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Wenn die Baugruppe am Einfamilienhaus scheitert
Der ländliche Raum wird in Österreich von großen Einfamilienhäusern dominiert. Wer sich weniger Platz und mehr Gemeinschaft beim Wohnen wünscht, hat es dafür oft schwer. Positive Ausnahmen gibt es.
3. Februar 2018 - Franziska Zoidl
Es gibt sie in der Seestadt Aspern, im Sonnwendviertel und in der Sargfabrik. Die Rede ist von Baugruppen, also Menschen, die sich zusammenschließen, um gemeinsam Wohnraum zu schaffen. Solche Wohnprojekte sind auf dem Land jedoch eine Rarität, weil vielerorts Einfamilienhäusern der Vorzug gegeben wird.
In Ottensheim, einer Marktgemeinde im Mühlviertel, fand sich 2014 eine Gruppe von Menschen, die dazu eine Alternative suchten. Das gemeinschaftliche Projekt „Cooheim“ ist seither auf 34 Erwachsene und 25 Kinder angewachsen. Ihr Plan: die Errichtung eines Hauses mit 25 Wohneinheiten auf einem zentral gelegenen Grundstück, das ihnen vom Stift Wilhering im Baurecht zur Verfügung gestellt werden soll.
Die Mitglieder wollen ihre Wohnungen weder kaufen noch mieten, sondern Nutzungsrechte erwerben. Auch Gemeinschaftsflächen, etwa eine Küche und Begegnungszonen, und öffentliche Räume für Menschen aus der Umgebung sollen entstehen.
An der dafür nötigen Umwidmung des Grundstücks ist die Baugruppe vor wenigen Tagen jedoch gescheitert: Der Ottensheimer Gemeinderat votierte in einer geheimen Abstimmung dagegen. „Wir sind an der derzeitigen Ortspolitik gescheitert“, sagt Ferdinand Kaineder, Mitglied der Baugruppe. Er spricht von einer „schweren Enttäuschung“ und macht für die Entscheidung Klientelpolitik, aber auch einen „in Österreich sehr ausgeprägten Besitzegoismus“ verantwortlich. Er glaubt, dass man sich in der Gemeinde diese neue Wohnform schlicht und einfach nicht vorstellen konnte.
Beim Gemeindeamt widerspricht man: Ottensheim, im Großraum Linz gelegen, will nur noch eingeschränkt wachsen – maximal zehn Prozent in den nächsten zehn Jahren, das gibt das örtliche Entwicklungskonzept vor. „Ich bin dem Projekt immer positiv gegenübergestanden“, betont Bürgermeister Franz Füreder (ÖVP). Für ihn ist „Cooheim“ daher nach wie vor aktuell, die mögliche Umwidmung soll in einem Jahr wieder evaluiert werden. Bei der Reihung aller nichtgenehmigten Anträge auf Neuwidmung sei „Cooheim“ erstgereiht.
Dass es Baugruppen auf dem Land oft schwer haben, bestätigt auch der Architekt und Stadtplaner Robert Temel von der Initiative Gemeinsam Bauen Wohnen. „Außerhalb von Wien und Niederösterreich gibt es so gut wie keine Projekte.“ Dafür gebe es eine Vielzahl an Gründen: „In vielen Gemeinden gibt es große Vorbehalte gegen diese Wohnform“, sagt er. Dabei würden Baugruppen Gemeinden auch Vorteile bringen: Verdichtete Wohnformen als Alternative zum Einfamilienhaus, eine gute Nutzungsmischung, Mobilitätskonzepte sowie aktive Bewohner. „Aber wenn es hart auf hart kommt, dann ist man am Ende doch oft wieder auf der Seite der Einfamilienhausbesitzer.“
Was auch daran liegen könnte, dass diese den Herrn Bürgermeister eher wählen werden, meinen Kritiker: „Es stimmt natürlich, dass eine Baugruppe das politische Spektrum in einem Ort verbreitert“, sagt Temel. Dass in einer Baugruppe aber nur Wähler einer bestimmten politischen Richtung vertreten sind, glaubt er nicht.
Auch der Architekt Fritz Matzinger erzählt von einem sehr bunt gemischten Publikum, das in seinen Wohnprojekten wohnt. Matzinger ist mit seinen Atriumhäusern so etwas wie ein Veteran des gemeinschaftlichen Wohnens. Sein Modell der Bauherrengemeinschaft, das er vor 42 Jahren erstmals verwirklichte, wird oft als Vorläufer der Baugruppen genannt. „Die Grundstücke auf dem Land sind billig, aber die Leute haben keine Information darüber, welche Alternative es zwischen Massenwohnbau und dem blöden Einfamilienhaus gibt“, kritisiert er.
Zuletzt hat der Architekt einen denkmalgeschützten Vierkanter in Garsten – erste urkundliche Erwähnung 1459 – umgebaut. Entstanden sind 20 Wohnungen, die Ende 2016 bezogen wurden. „Jeder Raum ist individuell“, sagt Matzinger. „Da kann kein Neubau mithalten.“ Zum Revitalisieren alter Substanz rät er auch der Ottensheimer Baugruppe. In Garsten sei man von der Idee jedenfalls begeistert gewesen. „Und die Unterstützung des Bürgermeisters ist im ländlichen Raum sehr wichtig.“
Wie es in Ottensheim jetzt weitergeht? Mitte Februar steht eine Versammlung der Baugruppe an, sagt Kaineder: „Dann schauen wir weiter.“
In Ottensheim, einer Marktgemeinde im Mühlviertel, fand sich 2014 eine Gruppe von Menschen, die dazu eine Alternative suchten. Das gemeinschaftliche Projekt „Cooheim“ ist seither auf 34 Erwachsene und 25 Kinder angewachsen. Ihr Plan: die Errichtung eines Hauses mit 25 Wohneinheiten auf einem zentral gelegenen Grundstück, das ihnen vom Stift Wilhering im Baurecht zur Verfügung gestellt werden soll.
Die Mitglieder wollen ihre Wohnungen weder kaufen noch mieten, sondern Nutzungsrechte erwerben. Auch Gemeinschaftsflächen, etwa eine Küche und Begegnungszonen, und öffentliche Räume für Menschen aus der Umgebung sollen entstehen.
An der dafür nötigen Umwidmung des Grundstücks ist die Baugruppe vor wenigen Tagen jedoch gescheitert: Der Ottensheimer Gemeinderat votierte in einer geheimen Abstimmung dagegen. „Wir sind an der derzeitigen Ortspolitik gescheitert“, sagt Ferdinand Kaineder, Mitglied der Baugruppe. Er spricht von einer „schweren Enttäuschung“ und macht für die Entscheidung Klientelpolitik, aber auch einen „in Österreich sehr ausgeprägten Besitzegoismus“ verantwortlich. Er glaubt, dass man sich in der Gemeinde diese neue Wohnform schlicht und einfach nicht vorstellen konnte.
Beim Gemeindeamt widerspricht man: Ottensheim, im Großraum Linz gelegen, will nur noch eingeschränkt wachsen – maximal zehn Prozent in den nächsten zehn Jahren, das gibt das örtliche Entwicklungskonzept vor. „Ich bin dem Projekt immer positiv gegenübergestanden“, betont Bürgermeister Franz Füreder (ÖVP). Für ihn ist „Cooheim“ daher nach wie vor aktuell, die mögliche Umwidmung soll in einem Jahr wieder evaluiert werden. Bei der Reihung aller nichtgenehmigten Anträge auf Neuwidmung sei „Cooheim“ erstgereiht.
Dass es Baugruppen auf dem Land oft schwer haben, bestätigt auch der Architekt und Stadtplaner Robert Temel von der Initiative Gemeinsam Bauen Wohnen. „Außerhalb von Wien und Niederösterreich gibt es so gut wie keine Projekte.“ Dafür gebe es eine Vielzahl an Gründen: „In vielen Gemeinden gibt es große Vorbehalte gegen diese Wohnform“, sagt er. Dabei würden Baugruppen Gemeinden auch Vorteile bringen: Verdichtete Wohnformen als Alternative zum Einfamilienhaus, eine gute Nutzungsmischung, Mobilitätskonzepte sowie aktive Bewohner. „Aber wenn es hart auf hart kommt, dann ist man am Ende doch oft wieder auf der Seite der Einfamilienhausbesitzer.“
Was auch daran liegen könnte, dass diese den Herrn Bürgermeister eher wählen werden, meinen Kritiker: „Es stimmt natürlich, dass eine Baugruppe das politische Spektrum in einem Ort verbreitert“, sagt Temel. Dass in einer Baugruppe aber nur Wähler einer bestimmten politischen Richtung vertreten sind, glaubt er nicht.
Auch der Architekt Fritz Matzinger erzählt von einem sehr bunt gemischten Publikum, das in seinen Wohnprojekten wohnt. Matzinger ist mit seinen Atriumhäusern so etwas wie ein Veteran des gemeinschaftlichen Wohnens. Sein Modell der Bauherrengemeinschaft, das er vor 42 Jahren erstmals verwirklichte, wird oft als Vorläufer der Baugruppen genannt. „Die Grundstücke auf dem Land sind billig, aber die Leute haben keine Information darüber, welche Alternative es zwischen Massenwohnbau und dem blöden Einfamilienhaus gibt“, kritisiert er.
Zuletzt hat der Architekt einen denkmalgeschützten Vierkanter in Garsten – erste urkundliche Erwähnung 1459 – umgebaut. Entstanden sind 20 Wohnungen, die Ende 2016 bezogen wurden. „Jeder Raum ist individuell“, sagt Matzinger. „Da kann kein Neubau mithalten.“ Zum Revitalisieren alter Substanz rät er auch der Ottensheimer Baugruppe. In Garsten sei man von der Idee jedenfalls begeistert gewesen. „Und die Unterstützung des Bürgermeisters ist im ländlichen Raum sehr wichtig.“
Wie es in Ottensheim jetzt weitergeht? Mitte Februar steht eine Versammlung der Baugruppe an, sagt Kaineder: „Dann schauen wir weiter.“
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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