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Ein vergessener Vertreter der weissen Moderne
Neue Zürcher Zeitung

Der steirische Architekt Herbert Eichholzer in Wien

2. Dezember 1998 - Stephan Templ
Die Ausstellung zu Leben und Werk des steirischen Architekten Herbert Eichholzer im Haus Wittgenstein in Wien macht erneut eines klar: das Fehlen einer Rezeptionsgeschichte der Moderne. So werden wertvolle Themen nach tagespolitischen Grundsätzen abgehandelt, eine Vorgangsweise, die gerade dem etwas in Vergessenheit geratenen Herbert Eichholzer nicht gerecht werden kann. 1929 ging dieser als 26jähriger nach Paris, um für ein halbes Jahr bei Le Corbusier zu arbeiten. Nach seiner Rückkehr in die Steiermark baute er – meist in Zusammenarbeit mit anderen Architekten – Einfamilienhäuser im Geiste der weissen Moderne. 1938 emigrierte er über Paris in die Türkei und arbeitete dort gemeinsam mit der etwas älteren Margarete Schütte-Lihotzky bei seinem Landsmann Clemens Holzmeister. Gleich Schütte-Lihotzky verliess Eichholzer im Jahre 1940 den «sicheren» Hafen Istanbul, um in seiner Heimat für die Freiheit zu kämpfen. Er sollte das Engagement 1943 mit dem Tode bezahlen. Leben und Aufrichtigkeit zeichnen diesen Architekten vor anderen aus. Sein Œuvre hingegen umfasst nur wenige, wenn auch aussergewöhnliche Bauten. Gerade deswegen verwundert es, dass er, Schütte-Lihotzky und Ernst Plischke im Katalog als einzige Repräsentanten der «Österreichischen Internationalen Moderne» bezeichnet werden.

Auch wenn es eine internationale Moderne in Österreich höchstens ansatzweise gab, findet sich eine beachtenswerte Anzahl von avantgardistischen Entwürfen bereits aus den frühen zwanziger Jahren (die 1926 im Kunstgewerbemuseum Zürich ausgestellt und von Siegfried Giedion aufs allerhöchste gelobt wurden). Obwohl zur Moderne in Österreich ein hervorragender mehrbändiger Architekturführer vorliegt, sind die verstreut liegenden Studien und Diplomarbeiten zu den einzelnen Architekten noch nicht aufgearbeitet. Wie wertvoll einzelne von ihnen sind, zeigt die Arbeit des Schweizers Lorenzo Gerster zum Werke Eichholzers: Neben umfangreichen Analysen findet sich dort auch reiches Planmaterial, das in der Ausstellung gänzlich fehlt. (Bis 4. Dezember; Katalog 140 Schilling)

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