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Die Mär von den fehlenden Wohnungen in Wien
Entgegen den Aussagen von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprechen Fachleute davon, dass es in Wien inzwischen genug Wohnungen gebe. Was eigentlich fehle, seien günstige Angebote im geförderten Wohnbau.
16. August 2019 - Martin Putschögl
Wir brauchen mehr Angebot“, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag im ORF-Sommergespräch zum Wohnbau. „Wenn wir mehr Angebot haben, dann sinken auch die Preise“, so die Neo-Chefin mit eindringlichem Blick. „Massiv“ müsse man das Angebot ausweiten.
Wird aber wirklich zu wenig gebaut in Österreich, speziell in Wien, von dem im Sommergespräch meist die Rede war? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Laut den aktuellen Wohnbaustatistiken ist es vielmehr so, dass in der Bundeshauptstadt in der gesamten Zweiten Republik überhaupt noch nie so viel gebaut wurde wie derzeit. Meinl-Reisingers Forderung nach „mehr Angebot“ würden deshalb wohl viele baustellenlärmgeplagte Bewohner insbesondere der Wiener Flächenbezirke als gefährliche Drohung auffassen. Mehr zu bauen ist dort nämlich gelinde gesagt kaum vorstellbar. Wohnbauforscher Wolfgang Amann warnte vor einem Jahr vor einer Überhitzung der Baukonjunktur, und seither ist es kaum besser geworden.
Das ist ganz leicht mit Zahlen zu belegen: Laut Statistik Austria machten die Baubewilligungen in Wien 2017 einen Riesensprung von rund 15.700 (2016) auf fast 23.000 Wohneinheiten, davon knapp 22.000 im mehrgeschoßigen Segment. 2018 ging die Zahl zwar wieder auf 15.000 zurück – doch die meisten Bewilligungen des Boomjahres 2017 werden ja erst heuer und in den nächsten Jahren fertig. Zum Vergleich: 2015 gab es in Wien Baubewilligungen für „nur“ 10.760 Wohneinheiten.
Nicht nur der Wohnbauforscher Amann, sondern auch zahlreiche weitere professionelle Beobachter gehen davon aus, dass es langsam genug ist. Was das Bevölkerungswachstum betrifft, so hat sich dieses nach den überaus starken Zuwanderungsjahren 2015 und 2016 mit jeweils deutlich mehr als 20.000 Menschen wieder deutlich abgeschwächt. 2018 betrug das Bevölkerungsplus wieder weniger als 10.000 Personen in Wien, mit diesem Niveau wird auch für heuer gerechnet. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von zwei Personen wären das also 5000 benötigte neue Wohnungen heuer. Laut dem Dienstleister EHL wurden aber schon im ersten Halbjahr 2019 in Wien rund 6000 Wohneinheiten fertiggestellt.
„In Wien nähern wir uns dem Punkt, wo wir genug Wohnungen haben“, sagt deshalb auch Michael Pisecky, Chef des Maklerunternehmens s Real und Obmann der Wiener Immobilientreuhänder. Nachsatz: Genug Wohnungen, ja – „aber nicht von denen, die gesucht werden“. Soll heißen: Im höher- bis hochpreisigen Segment ist der Plafond wohl erreicht. Nicht aber im „leistbaren“ Segment. Dazu gehört der geförderte Wohnbau, für den seit Jahren immer weniger Geld zur Verfügung steht.
Welche Anreize?
Weil damit der freifinanzierte gewerbliche Wohnbau in den vergangenen Jahren einen deutlichen Überhang bekam, müssen viele Mieter nun tief in die Tasche greifen. Im boomenden freifinanzierten Mietwohnbau kosten Zwei-Zimmer-Wohnungen mit rund 50 m² schon mehr als 800 Euro. Gesucht werden aber hauptsächlich Wohnungen bis maximal 700 Euro Gesamtmiete. Immobilienprofis wissen deshalb, dass es die günstigen Wohnungen im Altbausegment gibt. Eine 50-m²-Altbauwohnung in einem Gründerzeitviertel darf auch bei einer Neuvermietung im Regelfall höchstens rund 500 Euro kosten, inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer. Und je länger man schon in einer Altbauwohnung wohnt, desto weniger zahlt man pro Quadratmeter – das belegen auch die Zahlen der Statistik Austria in schöner Regelmäßigkeit.
Darauf wies auch Meinl-Reisinger im Sommergespräch hin. Und häufig hätten diese Leute dann auch mehr Wohnraum zur Verfügung, als sie eigentlich benötigen würden – weil sie nach einem Todesfall oder einer Trennung allein leben oder weil die Kinder schon ausgezogen sind. In solchen Situationen müsste es Anreize zum Übersiedeln geben, sagte die Neos-Chefin, denn diesen Wohnraum würden Jungfamilien eher brauchen.
Welche das sein sollten (Barrierefreiheit?), führte sie aber nicht aus. Warum das nicht wirklich funktionieren wird, ahnt sie wohl selbst: Denn die Frage sei, ob man etwas Vergleichbares angeboten bekomme – das dann aber billiger sein müsste als die alte Wohnung.
Teilweise gemacht wird das schon im geförderten Wohnbau. Dort gibt es immer wieder Tauschangebote, innerhalb einzelner Wohnbauten oder – wie etwa bei Wiener Wohnen, also in den Wiener Gemeindebauten – auch bezirksübergreifend. Und dort ist es auch finanziell fast immer eine Verbesserung, wenn man von einer größeren in eine kleinere Wohnung übersiedelt. Auch dort ist aber oft die Motivation, in eine kleinere Wohnung umzuziehen, wenn man sich die größere noch gut leisten kann, nicht vorhanden.
Wird aber wirklich zu wenig gebaut in Österreich, speziell in Wien, von dem im Sommergespräch meist die Rede war? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Laut den aktuellen Wohnbaustatistiken ist es vielmehr so, dass in der Bundeshauptstadt in der gesamten Zweiten Republik überhaupt noch nie so viel gebaut wurde wie derzeit. Meinl-Reisingers Forderung nach „mehr Angebot“ würden deshalb wohl viele baustellenlärmgeplagte Bewohner insbesondere der Wiener Flächenbezirke als gefährliche Drohung auffassen. Mehr zu bauen ist dort nämlich gelinde gesagt kaum vorstellbar. Wohnbauforscher Wolfgang Amann warnte vor einem Jahr vor einer Überhitzung der Baukonjunktur, und seither ist es kaum besser geworden.
Das ist ganz leicht mit Zahlen zu belegen: Laut Statistik Austria machten die Baubewilligungen in Wien 2017 einen Riesensprung von rund 15.700 (2016) auf fast 23.000 Wohneinheiten, davon knapp 22.000 im mehrgeschoßigen Segment. 2018 ging die Zahl zwar wieder auf 15.000 zurück – doch die meisten Bewilligungen des Boomjahres 2017 werden ja erst heuer und in den nächsten Jahren fertig. Zum Vergleich: 2015 gab es in Wien Baubewilligungen für „nur“ 10.760 Wohneinheiten.
Nicht nur der Wohnbauforscher Amann, sondern auch zahlreiche weitere professionelle Beobachter gehen davon aus, dass es langsam genug ist. Was das Bevölkerungswachstum betrifft, so hat sich dieses nach den überaus starken Zuwanderungsjahren 2015 und 2016 mit jeweils deutlich mehr als 20.000 Menschen wieder deutlich abgeschwächt. 2018 betrug das Bevölkerungsplus wieder weniger als 10.000 Personen in Wien, mit diesem Niveau wird auch für heuer gerechnet. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von zwei Personen wären das also 5000 benötigte neue Wohnungen heuer. Laut dem Dienstleister EHL wurden aber schon im ersten Halbjahr 2019 in Wien rund 6000 Wohneinheiten fertiggestellt.
„In Wien nähern wir uns dem Punkt, wo wir genug Wohnungen haben“, sagt deshalb auch Michael Pisecky, Chef des Maklerunternehmens s Real und Obmann der Wiener Immobilientreuhänder. Nachsatz: Genug Wohnungen, ja – „aber nicht von denen, die gesucht werden“. Soll heißen: Im höher- bis hochpreisigen Segment ist der Plafond wohl erreicht. Nicht aber im „leistbaren“ Segment. Dazu gehört der geförderte Wohnbau, für den seit Jahren immer weniger Geld zur Verfügung steht.
Welche Anreize?
Weil damit der freifinanzierte gewerbliche Wohnbau in den vergangenen Jahren einen deutlichen Überhang bekam, müssen viele Mieter nun tief in die Tasche greifen. Im boomenden freifinanzierten Mietwohnbau kosten Zwei-Zimmer-Wohnungen mit rund 50 m² schon mehr als 800 Euro. Gesucht werden aber hauptsächlich Wohnungen bis maximal 700 Euro Gesamtmiete. Immobilienprofis wissen deshalb, dass es die günstigen Wohnungen im Altbausegment gibt. Eine 50-m²-Altbauwohnung in einem Gründerzeitviertel darf auch bei einer Neuvermietung im Regelfall höchstens rund 500 Euro kosten, inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer. Und je länger man schon in einer Altbauwohnung wohnt, desto weniger zahlt man pro Quadratmeter – das belegen auch die Zahlen der Statistik Austria in schöner Regelmäßigkeit.
Darauf wies auch Meinl-Reisinger im Sommergespräch hin. Und häufig hätten diese Leute dann auch mehr Wohnraum zur Verfügung, als sie eigentlich benötigen würden – weil sie nach einem Todesfall oder einer Trennung allein leben oder weil die Kinder schon ausgezogen sind. In solchen Situationen müsste es Anreize zum Übersiedeln geben, sagte die Neos-Chefin, denn diesen Wohnraum würden Jungfamilien eher brauchen.
Welche das sein sollten (Barrierefreiheit?), führte sie aber nicht aus. Warum das nicht wirklich funktionieren wird, ahnt sie wohl selbst: Denn die Frage sei, ob man etwas Vergleichbares angeboten bekomme – das dann aber billiger sein müsste als die alte Wohnung.
Teilweise gemacht wird das schon im geförderten Wohnbau. Dort gibt es immer wieder Tauschangebote, innerhalb einzelner Wohnbauten oder – wie etwa bei Wiener Wohnen, also in den Wiener Gemeindebauten – auch bezirksübergreifend. Und dort ist es auch finanziell fast immer eine Verbesserung, wenn man von einer größeren in eine kleinere Wohnung übersiedelt. Auch dort ist aber oft die Motivation, in eine kleinere Wohnung umzuziehen, wenn man sich die größere noch gut leisten kann, nicht vorhanden.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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