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Neue Fäden für Ariadne
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Wenn sich Hotelgäste nicht in einem Labyrinth unbelichteter Gänge verirren, sondern dank natürlicher Belichtung die Orientierung bewahren, hat man ein Beispiel gelungener Architektur vor sich. So gefunden in Lech am Arlberg, verantwortet von Florian Aigner aus Linz.

1. April 2017 - Romana Ring
Ursprünglich waren es nur ein paar Mitarbeiterräume, die der junge Linzer Architekt Florian Aigner dem Hotel Stäfeli in Lech am Arlberg hinzufügen sollte. Um mit dieser Maßnahme die zukünftige Entwicklung des Betriebes nicht einzuschränken, legte er mit dem geforderten Entwurf auch ein Erweiterungskonzept vor, das die Eigentümer von der Sinnhaftigkeit eines wesentlich größeren Eingriffs überzeugte. Er erhielt den Auftrag, mit 16 neuen Gästezimmern die Kapazität des Hotels fast zu verdoppeln und bei dieser Gelegenheit die gesamte Anlage neu zu ordnen. Im Team mit seinen Eltern, Rudolf und Ines Aigner und ihrem Büro Aigner + Partner, ist es ihm gelungen, eine Herausforderung vorbildhaft zu meistern, die vielen Hotels im alpinen Raum bekannt sein dürfte.

Diese meist mit hohem persönlichen Engagement ihrer Eigentümerfamilien geführten Betriebe haben sich den steigenden Nächtigungszahlen der vergangenen Jahrzehnte und den wachsenden Qualitätsansprüchen ihrer Gäste gleichermaßen gestellt. Wo früher ein Waschtisch im Zimmer und ein WC pro Stockwerk denkbar waren, sind eigene Sanitärzellen für jeden Gast heute eine Selbstverständlichkeit. Man bietet, um im Wettbewerb zu bestehen, zumindest einen sogenannten Wellnessbereich, den, wenn möglich, ein Schwimmbad ergänzt. Das alles hat man nach bestem Wissen errichtet und steht am Ende ohne jeden bösen Vorsatz vor Anlagen, die man selbst unter weitgehender Zurücknahme gestalterischer Ansprüche so niemals neu bauen würde. Da explodieren die Gebäudeproportionen, wuchern die Dachlandschaften, und so mancher Gast wünscht sich im Labyrinth unbelichteter Gänge einen Faden, der ihm den Weg von der Heukraxensauna zum Kaffeestübchen weisen möge.

Nun war es mit dem Hotel Stäfeli längst nicht so weit gekommen. In Lech achtet schon die Baubehörde erster Instanz, die Gemeinde, auf die Balance des Ortsbildes. Gerade die Ortschaft Zug, in der das Stäfeli liegt, hat den Charakter des bäuerlichen Dorfes gewahrt. Umso vernünftiger war der Vorschlag Florian Aigners, die Erweiterungsflächen des Hotels in einem Zubau unterzubringen, der als eigenständiges Gebäude lesbar sein und so die Maßstäblichkeit des Ortes wahren würde.

Da mit seiner Errichtung die bereits in früheren Erweiterungsphasen eingeleitete Verschiebung des Nutzungsschwerpunktes hinauf in den Hang ein weiteres Mal verstärkt wurde, lag die Bereinigung der Eingangssituation nahe. Der bisherige Eingang auf der untersten Ebene wurde aufgegeben, wodurch die Hotelgäste der Notwendigkeit enthoben wurden, an dem auch für externe Besucher geöffneten Restaurant vorbei über eine wenig einladende Stiege hinauf ins Hotel zu steigen. Der Haupteingang befindet sich nun ein Geschoß höher an der Westseite und gibt über einen gläsernen Windfang den Weg zu einer von Tageslicht erhellten Rezeption frei. Hier hat ein weiterer, nicht nur im Hotelbau häufig vernachlässigter Aspekt Beachtung gefunden: die Wohltat natürlicher Belichtung von Erschließungsflächen und die durch einen Außenraumbezug wesentlich verbesserte Orientierung darin. Indem Florian Aigner eine kleine Sonnenterrasse an der straßenseitigen Grundgrenze aus dem Hang bricht, verschafft er dem Haupteingang des Hotels einen angemessenen Vorplatz und belichtet neben der im Bestand angeordneten Rezeption auch ein neues, dem Aufenthalt der Gäste dienendes Kaminzimmer sowie die ebenfalls neue Schwimmhalle. Beide sind im untersten Geschoß des Erweiterungsbaus untergebracht, der sich erst zwei Geschoße darüber als schlichter dreigeschoßiger Körper aus dem nach Abschluss der Bauarbeiten wieder in seinem natürlichen Verlauf hergestellten Gelände erhebt.

Eine zweite, ähnlich motivierte Maßnahme wirkt sich ebenso deutlich auf die Qualität der angrenzenden Räume aus. Sie schafft dem bestehenden Saunabereich wie seiner Erweiterung im Neubau Licht und Luft und gewährleistet die Belichtung der Mitarbeiterzimmer im Geschoß darüber. Für die 16 im Neubau untergebrachten Hotelzimmer muss die Belichtung freilich mit einer direkten Verbindung zum Landschaftsraum einhergehen. Die über die gesamte Südseite gezogenen Balkons der beiden Obergeschoße, die darunter geschützt liegende Terrasse im Erdgeschoß und zwei in die Ost- und die Westfassade geschnittene Loggien machen aus allen Zimmern des äußerst kompakt angelegten Traktes tatsächlich Zimmer mit Aussicht.

Der Verzicht auf Trennwände in den Balkons unterstreicht den Eindruck eines breit geöffneten Horizontes, der als Motiv auch in den zu horizontalen Feldern verbundenen Fenstern der Stirnseiten anklingt. Das Haus nimmt mit seinem parallel zum Hang liegenden Satteldach die Dachneigung und Richtung seiner Nachbarn auf. Die erdberührten Wände sind grau verputzt, jene der frei liegenden Geschoße mit Holz verkleidet. So lautete nicht zuletzt die Vorschrift der Gemeinde. Diese Vorgaben in heute gelebte Architektur zu übersetzen war Florian Aigner besonders wichtig. Er hat sich gegen den zuletzt gebräuchlichen Überzug aus Holzschindeln und für eine horizontal gegliederte Verkleidung aus dunkel gebeiztem Lärchenholz entschieden. Die hellen Holzbalkons und die ebenfalls hellen Fensterfelder gliedern den Baukörper in schlichter, gut lesbarer Weise.

Dem so selbstverständlich anmutenden Erscheinungsbild des Hauses liegt eine aufwendige Detailentwicklung zugrunde. Die Kooperation mit lokalen Handwerksbetrieben war folglich für den jungen Architekten ein besonderes Erlebnis. Trotz größten Termindrucks machten sie seine Anliegen in technischer wie in gestalterischer Hinsicht zu den ihren und setzten anspruchsvolle Elemente wie etwa ein durch alle Geschoße gefädeltes Stiegengeländer oder ein multifunktionales Möbel für die Hotelbar vorbildlich um. Auch die Kunst des Konstrukteurs soll an dieser Stelle nicht vergessen sein: schon die Ausbildung des schlanken Dachrandes ohne sichtbare Sparrenlage forderte angesichts der vorgeschriebenen Auskragung und der ortsüblichen Schneelasten Rudolf Aigner beträchtlichen konstruktiven Einfallsreichtum ab; um gar nicht von der in den Hang gesetzten Stahlbetonkonstruktion zu sprechen, die einem fest gefügten künstlichen Berg gleicht und dennoch das Licht tief in ihr Inneres lenkt.

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