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Mister Kahn und das Wiener Kaffeehaus
Glücklicherweise können und wollen wir noch unterscheiden. Und das ist wichtig in einer Welt, in der alles möglich scheint. Von der Übereinkunft im öffentlichen Raum.
7. Februar 2015 - Franziska Ullmann
Der amerikanische Architekt LouisKahn schreibt: „A street is aroom, a room of common agreement.“ Damit will er zum Ausdruck bringen, dass im öffentlichen Raumeine Art Übereinkunft herrscht, was dort geschehen darf und was eben nicht, was toleriert wird und was geächtet. Ähnlich verhält es sich mit allen öffentlichen Räumen. Und wir kennen die unterschiedlichen Bereiche in einer Stadt, Zonen, in denen man sich wohlfühlt und sicher, Orte, die gepflegt und geachtet sind, und andere, die weniger Vertrauen erwecken, um die weniger Sorge getragen wird, ja die geradezu missachtet bis verachtet werden.
Woher kommt dieses unser Empfinden? Wir alle haben ein mehr oder minder feines Gespür für unsere Umgebung. Aus einer Vielzahl von Botschaften nehmen unsere Sinne die Atmosphäre eines Raumes auf, sowohl in der Stadt, in öffentlichen Gebäuden und im privaten Wohnen.
Unsere Wahrnehmungen werden mit unseren Erfahrungen abgeglichen und danach bewertet: Opfer oder Beute, Flucht oder Angriff, das sind Ur-Instinkte, die uns das Überleben gesichert haben. Ähnlich verhält es sich im öffentlichen Raum, für den wir die entsprechenden Sensorien entwickelt haben: Woher droht Gefahr, welche Zeichen und Geräusche warnen, und wo ist die Atmosphäre ruhig und entspannt?
Gewohnheiten und Rituale
Atmosphären entstehen nicht nur in Räumen, sondern sie werden auch von Menschen und ihrem Verhalten beeinflusst. Somit übt die Gesellschaft mit ihren Gewohnheiten und Ritualen großen Einfluss auf unser alltägliches Leben aus. In unserer liberalen Gesellschaft haben wir die Freiheit, unterschiedliche Atmosphären je nach Bedarf auszusuchen und aufzusuchen. Wollen wir Ruhe finden, so meiden wir Orte mit Lärm und„action“, so wie wir für Anregungen und Reize auch das entsprechende Umfeld finden. In einer Großstadt gibt es eine nahezu endlose Auswahl unterschiedlicher Möglichkeiten.
Im Erleben dieser Orte und im Vergleich kann man die Unterschiede erfahren und für sich selbst beurteilen. Schön, dass es diese „feinen Unterschiede“ gerade in Wien noch gibt – und besonders trifft dies für unsere Kaffeehäuser, Lokale und Geschäfte zu.
Während wir darüber jammern, dass die Großstädte dieser Welt einander immer ähnlicher werden, finden wir in Wien noch klare und deutliche atmosphärische Unterscheidungen. Das mag mit Tradition, Verhalten, Erziehung und Wissen zu tun haben, vor allem jedoch mit Sensibilität der Umwelt gegenüber. Glücklicherweise können und wollen wir noch unterscheiden. In einer Welt, in der alles möglich ist, alles sein kann und darf und alles jederzeit beansprucht wird, ist es erfreulich, dass es Orte gibt, wo das eben nicht so ist.
So komme ich zurück auf Louis Kahn, der sich auf eine unausgesprochene Übereinkunft der Menschen bezieht, einen Konsens, der zwar manches manchmal tolerieren kann, der aber grundsätzlich aufrechterhalten bleiben will und soll. Und somit der Freiheit Grenzen setzt – oder so viel Sensibilität erwartet, dass die Menschen, die den Raum nutzen, dies selbst erkennen und danach ihr Verhalten richten.
Woher kommt dieses unser Empfinden? Wir alle haben ein mehr oder minder feines Gespür für unsere Umgebung. Aus einer Vielzahl von Botschaften nehmen unsere Sinne die Atmosphäre eines Raumes auf, sowohl in der Stadt, in öffentlichen Gebäuden und im privaten Wohnen.
Unsere Wahrnehmungen werden mit unseren Erfahrungen abgeglichen und danach bewertet: Opfer oder Beute, Flucht oder Angriff, das sind Ur-Instinkte, die uns das Überleben gesichert haben. Ähnlich verhält es sich im öffentlichen Raum, für den wir die entsprechenden Sensorien entwickelt haben: Woher droht Gefahr, welche Zeichen und Geräusche warnen, und wo ist die Atmosphäre ruhig und entspannt?
Gewohnheiten und Rituale
Atmosphären entstehen nicht nur in Räumen, sondern sie werden auch von Menschen und ihrem Verhalten beeinflusst. Somit übt die Gesellschaft mit ihren Gewohnheiten und Ritualen großen Einfluss auf unser alltägliches Leben aus. In unserer liberalen Gesellschaft haben wir die Freiheit, unterschiedliche Atmosphären je nach Bedarf auszusuchen und aufzusuchen. Wollen wir Ruhe finden, so meiden wir Orte mit Lärm und„action“, so wie wir für Anregungen und Reize auch das entsprechende Umfeld finden. In einer Großstadt gibt es eine nahezu endlose Auswahl unterschiedlicher Möglichkeiten.
Im Erleben dieser Orte und im Vergleich kann man die Unterschiede erfahren und für sich selbst beurteilen. Schön, dass es diese „feinen Unterschiede“ gerade in Wien noch gibt – und besonders trifft dies für unsere Kaffeehäuser, Lokale und Geschäfte zu.
Während wir darüber jammern, dass die Großstädte dieser Welt einander immer ähnlicher werden, finden wir in Wien noch klare und deutliche atmosphärische Unterscheidungen. Das mag mit Tradition, Verhalten, Erziehung und Wissen zu tun haben, vor allem jedoch mit Sensibilität der Umwelt gegenüber. Glücklicherweise können und wollen wir noch unterscheiden. In einer Welt, in der alles möglich ist, alles sein kann und darf und alles jederzeit beansprucht wird, ist es erfreulich, dass es Orte gibt, wo das eben nicht so ist.
So komme ich zurück auf Louis Kahn, der sich auf eine unausgesprochene Übereinkunft der Menschen bezieht, einen Konsens, der zwar manches manchmal tolerieren kann, der aber grundsätzlich aufrechterhalten bleiben will und soll. Und somit der Freiheit Grenzen setzt – oder so viel Sensibilität erwartet, dass die Menschen, die den Raum nutzen, dies selbst erkennen und danach ihr Verhalten richten.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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