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Intuitives Generieren neuer Qualitäten
Neue Zürcher Zeitung

Arbeiten von Harder, Strub und Spreyermann

Bekannt geworden sind die drei Zürcher Architekten Regula Harder, Barbara Strub und Jürg Spreyermann mit ihrem Neubau für das Elektrizitätswerk Altdorf. Unweit davon realisierten sie zusammen mit Oliver Strub ein Einfamilienhaus. Ganz allgemein zeichnen sich ihre Bauten aus durch das Offenlegen versteckter Potentiale von Aufgabenstellung und Ort.

9. April 1999 - Peter Omachen
Die besondere Herausforderung beim Entwurf des Einfamilienhauses Strub, das die jungen Zürcher Architekten Regula Harder, Barbara Strub und Jürg Spreyermann in Altdorf 1997 realisierten, lag in dem aussergewöhnlich langen und schmalen Grundstück. Die zwischen älteren Einfamilienhäusern gelegene Parzelle bietet einzig zur strassenabgewandten Schmalseite hin einen schönen Blick auf die offene Landschaft und die nahen Alpen. Es sind gerade solch schwierige, von scheinbar widrigen Randbedingungen geprägte Aufgaben, die die drei Architekten besonders reizen. In diesem Fall lag die Lösung in einem langgestreckten Bau, der sich mit seinem Kopf, einem dreiseitig befensterten Wohnzimmer, der Aussicht weiter entgegenstreckt als die Nachbarbauten. Der Blick öffnet sich nicht nur nach vorn, sondern auch zu den Seiten hin, an den Hausfronten vorbei und über die Gärten hinweg. Diese Offenheit steht im Gegensatz zum introvertierten Charakter des strassenseitigen Bereichs. Hier öffnen sich Entrée, Korridor und Küche zu einem dreiseitig umschlossenen Gartenhof. Eine schmale Aussentreppe führt zur Terrasse vor den Schlafzimmern im Obergeschoss.

Die dem Entwurf eigene Herangehensweise ist typisch für die Arbeiten des Architektentrios, versuchen sie doch durch eine intuitive Suche nach den Charakteristiken des Ortes und der Aufgabenstellung Potentiale für eine architektonische Lösung freizulegen. Dabei muss die Recherche oft an scheinbar langweiligen oder gar hässlichen Orten vorangetrieben werden, bis neue Qualitäten durch das Verändern einzelner Randbedingungen erkennbar werden. Nicht am Kontrast oder am Ausblenden von Störendem sind sie interessiert, sondern an den Möglichkeiten einer Neuinterpretation und damit der Aufwertung des Vorhandenen. Diese Überlegungen lassen sich beim Haus Strub und bei der Erweiterung des Elektrizitätswerkes Altdorf (NZZ 6. 11. 98) ebenso nachvollziehen wie bei anderen Bauten und Projekten.

Das Augenmerk gilt dabei stets der Raumbildung. Eine aussergewöhnliche Aufgabe in diesem Zusammenhang war 1996 die Inszenierung einer Soiree für das Schweizer Uhrenunternehmen Breitling in Basel. Dabei sollten die Kunden in die Welt des Zirkus entführt werden. Eigens für diesen Anlass stellte der Zirkus Royal eines seiner Zelte auf. Für einmal sollten die Architekten den Raum durch ihren Eingriff nicht grosszügiger erscheinen lassen, sondern den allzu grossen Raum mittels Kunstlicht und einer durchdachten Lichtregie optisch reduzieren. Nur auf diese Weise nämlich konnte man das überdimensionale Zirkuszelt als Ort für einen grossen gesellschaftlichen Anlass tauglich machen. Der Abend war in szenische Abschnitte gegliedert. Wechselnde Raumteile wurden durch gezielte Lichtführung hervorgehoben, während der Restraum im Dunkeln verschwand. So wurde es möglich, im Verlauf des Abends unterschiedliche Räume zu kreieren. Die Raumwirkung wurde durch verschiedene Lichtfarben und die Ausgestaltung des Zeltes mittels Raumtextilien und Blumen ergänzt.
Teamarbeit ist den drei Architekten, die sich während des Studiums an der ETH kennenlernten, wichtig. Obschon sie nicht aus Zürich stammen – Harder und Spreyermann kommen aus der Ostschweiz, Strub aus dem Kanton Uri –, haben sie ihren einstigen Studienort als Denkort beibehalten. Sie schätzen den Austausch unter den Berufskollegen, die sich wie sie in Zürich niedergelassen haben. 1998 hat sich das Team nach vier Jahren gemeinsamer Arbeit wieder getrennt und agiert seither in neuen Konstellationen.

Harder & Spreyermann planen derzeit ein Eingangsgebäude für das Fernsehen DRS im Leutschenbach – ein Projekt, das aus einem Wettbewerb hervorgegangen ist, den das Architektentrio noch gemeinsam gewonnen hatte. Barbara Strub arbeitet mit verschiedenen Partnern an diversen Wohnbauprojekten. Dass formale Vorlieben bei den drei Architekten keine Rolle spielen, wird beim Vergleichen ihrer bisherigen Werke deutlich, die eine Vorliebe für prozessorientiertes Arbeiten unter wechselnden Rahmenbedingungen erkennen lassen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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