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Wilhelm Holzbauer 1930–2019
Der Standard

Der Architekt prägte die 1970er- und 1980er-Jahre als wichtiger Visionär – von der Wiener U-Bahn bis zum Bankgebäude

17. Juni 2019 - Wojciech Czaja
Wir waren arme Schlucker, finanziell ist es uns am Anfang wirklich schlecht gegangen“, sagte er einmal über seine ersten Jahre als Architekt. „Doch jeder, der irgendwann einmal mit Architektur zu tun hat, weiß, dass am allerwichtigsten in diesem Job das Geldverdienen ist.“ Am Samstag ist Wilhelm Holzbauer, der sich selbst stets als Dienstleister und Geschäftsmann bezeichnet hat, im Alter von 88 Jahren in Wien gestorben.

Holzbauer wurde 1930 in Salzburg geboren. Er studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien sowie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. Seine ersten Berufsjahre waren von Visionen und Tatendrang geprägt. In der „arbeitsgruppe 4“ forschte er an Weltraumschulen und anderen utopischen Projekten und realisierte bald einige– vor allem sakrale – Bauten wie etwa die Pfarrkirche in Salzburg-Parsch oder das Seelsorgezentrum Steyr-Ennsleiten. Die rund 120 Projektentwürfe der arbeitsgruppe 4 gelten bis heute als Meilensteine der österreichischen Architekturgeschichte.

1964 gründete Holzbauer sein eigenes Architekturbüro. In den Jahren 1970 bis 1973 entwickelte er im Rahmen der Architektengruppe U-Bahn das Design und das bis heute aktuelle Architekturleitbild für die Wiener U-Bahnen, das so konsequent und ikonisch war, dass es zehn Jahre später von der kanadischen Stadt Vancouver übernommen wurde.

Er plante die Fußgängerzone in der Kärntner Straße, das Landhaus Bregenz sowie das Rathaus und die Oper von Amsterdam. Von 1987 bis 1991 war Holzbauer Rektor der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Auf dem positiven Höhepunkt seines Schaffens leistete sich der Hedonist sogar ein eigenes Restaurant. Das von 1979 bis 1989 bestehende Mattes in der Schönlaterngasse im ersten Wiener Gemeindebezirk mit Reinhard Gerer am Herd war das erste Haubenrestaurant Wiens.

In den 1990er-Jahren entwarf Holzbauer lukrative Projekte wie etwa die Ringstraßengalerien, den Andromeda-Tower auf der Donauplatte sowie etliche Bankgebäude entlang der Lassallestraße – und wechselte schließlich von der hellen auf die dunkle Seite der Macht. Bei einigen Wettbewerben wie etwa dem für das Konzerthaus in Konstanz oder das 2006 eröffnete „Haus für Mozart“ in Salzburg entpuppte er sich als schlechter Verlierer. Mit List, Kalkül und politischer Verbandelung gelang es ihm immer wieder, die erstplatzierten Sieger vom Sockel zu stoßen und als Nachrückender entgegen der Juryentscheidung den einen oder anderen Auftrag an Land zu ziehen. „Man muss sich eben wehren können“, sagte er ungeniert in einem STANDARD-Interview. „Das ist ja alles ein abgekartetes Spiel. Ich baue auch dann, wenn ich nicht gewinne. Aber dieses Freispiel hat es immer schon gegeben.“

Im Jahr 2000 wurde er mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Er füllte in seinem Leben das gesamte Spektrum des Bauens aus – von konstruktiven Visionen zu Beginn seiner Karriere bis hin zu destruktiven Machenschaften in den letzten Jahrzehnten. „Das ist kein Beruf, in dem Freundschaften geboren werden“, sagte er. „Und ich habe mir ziemlich viele Feinde gemacht.“ Wilhelm Holzbauer war der prägende kontroversielle Kopf einer Epoche, die sich langsam dem Ende zuneigt. Er wurde 88 Jahre alt.

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