurückhaltung und Sinn für den gesamten Kontext bedeutet.
Das Edith-Stein-Haus bleibt in seiner vertikalen Gliederung ein Fremdkörper, der Anschluss an die Arkade und der obere Abschluss sind plump, die Farbwahl kontextlos und der Übergang zur Kirche – die übliche „Fuge“ – ein grobes Detail. Das Erdgeschoß – die Verbindung zum Platz – gibt in seiner Verschlossenheit wenig zurück an den öffentlichen Raum.
Der nötige Entwicklungsschritt von einer legitimen Metapher oder textlichen Abstraktion zu tatsächlich gebautem Raum, der Architektur, scheint hier einfach nicht stattgefunden zu haben. Enttäuschend ist dies, weil man von der Kirche als Bauherrin im Allgemeinen gute Qualität gewohnt ist. Und enttäuschend auch, weil die Namensgeberin des Hauses, Edith Stein, ihr Leben lang eine Suchende und Fragende war, die ein „feines Gespür für Echtheit und Wahrheit“ besaß. Beides beste Voraussetzungen für ein architektonisches Leitmotiv. Bei diesem Neubau hätte das zuallererst ein Bewusstsein für die Wichtigkeit des Bauwerks an diesem Ort bedeutet. Die Aufgabe wäre demnach gewesen, den letzten Baustein gleichzeitig sensibel und mutig in die Historie und Gegenwart des Platzes einzuschreiben und somit einen Beitrag für die Stadt zu leisten.
[ Lorenz Potocnik ist der neue Architekturkritiker der OÖNachrichten. Er ist Architekt mit Sitz in Wien und Linz und hat sich auf prozessorientierte Projekte und Planungen im weiten Feld der [ Stadtentwicklung spezialisiert. Sein besonderes Interesse liegt in zivilgesellschaftlichen Initiativen. Potocnik hat zwischen 2003 und 2011 an der Kunstuniversität Linz unterrichtet, ist Projektleiter von „umbauwerkstatt - Forschungslabor zur Nachnutzung der Tabakfabrik Linz“ und Vorstandsmitglied im afo architekturforum oberösterreich. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom