Artikel
Politiker-Plüsch- und Baukultur
Österreichische Regierungen haben ein gestörtes Verhältnis zur Architektur
29. September 1997 - Gerfried Sperl
Sowohl Bundeskanzler Viktor Klima als auch Nationalratspräsident Heinz Fischer haben sich in der vergangenen Woche bemüht, das Schicksal des österreichischen Kulturinstituts in New York optimistisch darzustellen. Der aus einem Wettbewerb hervorgegangene phantasiereiche Bau von Raimund Abraham soll realisiert werden.
Nach Jahren der Verzögerung wäre das eine Sensation. Denn die Bundesregierungen der republikanischen Neuzeit sind dafür bekannt, daß sie in ihrem unmittelbaren Einflußbereich der Direktvergabe und dem Mittelmaß den Vorzug geben. Das Verhältnis zwischen erstklassiger Architektur und (zweitklassiger?) Politik ist bekannt schlecht, sieht man ab vom Universitätsbereich und von Länderinitiativen. Auf den Universitäten sind deshalb Bauten von internationalem Format entstanden, weil einzelne Landesregierungen über die mittelbare Bundesverwaltung entscheidend mitbestimmen konnten. In Graz und in Leoben sind in der Ära Krainer beispielgebende Planungen realisiert worden � mit dem Resowi-Zentrum von Domenig-Eisenköck als Milliarden Schlußpunkt.
In Salzburg wurde die Naturwissenschaftliche Fakultät Wilhelm Holzbauers verwirklicht. Herausragend auch die direkten Länder-Initiativen: Das Modell Steiermark mit seinen Wohnbau-Innovationen, die Wohnmodelle und die Schulbauten in der Ära Swoboda in Wien und schließlich die europareife Hauptstadt-Planung in St. Pölten. Die Bundesregierung selbst konnte dem zu keiner Zeit etwas Vergleichbares entgegensetzen.
Das jahrelange Fiasko rund um das Museumsquartier unterstreicht diesen Befund. Star-Architekten wie Gustav Peichl und Hans Hollein haben nie einen Bundesauftrag erhalten � sieht man im Falle Peichl ab von der Probebühne des Burgtheaters. Aber das war ein Willensakt von Claus Peymann. So wie die ORF-Landesstudios von �Ironimus� Peichl ein Willensakt Gerd Bachers waren. Was natürlich auch bedeutet: Gute Architektur bedarf selbstbewußter Bauherrn.
Die fehlen in der Spitzenpolitik. Das hat mehrere Ursachen. Die wichtigste: Vielen Spitzenkräften der heimischen Politik und Wirtschaft fehlt die Sicherheit in der Auswahl einer funktionalen Ästhetik und gleichzeitig das Vertrauen in das Können von Architekten.
Diese Defizite sind gepaart mit der Angst vor oppositioneller (Medien)kritik und mit eklatanter Geschmacksarmut. Wer mit Plüsch und üppigen Ledermöbeln die innere Gefühlsarmut kaschiert, wird zur klaren Formensprache eigenwilliger Architekten keine enge Beziehung finden und deshalb auf Distanz gehen. Andere wiederum halten bloßes Design für architektonisches Bewußtsein. Und liegen damit genauso falsch.
Die bisher so ausgeprägt geringe Bereitschaft, das Abraham-Institut in New York endlich zu bauen, fußt auf den Realitäten der inneren und äußeren Verfassung der Verantwortlichen. Und die lähmenden (wie gleichzeitig teuren) Verzögerungen beim Museumsquartier in Wien sind die Resultate von Machtkämpfen unter Kunsthändlern und deren Exponenten. In diesem schiefen Licht muten die Auseinandersetzungen um die Pensionsreform wie der Kampf unter edlen Rittern an.
Tatsächlich: Die Realisierung des (leider reduzierten) Museumsquartiers und � noch mehr � der Bau des Kulturinstituts in New York sind eine Nagelprobe für die gestalterische Verläßlichkeit der Bundesregierung. Denn diese These gilt auch für neuzeitliche Administrationen: in der Geschichte wird ihre Bedeutung an der Reformkraft und an ihrer � innovativen � Bautätigkeit gemessen werden.
Daß kürzlich bei einer Architektur-Diskussion im Parlament nur wenig Bereitschaft von seiten der Politik bestand, sich von Fachleuten profund informieren zu lassen, zeigt den Aufholbedarf. Daher werden auch die Architekten darüber nachdenken müssen, wie sie Politiker für die Abenteuer neuen Bauens begeistern können.
Nach Jahren der Verzögerung wäre das eine Sensation. Denn die Bundesregierungen der republikanischen Neuzeit sind dafür bekannt, daß sie in ihrem unmittelbaren Einflußbereich der Direktvergabe und dem Mittelmaß den Vorzug geben. Das Verhältnis zwischen erstklassiger Architektur und (zweitklassiger?) Politik ist bekannt schlecht, sieht man ab vom Universitätsbereich und von Länderinitiativen. Auf den Universitäten sind deshalb Bauten von internationalem Format entstanden, weil einzelne Landesregierungen über die mittelbare Bundesverwaltung entscheidend mitbestimmen konnten. In Graz und in Leoben sind in der Ära Krainer beispielgebende Planungen realisiert worden � mit dem Resowi-Zentrum von Domenig-Eisenköck als Milliarden Schlußpunkt.
In Salzburg wurde die Naturwissenschaftliche Fakultät Wilhelm Holzbauers verwirklicht. Herausragend auch die direkten Länder-Initiativen: Das Modell Steiermark mit seinen Wohnbau-Innovationen, die Wohnmodelle und die Schulbauten in der Ära Swoboda in Wien und schließlich die europareife Hauptstadt-Planung in St. Pölten. Die Bundesregierung selbst konnte dem zu keiner Zeit etwas Vergleichbares entgegensetzen.
Das jahrelange Fiasko rund um das Museumsquartier unterstreicht diesen Befund. Star-Architekten wie Gustav Peichl und Hans Hollein haben nie einen Bundesauftrag erhalten � sieht man im Falle Peichl ab von der Probebühne des Burgtheaters. Aber das war ein Willensakt von Claus Peymann. So wie die ORF-Landesstudios von �Ironimus� Peichl ein Willensakt Gerd Bachers waren. Was natürlich auch bedeutet: Gute Architektur bedarf selbstbewußter Bauherrn.
Die fehlen in der Spitzenpolitik. Das hat mehrere Ursachen. Die wichtigste: Vielen Spitzenkräften der heimischen Politik und Wirtschaft fehlt die Sicherheit in der Auswahl einer funktionalen Ästhetik und gleichzeitig das Vertrauen in das Können von Architekten.
Diese Defizite sind gepaart mit der Angst vor oppositioneller (Medien)kritik und mit eklatanter Geschmacksarmut. Wer mit Plüsch und üppigen Ledermöbeln die innere Gefühlsarmut kaschiert, wird zur klaren Formensprache eigenwilliger Architekten keine enge Beziehung finden und deshalb auf Distanz gehen. Andere wiederum halten bloßes Design für architektonisches Bewußtsein. Und liegen damit genauso falsch.
Die bisher so ausgeprägt geringe Bereitschaft, das Abraham-Institut in New York endlich zu bauen, fußt auf den Realitäten der inneren und äußeren Verfassung der Verantwortlichen. Und die lähmenden (wie gleichzeitig teuren) Verzögerungen beim Museumsquartier in Wien sind die Resultate von Machtkämpfen unter Kunsthändlern und deren Exponenten. In diesem schiefen Licht muten die Auseinandersetzungen um die Pensionsreform wie der Kampf unter edlen Rittern an.
Tatsächlich: Die Realisierung des (leider reduzierten) Museumsquartiers und � noch mehr � der Bau des Kulturinstituts in New York sind eine Nagelprobe für die gestalterische Verläßlichkeit der Bundesregierung. Denn diese These gilt auch für neuzeitliche Administrationen: in der Geschichte wird ihre Bedeutung an der Reformkraft und an ihrer � innovativen � Bautätigkeit gemessen werden.
Daß kürzlich bei einer Architektur-Diskussion im Parlament nur wenig Bereitschaft von seiten der Politik bestand, sich von Fachleuten profund informieren zu lassen, zeigt den Aufholbedarf. Daher werden auch die Architekten darüber nachdenken müssen, wie sie Politiker für die Abenteuer neuen Bauens begeistern können.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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