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Soziale Aspekte erfolgreicher Initiativen
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Schwierigkeiten und Knackpunkte gemeinsamen Handelns.
30. Dezember 1998 - Elisabeth Loibl
„Versuche nicht, Stufen zu überspringen. Wer einen weiten Weg hat, läuft nicht.“ (Paula Modersohn-Becker)
Stellen wir uns vor, wir wollen gemeinsam etwas Neues machen. Was tun wir? Womit fangen wir an? Wir hatten vielleicht schon vor ein paar Jahren eine Idee, die wir damals aus unerklärlichen Gründen nicht umgesetzt haben, und dann kommt aus heiterem Himmel ein Freund/eine Freundin auf uns zu und schlägt uns dasselbe noch einmal vor. Werden wir es diesmal wagen, und wenn, warum? Wo beginnt die Initiative wirklich? Wie schauen die Umstände aus, die zu einer veränderten Tätigkeit führen? Wer macht mit, wer unterstützt uns, wer ist dagegen? Was ist ausschlaggebend für einen nachhaltigen Erfolg bei der Umsetzung einer Idee?
Vor ein paar Tagen hat mir ein Freund, der Rechtsanwalt ist, erzählt, es gibt in seinem Bereich Seminare der Art: ”Wie werde ich ein erfolgreicher Rechtsanwalt?” Da kostet ein Tag 8.000,- Schilling, und im Kern sagt der Vortragende nicht viel mehr aus, als dass die Freude am Beruf und an der Arbeit die Menschen auch erfolgreich macht. Ähnliches habe ich in der vorigen Woche im Alpbrief gelesen, wo eine Bergbäuerin auf die Frage: ”Warum machen sie diese schwere Arbeit?” antwortete: ”Weil ich gern Bäuerin bin und diesen Beruf mit Freude ausübe. Ich glaube, jeder muß seinen Beruf irgendwie gerne machen, sonst macht er es nicht gut.” (Sie bekommt nicht 8.000,- pro Tag, sondern wahrscheinlich nicht einmal 800,-).
Auch ich habe in meiner Studie ”Der Weg entsteht im Gehen” die Freude an der Arbeit, die damit verbunden ist, Kreativität zu entfalten und eigene Fähigkeiten leben zu können, als eine der wichtigen Antriebsfedern für erfolgreiche Initiativen herausgefunden.
In einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Bergbauernfragen wurden 16 bäuerliche Initiativen untersucht, u.a. Kooperationen, Schafvermarktung, Herstellung von Spezialprodukten wie beispielsweise Kosmetika, kommunale, soziale und sonstige Dienstleistungen, die unter Anwendung betrieblicher Ressourcen von Bäuerinnen und Bauern angeboten werden. Im Kern ging es um die Vielfalt der Einkommensalternativen, die ihre Wurzeln in der Landwirtschaft haben, daraus sollten Erfolgsfaktoren abgeleitet werden, um deren soziale Aspekte es in diesem Artikel geht.
Abgesehen von der Freude gibt es natürlich noch eine Reihe weiterer Faktoren, die für den Erfolg einer Einkommensalternative ausschlaggebend sind. Diese sind aber vielfach derart ineinander vernetzt, dass es zum Teil schwierig ist, sie in einer linear ablaufenden Form darzustellen. Ich werde es trotzdem versuchen. Beginnen wir am Anfang.
Aller Anfang ist bekanntlich schwer
Eine Initiative ergreifen bedeutet bereits, die ersten Handlungen zu setzen. Bevor der Mensch jedoch handelt, laufen auf immaterieller Ebene verschiedene Vorgänge ab, die auf Impulse, Gefühle und Gedanken beruhen. Etwas Neues zu machen ist immer begleitet von zum Teil tiefgreifenden Veränderungen, ein alter Zustand wird aufgehoben und durch einen neuen ersetzt. Ursache ist die Unzufriedenheit mit den früheren Gegebenheiten, die aber vorerst wahrgenommen werden muss. Wer daran geht, etwas zu verändern, hat bereits die eigenen inneren Widerstände überwunden, die Energie, die aufgebracht werden muss, etwas zu verändern, ist geringer als jene, die notwendig ist, um mit der Unzufriedenheit fertig zu werden. In diesem ”Zwischendeck” (es gibt bereits mehr oder weniger konkrete Pläne, aber es ist noch nichts wirklich ”ausgegoren”) ist vielfach die Unsicherheit immer noch eine unliebsame Begleiterin. Deshalb ist es von Vorteil, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun, weil dadurch Sicherheit vermittelnde Organisationsstrukturen geschaffen werden können und es auch möglich ist, sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Auch die Wahrnehmung der eigenen Unzufriedenheit ist ein Umstand, der in einer Gemeinschaft schneller vor sich geht, weil andere den Verdrängungsmechanismus ausser Kraft setzen können und Ausflüchte nicht zulassen.
Widerstände von außen, die bei Veränderungen entstehen, führen meist zu Konflikten und stellen für die neue Tätigkeit eine Art erste Bewährungsprobe dar. Diese Widerstände sind darauf zurückzuführen, dass diejenigen, die sich nicht mitverändern (wollen), gewissermassen gezwungen werden, unter veränderten Bedingungen mit ungewohnten Verhaltensweisen anderer zu Rande zu kommen. Oftmals konnten sie Vorteile aus dem früheren, meist unselbständigeren Verhalten der nun in Aktion tretenden Personen ziehen. Viele reagieren auf diese Beschneidung ihrer Interessen und der damit verbundenen Verunsicherung mit Streit, Behinderung und Machtkämpfen. Dieses Phänomen zeigt sich sowohl im zwischenmenschlichen Umgang wie auch in öffentlichen Einrichtungen. Daher ist es von Vorteil, wenn örtliche EntscheidungsträgerInnen in junge Initiativen einbezogen werden, weil sehr schwierig an ihnen ”vorbeiregiert” werden kann.
Koordinieren statt kommandieren
”Wir Wissenschafter sagen den Leuten immer, daß sie zusammenarbeiten sollen, wenn das so einfach wäre, würden wir das selber öfter tun”, meinte ein Teilnehmer bei jenem Workshop, auf dem die Ergebnisse zu der hierin beschriebenen Studie (s. Fußnote) erarbeitet wurden. Da wird er nicht unrecht haben; zum Glück waren aber auch PraktikerInnen und BeraterInnen dabei, die bestätigten, daß Zusammenarbeit dennoch möglich ist, es aber ein feines Gespür, sehr viel Geduld, Fairneß, Zielstrebigkeit und Beharrungsvermögen erfordert.
Ich denke, wir - oder besser gesagt viele von uns - haben deshalb oft Schwierigkeiten bei einer Zusammenarbeit mit anderen, weil wir es schlicht und einfach nicht trainiert haben. In der Schule wurde und wird leider nur wenig Wert auf soziale Fähigkeiten gelegt, sehr zum Leidwesen vieler, die beruflich einen Teamgeist entwickeln wollen.
Wenn wir uns entschlossen haben, gemeinsame Ziele zu verfolgen und miteinander etwas aufzubauen, ist es ein Vorteil, wenn wir uns bereits kennen, oder mindestens gut miteinander können, weil es wenig Sinn hat, in den Diskussionen ständig über Antipathie und Mißverständnisse zu stolpern.
Für die Zusammenarbeit in der Gruppe ist es ausgesprochen wichtig, möglichst am Beginn das, was zu tun und wofür jemand verantwortlich ist, klar festzulegen, weil dadurch die Aufgaben besser erfüllt werden können. Dabei soll niemand auf eine bestimmte Rolle festgeschrieben werden, es vielmehr möglich sein, auch neues zu lernen und in neue Aufgaben ”hineinzuwachsen”.
Innerhalb dieser Aufgabenverteilung sind Bewertungen möglichst auszuräumen: Wir machen etwas gemeinsam und jede/r macht das, was er oder sie am besten kann.
Was darüber hinaus geht oder: Das Versagen und der Kuchen
Grundsätzlich ist bei der Einführung eines neuen Betätigungsfeldes nicht nur ein Betrieb, die vorhandenen Mittel und die aktiven, planenden Einzelpersonen zu sehen, sondern das gesamte System, das dahintersteht und Veränderungen entweder zuläßt oder verhindert. Vor allem ist es wichtig, bestehende Abhängigkeiten bewußt zu erkennen, damit sie überwunden werden können. Bei der Analyse der Problemursachen sind immer die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen, und es ist immer zwischen individuellen und strukturellen Schwierigkeiten (der Umgebung, des Gegenübers) zu unterscheiden. So erleben Bäuerinnen, Bauern und Gewerbetreibende in Ungunstlagen den ”Strukturwandel” oft als persönliches Versagen, obwohl vielfach nicht sie, sondern die Maßnahmen des Wachsens oder Weichens dafür verantwortlich sind. Aber unter der Ideologie ”den Tüchtigen gehört die Welt” wird bei Beendigung der wirtschaftlichen Tätigkeit den einzelnen die Schuld für das ”Versagen” in die Schuhe geschoben. Es ist jedoch eine Tatsache, daß benachteiligte Gebiete auf politischer Ebene im Sinne der Kuchentheorie vielfach vernachlässigt werden: Die Kuchen werden in den Zentren gebacken und je größer diese Kuchen sind, umso mehr Bröseln fallen für die Peripherie ab, aber mehr als Brösel sind für diese Gebiete nicht vorgesehen.
Neues Lernen
Das Pädagogische Konzept der ÖBV beschreibt anhand der Bildungsspirale eine neue Art, etwas zu lernen: Es fängt an beim Abstand gewinnen, um der Wahrnehmung über die eigene Situation Raum zu geben, geht über umdenken und Zusammenhänge erkennen, eigene Kräfte und Fähigkeiten entdecken bis hin zum Zusammenarbeiten, damit gemeinsam etwas verändert werden kann.
Auch andere moderne Formen von Beratungskonzepten eröffnen für die Arbeit in Gemeinschaftsinitiativen neue Perspektiven und neue soziale Umgangsformen. Menschen wollen nicht länger in Form des Frontalunterrichts neues lernen, sie wollen sich anschauen, wie Dinge funktionieren, Erfahrungen austauschen und diskutieren. Erfahrungsgemäß geht es bei neu aufgenommenen Tätigkeiten in erster Linie um die Veränderung im sozialen Verhalten. Dazu müssen oftmals alte Verhaltensmuster aufgebrochen werden. Viele sind es beispielsweise gewöhnt, darauf zu warten, bis sie von jemandem Anweisungen erhalten oder reißen umgekehrt sofort das Heft an sich und kommandieren andere herum. Oftmals führt das ”Überfunktionieren” dazu, daß andere ”unterfunktionieren”. Landläufig wird lediglich das Unterfunktionieren, das zuwenig Tun, als nicht in Ordnung betrachtet, es ist jedoch zu bedenken, daß die ”GschaftlhuberInnen” in einem System, das sich nicht im Gleichgewicht befindet, ebenfalls das ihre beitragen .
Der Weg entsteht im Gehen
Es geht im Zusammenhang mit Innovationen vor allem auch darum, ein Vertrauen in den Lauf der Dinge zu entwickeln. Bei erfolgreichen Initiativen hat rückblickend betrachtet immer das eine das andere ergeben und die momentane Situation, auch wenn bereits erfolgreich, ist nicht abgeschlossen. Einmal aufgebrochen, gibt es immer wieder neue Pläne für die Zukunft, während eine Idee erfolgreich umgesetzt wird, entwickelt sich meist schon parallel eine neue, weshalb letzten Endes der Eindruck erweckt wird, dass der Weg im Gehen entsteht.
Stellen wir uns vor, wir wollen gemeinsam etwas Neues machen. Was tun wir? Womit fangen wir an? Wir hatten vielleicht schon vor ein paar Jahren eine Idee, die wir damals aus unerklärlichen Gründen nicht umgesetzt haben, und dann kommt aus heiterem Himmel ein Freund/eine Freundin auf uns zu und schlägt uns dasselbe noch einmal vor. Werden wir es diesmal wagen, und wenn, warum? Wo beginnt die Initiative wirklich? Wie schauen die Umstände aus, die zu einer veränderten Tätigkeit führen? Wer macht mit, wer unterstützt uns, wer ist dagegen? Was ist ausschlaggebend für einen nachhaltigen Erfolg bei der Umsetzung einer Idee?
Vor ein paar Tagen hat mir ein Freund, der Rechtsanwalt ist, erzählt, es gibt in seinem Bereich Seminare der Art: ”Wie werde ich ein erfolgreicher Rechtsanwalt?” Da kostet ein Tag 8.000,- Schilling, und im Kern sagt der Vortragende nicht viel mehr aus, als dass die Freude am Beruf und an der Arbeit die Menschen auch erfolgreich macht. Ähnliches habe ich in der vorigen Woche im Alpbrief gelesen, wo eine Bergbäuerin auf die Frage: ”Warum machen sie diese schwere Arbeit?” antwortete: ”Weil ich gern Bäuerin bin und diesen Beruf mit Freude ausübe. Ich glaube, jeder muß seinen Beruf irgendwie gerne machen, sonst macht er es nicht gut.” (Sie bekommt nicht 8.000,- pro Tag, sondern wahrscheinlich nicht einmal 800,-).
Auch ich habe in meiner Studie ”Der Weg entsteht im Gehen” die Freude an der Arbeit, die damit verbunden ist, Kreativität zu entfalten und eigene Fähigkeiten leben zu können, als eine der wichtigen Antriebsfedern für erfolgreiche Initiativen herausgefunden.
In einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Bergbauernfragen wurden 16 bäuerliche Initiativen untersucht, u.a. Kooperationen, Schafvermarktung, Herstellung von Spezialprodukten wie beispielsweise Kosmetika, kommunale, soziale und sonstige Dienstleistungen, die unter Anwendung betrieblicher Ressourcen von Bäuerinnen und Bauern angeboten werden. Im Kern ging es um die Vielfalt der Einkommensalternativen, die ihre Wurzeln in der Landwirtschaft haben, daraus sollten Erfolgsfaktoren abgeleitet werden, um deren soziale Aspekte es in diesem Artikel geht.
Abgesehen von der Freude gibt es natürlich noch eine Reihe weiterer Faktoren, die für den Erfolg einer Einkommensalternative ausschlaggebend sind. Diese sind aber vielfach derart ineinander vernetzt, dass es zum Teil schwierig ist, sie in einer linear ablaufenden Form darzustellen. Ich werde es trotzdem versuchen. Beginnen wir am Anfang.
Aller Anfang ist bekanntlich schwer
Eine Initiative ergreifen bedeutet bereits, die ersten Handlungen zu setzen. Bevor der Mensch jedoch handelt, laufen auf immaterieller Ebene verschiedene Vorgänge ab, die auf Impulse, Gefühle und Gedanken beruhen. Etwas Neues zu machen ist immer begleitet von zum Teil tiefgreifenden Veränderungen, ein alter Zustand wird aufgehoben und durch einen neuen ersetzt. Ursache ist die Unzufriedenheit mit den früheren Gegebenheiten, die aber vorerst wahrgenommen werden muss. Wer daran geht, etwas zu verändern, hat bereits die eigenen inneren Widerstände überwunden, die Energie, die aufgebracht werden muss, etwas zu verändern, ist geringer als jene, die notwendig ist, um mit der Unzufriedenheit fertig zu werden. In diesem ”Zwischendeck” (es gibt bereits mehr oder weniger konkrete Pläne, aber es ist noch nichts wirklich ”ausgegoren”) ist vielfach die Unsicherheit immer noch eine unliebsame Begleiterin. Deshalb ist es von Vorteil, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun, weil dadurch Sicherheit vermittelnde Organisationsstrukturen geschaffen werden können und es auch möglich ist, sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Auch die Wahrnehmung der eigenen Unzufriedenheit ist ein Umstand, der in einer Gemeinschaft schneller vor sich geht, weil andere den Verdrängungsmechanismus ausser Kraft setzen können und Ausflüchte nicht zulassen.
Widerstände von außen, die bei Veränderungen entstehen, führen meist zu Konflikten und stellen für die neue Tätigkeit eine Art erste Bewährungsprobe dar. Diese Widerstände sind darauf zurückzuführen, dass diejenigen, die sich nicht mitverändern (wollen), gewissermassen gezwungen werden, unter veränderten Bedingungen mit ungewohnten Verhaltensweisen anderer zu Rande zu kommen. Oftmals konnten sie Vorteile aus dem früheren, meist unselbständigeren Verhalten der nun in Aktion tretenden Personen ziehen. Viele reagieren auf diese Beschneidung ihrer Interessen und der damit verbundenen Verunsicherung mit Streit, Behinderung und Machtkämpfen. Dieses Phänomen zeigt sich sowohl im zwischenmenschlichen Umgang wie auch in öffentlichen Einrichtungen. Daher ist es von Vorteil, wenn örtliche EntscheidungsträgerInnen in junge Initiativen einbezogen werden, weil sehr schwierig an ihnen ”vorbeiregiert” werden kann.
Koordinieren statt kommandieren
”Wir Wissenschafter sagen den Leuten immer, daß sie zusammenarbeiten sollen, wenn das so einfach wäre, würden wir das selber öfter tun”, meinte ein Teilnehmer bei jenem Workshop, auf dem die Ergebnisse zu der hierin beschriebenen Studie (s. Fußnote) erarbeitet wurden. Da wird er nicht unrecht haben; zum Glück waren aber auch PraktikerInnen und BeraterInnen dabei, die bestätigten, daß Zusammenarbeit dennoch möglich ist, es aber ein feines Gespür, sehr viel Geduld, Fairneß, Zielstrebigkeit und Beharrungsvermögen erfordert.
Ich denke, wir - oder besser gesagt viele von uns - haben deshalb oft Schwierigkeiten bei einer Zusammenarbeit mit anderen, weil wir es schlicht und einfach nicht trainiert haben. In der Schule wurde und wird leider nur wenig Wert auf soziale Fähigkeiten gelegt, sehr zum Leidwesen vieler, die beruflich einen Teamgeist entwickeln wollen.
Wenn wir uns entschlossen haben, gemeinsame Ziele zu verfolgen und miteinander etwas aufzubauen, ist es ein Vorteil, wenn wir uns bereits kennen, oder mindestens gut miteinander können, weil es wenig Sinn hat, in den Diskussionen ständig über Antipathie und Mißverständnisse zu stolpern.
Für die Zusammenarbeit in der Gruppe ist es ausgesprochen wichtig, möglichst am Beginn das, was zu tun und wofür jemand verantwortlich ist, klar festzulegen, weil dadurch die Aufgaben besser erfüllt werden können. Dabei soll niemand auf eine bestimmte Rolle festgeschrieben werden, es vielmehr möglich sein, auch neues zu lernen und in neue Aufgaben ”hineinzuwachsen”.
Innerhalb dieser Aufgabenverteilung sind Bewertungen möglichst auszuräumen: Wir machen etwas gemeinsam und jede/r macht das, was er oder sie am besten kann.
Was darüber hinaus geht oder: Das Versagen und der Kuchen
Grundsätzlich ist bei der Einführung eines neuen Betätigungsfeldes nicht nur ein Betrieb, die vorhandenen Mittel und die aktiven, planenden Einzelpersonen zu sehen, sondern das gesamte System, das dahintersteht und Veränderungen entweder zuläßt oder verhindert. Vor allem ist es wichtig, bestehende Abhängigkeiten bewußt zu erkennen, damit sie überwunden werden können. Bei der Analyse der Problemursachen sind immer die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen, und es ist immer zwischen individuellen und strukturellen Schwierigkeiten (der Umgebung, des Gegenübers) zu unterscheiden. So erleben Bäuerinnen, Bauern und Gewerbetreibende in Ungunstlagen den ”Strukturwandel” oft als persönliches Versagen, obwohl vielfach nicht sie, sondern die Maßnahmen des Wachsens oder Weichens dafür verantwortlich sind. Aber unter der Ideologie ”den Tüchtigen gehört die Welt” wird bei Beendigung der wirtschaftlichen Tätigkeit den einzelnen die Schuld für das ”Versagen” in die Schuhe geschoben. Es ist jedoch eine Tatsache, daß benachteiligte Gebiete auf politischer Ebene im Sinne der Kuchentheorie vielfach vernachlässigt werden: Die Kuchen werden in den Zentren gebacken und je größer diese Kuchen sind, umso mehr Bröseln fallen für die Peripherie ab, aber mehr als Brösel sind für diese Gebiete nicht vorgesehen.
Neues Lernen
Das Pädagogische Konzept der ÖBV beschreibt anhand der Bildungsspirale eine neue Art, etwas zu lernen: Es fängt an beim Abstand gewinnen, um der Wahrnehmung über die eigene Situation Raum zu geben, geht über umdenken und Zusammenhänge erkennen, eigene Kräfte und Fähigkeiten entdecken bis hin zum Zusammenarbeiten, damit gemeinsam etwas verändert werden kann.
Auch andere moderne Formen von Beratungskonzepten eröffnen für die Arbeit in Gemeinschaftsinitiativen neue Perspektiven und neue soziale Umgangsformen. Menschen wollen nicht länger in Form des Frontalunterrichts neues lernen, sie wollen sich anschauen, wie Dinge funktionieren, Erfahrungen austauschen und diskutieren. Erfahrungsgemäß geht es bei neu aufgenommenen Tätigkeiten in erster Linie um die Veränderung im sozialen Verhalten. Dazu müssen oftmals alte Verhaltensmuster aufgebrochen werden. Viele sind es beispielsweise gewöhnt, darauf zu warten, bis sie von jemandem Anweisungen erhalten oder reißen umgekehrt sofort das Heft an sich und kommandieren andere herum. Oftmals führt das ”Überfunktionieren” dazu, daß andere ”unterfunktionieren”. Landläufig wird lediglich das Unterfunktionieren, das zuwenig Tun, als nicht in Ordnung betrachtet, es ist jedoch zu bedenken, daß die ”GschaftlhuberInnen” in einem System, das sich nicht im Gleichgewicht befindet, ebenfalls das ihre beitragen .
Der Weg entsteht im Gehen
Es geht im Zusammenhang mit Innovationen vor allem auch darum, ein Vertrauen in den Lauf der Dinge zu entwickeln. Bei erfolgreichen Initiativen hat rückblickend betrachtet immer das eine das andere ergeben und die momentane Situation, auch wenn bereits erfolgreich, ist nicht abgeschlossen. Einmal aufgebrochen, gibt es immer wieder neue Pläne für die Zukunft, während eine Idee erfolgreich umgesetzt wird, entwickelt sich meist schon parallel eine neue, weshalb letzten Endes der Eindruck erweckt wird, dass der Weg im Gehen entsteht.
Für den Beitrag verantwortlich: zolltexte
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