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Die Wohnung vom Diskonter
Der Standard

Eingeschoßige Supermärkte, die an eine Schuhschachtel erinnern, gibt es zuhauf. Immer öfter wird stattdessen aber ein Mix aus leistbaren Wohnungen und Gewerbeflächen im Erdgeschoß gebaut. Für Planer ist ein solches Projekt aber eine Herausforderung.

9. März 2019 - Franziska Zoidl
Unten einkaufen, oben wohnen: Diese Kombination gibt es in deutschen Großstädten immer öfter. In Berlin hat der Supermarkt-Diskonter Aldi Nord im Vorjahr verkündet, an mindestens 30 Standorten so mehr als 2000 Wohnungen errichten zu wollen. Zwei „Leuchtturmprojekte“ in Berlin-Lichtenberg und Berlin-Neukölln würden sich derzeit in Vorbereitung befinden, heißt es auf STANDARD- Anfrage nun dazu, zwei weitere Projekte seien in der Bauphase. Und 15 weitere Vorhaben würden sich in „verschiedenen Stufen“ der Projektplanung befinden. Mit Lidl ist auch die Konkurrenz ins Wohnimmobiliengeschäft eingestiegen. Der Diskonter hat in Berlin bereits mehrere Supermärkte mit Wohnungen überbaut.

Aber was bringt ihnen diese Strategie? Man wolle den Vorgaben der Stadt bzw. städtebaulichen Notwendigkeiten sowie dem Wohnungsmangel begegnen, heißt es bei Aldi Nord. „Die Diskonter sind im Wandel“, erklärt der Hamburger Architekt Jan-Oliver Meding von MPP Meding Plan+Projekt GmbH, der schon mehrere solcher gemischt genutzter Objekte umgesetzt hat.

Diskonter würden sich immer mehr einem Vollsortiment annähern – und dafür mehr Platz brauchen. „Man kriegt das besser dargestellt, wenn man die größere Fläche mit Wohnungsneubau begründet“, so Meding. Denn der Wohnungsbau ist in den Ballungsräumen, die unter hohen Immobilienpreisen ächzen, positiv besetzt. Oft steht am Ende ein Deal mit der Stadt: Der eingeschoßige Supermarkt wird abgerissen und bekommt im Neubau eine größere Verkaufsfläche, dafür bekommt die Stadt eine Überbauung mit leistbaren Wohnungen. Eine Nachverdichtung bestehender Schuhschachtel-Strukturen sei nämlich nicht möglich, betont Meding.

Für Planer gibt es viele Herausforderungen. Die Erschließung sei immer schwierig, sagt Meding: Stiegenhäuser können nicht einfach durch die Verkaufsfläche im Erdgeschoß gesteckt werden. Stattdessen führen vom Straßenniveau Stiegen an den Rändern in den ersten Stock, ab dort werden die Stiegenhäuser und Aufzüge wie in einem konventionellen Wohnhaus gestaltet. Über der Verkaufsfläche entsteht ein Innenhof, um den herum sich die Wohnungen anordnen.

Erdgeschoß als Herausforderung

„Architektonisch ist besonders das Erdgeschoß eine Herausforderung“, sagt Meding. Denn Diskonter würden am liebsten alles mit Plakaten zukleben, „fassadentechnisch muss man sich aber schon etwas Besonderes überlegen“. Gleichzeitig muss die Handelsfläche aber die Standards der Diskonter erfüllen. Die Anlieferung, die durch frühmorgendlichen Lärm bei Anrainern oft für Unmut sorgt, wird in Medings Projekten in der Tiefgarage abgewickelt. Die Mehrkosten für die gemischt genutzten Objekte würden bei fünf bis zehn Prozent im Vergleich zu einem Neubau auf der grünen Wiese liegen, schätzt Meding.

Auch bei der deutschen Immobiliengesellschaft Trei Real Estate ist man auf den Geschmack gekommen. Das Unternehmen ist gerade dabei, sein Portfolio, das früher zu hundert Prozent aus Handelsimmobilien bestand, umzubauen. Der Projektentwickler plant und realisiert aktuell vier gemischt genutzte Objekte in Berlin, die Mietwohnungen sollen im Bestand gehalten werden.

„Die Herausforderung sind zwei völlig unterschiedliche Nutzungen in einem Haus“, sagt CEO Pepijn Morshuis. Aber er sieht auch klare Vorteile: „Die Mieter haben den Kühlschrank mehr oder weniger im Erdgeschoß.“ Besonders in urbanen Lagen sei die Kombination vorteilhaft, weil im Erdgeschoß niemand wohnen wolle.

Auch in Wien wird das Wohnen über dem Supermarkt immer öfter zum Thema – aber die Mühlen mahlen hier sehr langsam: In Wien-Donaustadt wurde vor mehr als drei Jahren ein solches Projekt vorgestellt – die Bagger sind aber bis heute nicht aufgefahren.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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