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Der Spitalsgarten des KH Nord: Grün darf kein Luxus sein
Spectrum

Was das Wandeln zwischen geschützten Tieren und Pflanzen bewirken kann: der Landschaftsarchitekt Daniel Zimmermann zu den Vorwürfen, der Spitalsgarten des KH Nord sei überdimensioniert und überteuert. Ein Gespräch.

22. September 2018 - Stephanie Drlik
Es scheint, als wäre bei der Projektabwicklung des in Bau befindlichen Krankenhauses Nord an der Floridsdorfer Brünner Straße einiges schiefgegangen. Zumindest sprechen Verzögerungen und steigende Baukosten für sich und beschäftigen eine gemeinderätliche Untersuchungskommission. Neuerdings kommen auch die Außenanlagen, die angeblich das neueste Kapitel in der Skandalchronik des KH Nord schreiben sollen, in die Schlagzeilen der Boulevardpresse. Was an den Vorwürfen dran ist, erklärt der planungszuständige Landschaftsarchitekt Daniel Zimmermann, Partner im Planungsbüro 3:0 Landschaftsarchitektur.

Daniel Zimmermann, Sie arbeiten als lokaler Partner mit dem amerikanischen, weltweit tätigen Landschaftsarchitekturbüro Martha Schwartz Partners zusammen, jenem Büro, das für den Entwurf der Außenanlagen des gerade in Bau befindlichen Wiener Krankenhauses Nord verantwortlich zeichnet. Sie waren gemeinsam mit dem projektzuständigen Architekten Albert Wimmer für die Ausführungsplanung und Umsetzung des künstlerischen Leitkonzepts von Martha Schwartz zuständig. Der Freiraum wurde weitgehend fertiggestellt, doch nun werden Kritikpunkte laut, es sei eine überzogene Außenraumgestaltung, ein völlig überteuerter und überdimensionierter Luxusgarten. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Der Entwurf der „Healing Gardens“ ist aus dem Wettbewerbsverfahren als Siegerprojekt hervorgegangen. Ausschlaggebend war die Idee, ein Spitalsumfeld zu schaffen, das nicht nur Dekoration ist, sondern auch eine wesentliche Funktion erfüllt. Die Natur sollte Menschen helfen, gesund zu werden und das Wohl von Patienten und Mitarbeitern zu fördern. Das Konzept ist ambitioniert, doch dieser Ansatz entspricht den modernen Anforderungen eines Spitalsaußenraumes. So wird derzeit auch in anderen europäischen und amerikanischen Großstädten gearbeitet. Die Kosten zur Herstellung bewegen sich im durchschnittlichen Rahmen.

Von welchem Rahmen sprechen wir?

Die Herstellungskosten für die Parkgestaltung waren in der Planungsphase mit 120 bis 140 Euro pro Quadratmeter veranschlagt. Die im direkten Umfeld des Gebäudes befindlichen Therapiegärten erfordern erwartungsgemäß eine intensive, teurere Gestaltung als der in Richtung Süden auslaufende Landschaftspark. Im Projektdurchschnitt hat der Quadratmeter zur Herstellung des Außenraumes 130 Euro gekostet. Der Kostenrahmen wurde also eingehalten.

Die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur, die basierend auf langjährigem Erfahrungs- und Expertenwissen Kennwerte für die Herstellung von Grün festlegt, empfiehlt für die Errichtung von Frei-, Grün- und Bewegungsräumen zu Krankenhäusernals kalkulatorischen Richtwert 175 Euro Herstellungskosten pro Quadratmeter.

Da liegen Sie im KH Nord darunter.

So ist es, es wurde wirtschaftlich vertretbar gearbeitet. Und bedenkt man, dass auch hart befestigte Flächen, also etwa Straßen, in der Herstellung teurer als 130 Euro pro Quadratmeter sind, spricht das umso mehr für die grüne Ausgestaltung. Wenn man den Wert eines solchen Spitalskonzepts, den ökologischen, stadtklimatologischen und therapeutischen Nutzen des Grüns einberechnet, ergibt sich ein enormer Mehrwert für die Kommune. Extensive Grünflächen können natürlich günstiger hergestellt werden, doch das ist nicht mit der Herstellung eines Therapiegartens vergleichbar, bei dem es sich um hochwertiges Leistungsgrün mit unterschiedlichsten therapeutischen Funktionen handelt. Die Gestaltung des KH Nord basiert auf fundierten Erkenntnissen der Wissenschaft und der modernen Landschaftsarchitektur. Der Naturraumfaktor soll den Heilungsprozess und die psychische Stabilität der Patienten unterstützen und das Wohlbefinden der Menschen, die in der Einrichtung arbeiten, verbessern. Gewisse Stresssituationen können dadurch minimiert werden, auch für die Mitarbeiter und die Besucher und für alle Leute, die den Park mitnutzen.

Mitnutzen? Derzeit ist das Areal inklusive dem 47.000 Quadratmeter umfassenden Park eingezäunt . . .

Der Landschaftspark und der Spitalsvorplatz sind teilöffentlich konzipierte Flächen. Die Mitbenutzung des Parks durch die Nachbarschaft des Umfeldes war von Anfang an geplant und erwünscht, so wie es auch in anderen Wiener Krankenanstalten praktiziert wird. Auf Grund der räumlichen und infrastrukturellen Situation ist die Zugänglichkeit im KH Nord nicht optimal. Derzeit kann man den Park nur über den Eingangsbereich des Krankenhauses erreichen.

Was sagen Sie zur Kritik an der Dimensionierung des Spitalsgartens und an den hohen Parkpflegekosten?

Die Größe ist absolut nachvollziehbar und legitim. Sie ergibt sich aus der tragenden Rolle des Gartens als Therapieraum, aber auch aus der Notwendigkeit, ökologische und naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen zu schaffen, denn auf dem Gebiet leben geschützte Tier- und Pflanzenarten. Was die Pflegekosten betrifft, muss man genauer hinschauen, als das getan wurde. Denn die kolportierten Zahlen beziehen sich auf die intensive Anwuchs- und Entwicklungspflege der ersten Jahre. Danach folgt die wesentlich günstigere Erhaltungspflege. Die Kritik ist ärgerlich, denn man diskutiert ja auch nicht die Kosten der Fassadenreinigung oder für das Teppichsaugen im Gebäude, das sind ebenso wie die Parkpflege notwendige Instandhaltungskosten. Grünpflege ist wichtig, um die hohe Qualität und die Funktionen des Außenraumes aufrechtzuerhalten.

Ist das Freiraumprojekt, bei all den anderen Kosten, die anfallen, nicht eher Luxus als Notwendigkeit?

Wenn Grün zum Luxus wird, sind wir auf dem falschen Weg. Nicht nur, was die heilenden Effekte in Bezug auf das Spital und die Nutzer und Nutzerinnen anbelangt. Allein der stadtökologische und mikroklimatische Beitrag bringt gewichtige Argumente für den Garten. Mit diesem fortschrittlichen Krankenhausfreiraum setzt Wien ein wichtiges Zeichen. Im Gegensatz zum Wiener Wohnbau, wo wir keine großzügigen Außenanlagen mehr verwirklichen können, insbesondere im geförderten Sektor. Auch was die öffentlichen Parkanlagen anbelangt, für die Wien einstmals so berühmt war, erleben wir derzeit Rückschritte. Die Kosten zur Errichtung des Freiraumes im KH Nord belaufen sich auf etwas mehr als ein Prozent der Gesamtbaukosten des Projektvorhabens. Wenn wir diesen Errichtungskosten den Mehrwert der Außenanlage entgegenstellen, ist das jedenfalls eine extrem positive Bilanz für die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner.

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