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Wenn das Landhaus ein Tiny House ist
Der Standard

Immer mehr Menschen wollen platzsparend und autark wohnen. Ein österreichischer Anbieter sogenannter Tiny Houses will so auch aussterbende Orte auf dem Land beleben. Rechtlich ist aber noch vieles unklar.

22. Juli 2017 - Franziska Zoidl
„Susi“ ist ein Büro im Grünen, „Oskar“ ein autarkes Kraftwerk: Die Vornamen stehen für Modelle des Wohnwagons, einer Holzhütte auf Rädern. Wer darin wohnen will, sucht Selbstbestimmtheit und verzichtet auf Platz. Denn die kleinen Häuser sind nur zwischen 15 und 33 m² groß. Zum Vergleich: Die Pro-Kopf-Wohnfläche liegt in Österreich im Schnitt bei fast 45 m².

Die sogenannte Tiny-House-Bewegung reduziert, ausgehend aus den USA, Wohnen auf das Wesentliche. Dahinter stehe für viele der Wunsch nach einem Leben, in dem sie nicht abhängig von einem Versorgernetz sind, erklärt Theresa Steininger. Sie ist die Geschäftsführerin von Wohnwagon. Seit 2015 ist ihr Produkt auf dem Markt, bisher wurden 24 Einheiten verkauft: „Diese Reduktion aufs Wesentliche wird von vielen als Luxus wahrgenommen.“

Billig ist das nicht: Das günstigste Modell, die „Susi“ mit sechs Metern Länge, beginnt bei 50.000 Euro, das Modell „Fanni“ mit zehn Metern Länge und ausziehbarem Erker kann auf bis zu 150.000 Euro kommen – das sind Quadratmeterpreise über 4000 Euro. Für die Kosten entscheidend ist die angestrebte Unabhängigkeit: „Autarkie ist teuer“, sagt Steininger.

Einige Wohnwagon-Modelle sind vollautark. Sie erzeugen mittels einer Fotovoltaikanlage Energie. Warmwasser und Heizwärme gibt es dank einer Kombination aus Solarenergie und wassergeführter Holzheizung, Frischwasser liefert die Grünkläranlage für Brauchwasser. Der Autarkiegrad liege bei 97 Prozent, sagt Steininger: „Die restlichen drei Prozent kriegt man über das Nutzerverhalten hin.“

Unter den Käufern seien 25-Jährige genauso wie 60-Jährige, die sich in der Pension verkleinern wollen. Besonders für das sich mancherorts ausdünnende Land könne man mit den Tiny Houses spannende Lösungen bieten: „Junge Generationen wollen sich heute nicht mehr mit dem Bau eines Einfamilienhauses zum Leben auf dem Land verpflichten“, sagt Steininger. Ein Wohnwagon aber könnte für zehn Jahre an der einen Stelle stehen und dann weiterziehen. Mittlerweile werde gezielt mit Gemeinden zusammengearbeitet. Als erstes Resultat gibt es online eine Stellplatzbörse.

Der Weg zum Tiny House ist aber nicht ganz unkompliziert. Viele Fragen sind offen. Etwa jene, welche Widmung dafür nötig ist. Man sei stark auf das Gutdünken des Bürgermeisters angewiesen, erzählt Steininger, bisher seien aber bei unterschiedlichen Widmungskategorien Lösungen gefunden worden. Auch die gewünschte Autarkie sei für viele Gemeinden neu, mancherorts werde dennoch auf einen Kanalanschluss bestanden. „Manchmal sind die lokalen Baubehörden aber auch dankbar, dass keiner nötig ist“, so Steininger.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter von Kleinhäusern: Das Grazer Unternehmen Microloft bietet Fertigteilhäuser in Holzriegelbauweise an. Sie sind in zwei Größen erhältlich. Die Häuser werden vorgefertigt und sind dann auf der Baustelle innerhalb von zwei Tagen bezugsfertig, erzählt Geschäftsführer Arno Laneve. Derzeit werde auch daran gearbeitet, die Häuser autark zu machen – „das ist ein Trendthema“, sagt Laneve. Eigentümer vom 2013 gegründeten Unternehmen Microloft ist seit 2015 Sänger Andreas Gabalier mit seiner Volks-Rock ’n’ Roll Gmbh. Seither sei das Produkt optimiert worden, nun starte man durch, erzählt Gabalier, der als Eigentümer aber lieber im Hintergrund bleiben will.

Auch das burgenländische Unternehmen Eunido bietet vorgefertigte Designminihäuser, „Cubes“ genannt, an: „Ursprünglich haben wir unsere „Cubes“ als Home-Offices konzipiert. Dann haben wir bemerkt, dass immer mehr ihn als Wochenend- oder Singlehaus verwenden wollen“, erzählt Inhaber Dominikus Klawatsch. Die Zielgruppe – Designaffine und Umweltbewusste – würde zunehmend realisieren, dass man auch auf kleinem Raum – die Cubes starten bei 30 m² – elegant wohnen kann: „Viele sagen: Wofür brauche ich einen großen Wohnbereich, wenn ich keine Zeit habe, ihn zu nutzen?“

Eine Lösung für den großen Bedarf an leistbarem Wohnraum in Städten sieht Klawatsch in Tiny Houses aber nicht: Dafür seien die Produkte noch zu teuer, zudem seien Containersiedlungen keine Lösung: „Die Kleinhäuser sollten in die normale Baulandschaft integriert werden.“ Auch der Wohnwagon von Theresa Steininger kam bisher nicht in Städten zum Einsatz. Ein Kunde überlege nun aber, sich einen auf ein Dach in der Stadt zu stellen, erzählt sie.

Platzsparende Lösungen

Ob in der Stadt oder auf dem Land: Wer in ein Tiny House ziehen will, müsse seine Bedürfnisse genau kennen, betont Steininger. Der eine brauche beim Wohnen Platz für einen einmal wöchentlich stattfindenden Jodelkurs, der andere benötige Raum für das Aufbewahren von Plänen.

Platzsparende Lösungen gibt es viele: Der Esstisch kann im Wohnwagon ausgeklappt werden, eine Eckbank zum Doppelbett werden oder das Bett nach oben an die Decke gekurbelt werden. „Das Schöne ist, dass die Menschen sich schon lange vor dem Projekt bewusst reduzieren“, sagt Steininger. Heimwerker würden sich dann beispielsweise in eine Gemeinschaftswerkstatt einmieten. „Man fängt also an, sich in Gemeinschaftsstrukturen einzugliedern“, erzählt Steininger begeistert. „Die Behörden haben anfangs oft Angst vor Einsiedlern, am Ende entstehen aber immer dörfliche Strukturen.“

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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