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In Größe und Entstehungsgeschichte nicht vergleichbar, unterstreichen zwei Objekte in Linz die städtebauliche Ungebundenheit ihrer Institutionen. Mitten in der Natur: über den Neubau der Anton Bruckner Privatuniversität und des Gastronomiebetriebs „TeichWerk“.

28. November 2015 - Romana Ring
Zwei neue Gebäude bereichern seit Kurzem die Hochschulszene von Linz: der vom Linzer Architekturbuero 1 geplante Neubau der Anton Bruckner Privatuniversität undein „TeichWerk“ genanntes Gebäude, das dieWelser Architekten Luger & Maul auf dem Gelände der Johannes Kepler Universität entwickelt haben. In Größenordnung, Entstehungsgeschichte und auch Architekturauffassung durchaus unvergleichlich, unterstreichen beide Objekte die städtebauliche Ungebundenheit ihrer Institutionen bei gleichzeitiger Nähe zur Natur.

Das Land Oberösterreich respektive die von ihm gegründete Errichtungsgesellschaft hat den ursprünglichen zentrumsnahen Standort der Bruckner Universität in Urfahr aufgegeben und ist mit dem Neubau den Hang des Pöstlingberges hinauf gewichen. Dort prägt das signifikant geformte Gebäude nun die Ansicht der Stadt; eine Wechselwirkung zwischen dem Universitätsbetrieb und seinem von vorwiegend kleinteiliger Wohnbebauung besetzten Umfeld ist jedoch nicht zu erwarten. Das im Herbst 2008 in einem EU-weiten Architekturwettbewerb mit dem ersten Preis ausgezeichnete Architekturbuero 1 hat die Entscheidung der Universität zum Rückzug ins Grüne mit seinem Projekt auf unbeschwert heitere Weise interpretiert. Der von einem Vorhang aus unterschiedlich geneigten Lamellen umfangene Baukörper signalisiert zur Stadt hin Geschlossenheit, während er sich an seiner Südseite den Resten eines Schlossparks mit altem Baumbestand öffnet. So weit wie möglich nach Norden in die Kurve der Hagenstraße gerückt, schirmt das Gebäude den Grünraum der ehemaligen Hagengründe vom Verkehrslärm ab und bekräftigtdessen Zugehörigkeit zum Universitätsgelände. Während die Skulptur des Baukörpers das Gewicht der Institution zum Ausdruck bringt, nehmen ihm Neigung und Rhythmus derLamellen einiges an Schwere; als wollten sie sagen: Hier wird studiert, doch es geht um Musik, um Schauspiel, um Tanz!

Betritt man die Bruckner Universität über ihren Haupteingang von der Hagenstraße her, gelangt man in einen Erschließungsbereich, der mehrfach seine Richtung wechselnd das Haus durchfließt und die drei oberirdischenGeschoße bis unter sein gläsernes Dach miteinander verbindet. Damit löst der Innenraum ein, was die Fassade verspricht: Aus dem Strom der Bewegung entsteht ein großes, luftiges, helles Ganzes, in dem eine bunte Vielfalt von Nutzungen ungestörte Ufer und Inseln bildet. Indem es die Mitte des Körpers in den beiden Obergeschoßen mit der Bibliothek besetzt und die kleinen Zellen der Unterrichtsräume und Büros entlang der Fassade angeordnet hat, ist es dem Architekturbuero 1 gelungen, Belichtung und Orientierung im Haus klug zu lösen. Auf der Eingangsebene sind in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang und dem Foyer vier in Größe und Ausstattung unterschiedliche Veranstaltungssäle angeordnet.

Der große Konzertsaal bildet das westliche Kopfende des Gebäudes und wird durch den darüber liegenden Verwaltungsbereich zusätzlich vom Rest des Hauses abgeschirmt. Die somit gewährleistete schalltechnische Trennung ist allerdings für alle Unterrichts- und Vortragsräume, ja für die Institution als Gesamtheit von großer Bedeutung. Nicht minder wichtig sind die akustischen Qualitäten der Räume für sich, die der jeweiligen Nutzung angepasst werden mussten. Hier macht sich die Entwurfsentscheidung zur organischen Form mit Räumen bezahlt, deren aus dem rechten Winkel fallende Wände dasunter Musikern gefürchtete Flatterecho hintanhalten. Ein heller, nach Bedarf justierbarer textilerVorhang und ein dahinter verborgener Tiefenabsorber in jedem Unterrichtsraum runden die schalltechnischen Maßnahmen gestalterisch wohlüberlegt ab. Den Lamellenvorhang hat das Architekturbuero 1 in der Mitte der Südfassade etwas zur Seite geschoben. Dank dieser Geste und der in eine Terrasse mündenden Freitreppe verbindet sich das Foyer mit dem Park, wird die Anlage zum Campus; mit Blick auf Linz, doch deutlich entrückt.

Vielleicht wurzelt die Standortwahl für die Anton Bruckner Universität ja in einer Linzer Tradition. Denn schon die aus den 1960er-Jahren stammende Johannes Kepler Universität wurde am nordöstlichen Rand der Stadt im Park eines Herrenhauses als Campusuniversität errichtet. Einige der Gebäude sind in Würde gealtert, andere überzeugen heute nicht mehr. Die Anlage bedarf jedoch der Auffrischung, um dem Anspruch, Forschung und Studium mithilfe eines inspirierenden Umfeldes zu fördern, wieder gerecht zu werden. Mit dem „TeichWerk“, dessen Errichtung Rektor Meinhard Lukas als gebautes Zeichen einer wissenschaftlichen Qualitätsoffensive an den Beginn seiner Amtszeit gesetzt hat, hat die Universität einenGastronomiebetrieb bekommen, der auch als kultureller Veranstaltungsort geeignet ist. Da es viel mehr um informelle Begegnungen denn bloße Verpflegung geht, nimmt das „TeichWerk“ einen prominenten Platz an der Hauptzugangsachse auf dem zentralen Teich ein, um den die Gebäude und Freiflächen desCampus gruppiert sind.

Das „TeichWerk“ ist beinahe ein Schiff. Jedenfalls schwimmt es auf dem Wasser und könnte bei Bedarf auch andere Positionen auf dem Teich einnehmen. Doch eigentlich ist es ein luftiger Pavillon, der mit unaufdringlicher Eleganz die Anstrengungen seiner nur wenige Monate währenden Planungs- und Errichtungszeit ebenso überspielt wie den Druck eines äußerst knappen Budgets. Auf stählernen Hohlkörpern ausbalanciert und über zwei Stege mit dem Ufer verbunden, ruht das lang gezogene, an seinen Stirnseiten abgerundete Rechteck einer hölzernen Plattform. Sie wird von einer durchsichtigen Reling gefasst und von einem Dach mit filigran ausgebildetem Rand beschirmt. Eine metallene Box zur Aufnahme der nötigen Haustechnik im nördlichen Bereich des „TeichWerks“ verleiht dem von schlanken Säulen getragenen Aufbau schiffsähnliche Konturen.

Auf dem Dach befindet sich ein weiterer Aufenthaltsbereich. Der Raum unter dem Dach wird zu etwa zwei Drittel von teils gläsernen, teils hölzernen, an ihren Außenseiten mit Aluminiumpaneelen belegten Wänden umfangen. Großzügige Schiebeelemente im Bereich der Glaswände und die zur Gänze zu öffnende Südseite des Innenraumes ermöglichen eine variable Nutzung des mit Küche, Sanitärzellen und Bühnentechnik ausgestatteten „TeichWerks“. Von Luger & Maul mit Verständnis für die räumlichen Voraussetzungen gelingender Kommunikation entwickelt, bringt es die Vorstellung von der Inspiration des Geistes durch die Natur in einer Vielzahl unterschiedlichster Konstellationen auf den Punkt.

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