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Forschen, bauen und bewohnen
Bauen ist eine komplexe Angelegenheit. Verständlich, dass Bewährtes und Erprobtes wiederholt wird. Umso erfrischender, dass es zwischendurch auch Neues gibt.
28. November 2015 - Tobias Hagleitner
Vor einigen Jahrzehnten trugen Architekten, die etwas auf sich hielten, bei der Arbeit weiße Kittel wie Wissenschafter im Labor. Das Selbstbild der Zunft und der Dresscode haben sich geändert. Außerhalb der Unis – und selbst dort immer seltener – definiert sich die Architektur kaum mehr als forschende Disziplin. Das Verständnis als Dienstleistung setzt sich immer mehr durch. Bei feststehenden Ressourcen muss für eine bestimmte Aufgabe möglichst pragmatisch und halbwegs hübsch die passende Lösung gefunden werden. Technisch-gestalterische Innovation wird hingegen weitgehend dem „Markt“ und seinen Moden überlassen, der Baustoffindustrie, den Geräteherstellern und Normungsinstituten.
Michael Shamiyeh trägt zwar keinen Kittel, mit den Erfinder-Architekten früherer Zeiten teilt er aber die Neugier und Begeisterung für die grundsätzlichen Fragen des Bauens und Gestaltens. Als Forscher beschäftigt er sich mit Design in einem sehr weit gefassten Sinn. Aus der Perspektive der Architektur betrachtet er die Organisation kreativer Prozesse in verschiedensten Bereichen. Gebaute Objekte sind eher die Ausnahme in der Arbeit Shamiyehs, dann aber sind es aufgrund ihrer durchdachten Konzeption besonders interessante Beiträge zum Baugeschehen.
Das jüngste Projekt entstand für den Eigenbedarf, ein Wohnhaus für sich und seine Familie in einer Gartensiedlung der 1950er-Jahre in Linz-Urfahr. Es passt kaum in eine herkömmliche Kategorie. Es ist ein ökologisches Haus, hat aber nichts von der oft zwänglerischen Hermetik der Passivhaus-Kisten. Es ist durch und durch aus Holz, hat aber mit klassischem Holzbau wenig zu tun. Es ist auf den ersten Blick ein normales Einfamilienhaus, innen überrascht es allerdings mit einer Räumlichkeit, die nur entfernt an bekannte Wohnformen erinnert.
Schatulle im Kästchen
Geschoße, Wände, Decken im üblichen Sinn gibt es nicht. Das Gebäude besteht aus stehenden Kanthölzern von bis zu 13 Metern Länge, die dicht an dicht aneinandergefügt die konstruktive Grundmasse bilden. Das ist einerseits die äußere Hülle, die als klassischer Satteldachtyp exakt behördlichen Vorgaben folgt, das ist andererseits die innere Konstruktion, wo die vertikal geschichteten Hölzer einen Raum im Raum ergeben, der sich vom Foyer im Erdgeschoß vieleckig und vielgestaltig bis hinauf ins Dach windet.
Stellen Sie sich eine Schatulle vor, die quer in einem Kästchen steckt. In der Schatulle sind die Haupträume zum gemeinsamen Wohnen untergebracht. Wo die Schatulle an Außenwände und Decke des Kästchens stößt, ergeben sich große Fensteröffnungen, um Licht hereinzubringen und Blicke ins umgebende Grün des Gartens zu ermöglichen. In den Hohlräumen zwischen Schatulle und Kästchen finden sich die dienenden Funktionen wie Küche oder Bad und die Schlafzimmer. Hier gibt es nur kleine Öffnungen nach draußen, um die Räume möglichst privat und intim zu halten.
Konsequent bis ins Detail
Die Grundidee eines monolithischen Körpers aus Stäben, aus dem der Raum „herausgeschnitten“ wurde, ist deutlich nachvollziehbar. Die Stirnflächen der Kanthölzer zeigen sich an Böden und Decken. Bis ins kleinste Eck wird die feinteilige Rasterung durchgezogen. In der aus fünf unterschiedlichen Winkeln konstruierten Geometrie ist kein Zuschnitt wie der andere, kaum ein Bauteil Standard – eine planerisch wie handwerklich enorme Leistung.
Vieles zeugt vom forschenden Zugang des Architekten. Das gilt für den Holzverband, der ganz ohne Leim, nur mit horizontalen Gratleisten bewerkstelligt wurde und ohne isolierende Schicht und Synthetik auskommt. Das gilt für die Beleuchtung, die nachts dank versteckter LED-Technik ebenso wie am Tag durch die Oberlichtöffnungen fällt.
Ein weiteres von vielen Beispielen ist das rinnenlose Dach aus Keramikplatten, deren Maß exakt auf das Raster der Kanthölzer berechnet wurde, sodass sich verschnittfreie Übergänge ergeben.
Michael Shamiyeh trägt zwar keinen Kittel, mit den Erfinder-Architekten früherer Zeiten teilt er aber die Neugier und Begeisterung für die grundsätzlichen Fragen des Bauens und Gestaltens. Als Forscher beschäftigt er sich mit Design in einem sehr weit gefassten Sinn. Aus der Perspektive der Architektur betrachtet er die Organisation kreativer Prozesse in verschiedensten Bereichen. Gebaute Objekte sind eher die Ausnahme in der Arbeit Shamiyehs, dann aber sind es aufgrund ihrer durchdachten Konzeption besonders interessante Beiträge zum Baugeschehen.
Das jüngste Projekt entstand für den Eigenbedarf, ein Wohnhaus für sich und seine Familie in einer Gartensiedlung der 1950er-Jahre in Linz-Urfahr. Es passt kaum in eine herkömmliche Kategorie. Es ist ein ökologisches Haus, hat aber nichts von der oft zwänglerischen Hermetik der Passivhaus-Kisten. Es ist durch und durch aus Holz, hat aber mit klassischem Holzbau wenig zu tun. Es ist auf den ersten Blick ein normales Einfamilienhaus, innen überrascht es allerdings mit einer Räumlichkeit, die nur entfernt an bekannte Wohnformen erinnert.
Schatulle im Kästchen
Geschoße, Wände, Decken im üblichen Sinn gibt es nicht. Das Gebäude besteht aus stehenden Kanthölzern von bis zu 13 Metern Länge, die dicht an dicht aneinandergefügt die konstruktive Grundmasse bilden. Das ist einerseits die äußere Hülle, die als klassischer Satteldachtyp exakt behördlichen Vorgaben folgt, das ist andererseits die innere Konstruktion, wo die vertikal geschichteten Hölzer einen Raum im Raum ergeben, der sich vom Foyer im Erdgeschoß vieleckig und vielgestaltig bis hinauf ins Dach windet.
Stellen Sie sich eine Schatulle vor, die quer in einem Kästchen steckt. In der Schatulle sind die Haupträume zum gemeinsamen Wohnen untergebracht. Wo die Schatulle an Außenwände und Decke des Kästchens stößt, ergeben sich große Fensteröffnungen, um Licht hereinzubringen und Blicke ins umgebende Grün des Gartens zu ermöglichen. In den Hohlräumen zwischen Schatulle und Kästchen finden sich die dienenden Funktionen wie Küche oder Bad und die Schlafzimmer. Hier gibt es nur kleine Öffnungen nach draußen, um die Räume möglichst privat und intim zu halten.
Konsequent bis ins Detail
Die Grundidee eines monolithischen Körpers aus Stäben, aus dem der Raum „herausgeschnitten“ wurde, ist deutlich nachvollziehbar. Die Stirnflächen der Kanthölzer zeigen sich an Böden und Decken. Bis ins kleinste Eck wird die feinteilige Rasterung durchgezogen. In der aus fünf unterschiedlichen Winkeln konstruierten Geometrie ist kein Zuschnitt wie der andere, kaum ein Bauteil Standard – eine planerisch wie handwerklich enorme Leistung.
Vieles zeugt vom forschenden Zugang des Architekten. Das gilt für den Holzverband, der ganz ohne Leim, nur mit horizontalen Gratleisten bewerkstelligt wurde und ohne isolierende Schicht und Synthetik auskommt. Das gilt für die Beleuchtung, die nachts dank versteckter LED-Technik ebenso wie am Tag durch die Oberlichtöffnungen fällt.
Ein weiteres von vielen Beispielen ist das rinnenlose Dach aus Keramikplatten, deren Maß exakt auf das Raster der Kanthölzer berechnet wurde, sodass sich verschnittfreie Übergänge ergeben.
Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten
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