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Die schönsten Wanderrouten für Architektur-Fans
Ein neuer Bildband zeigt Touren zu den Juwelen der zeitgenössischen Architektur in den Schweizer Bergen.
14. September 2019 - Andrea Eschbach
Holzhäuser mit Sprossenfenstern, Giebeldächern und Kisten voller leuchtend roter Geranien vor den Fenstern – wie zu Heidis Zeiten präsentiert sich die Idee vom Bauen in den Alpen. Die Realität sieht heute leider oft anders aus: Grosse Hotelbauten, gesichtslose Riesenchalets mit mehreren Dutzend Wohnungen oder von Technokraten gestaltete Bergbahnstationen prägen die Architektur in den Bergen. Doch Ende der 80er-Jahre begannen zahlreiche Architekten in der Schweiz, eine Gegenposition einzunehmen.
Auf deren Spuren begaben sich die Autoren Reto Westermann und Üsé Meyer. Ihr Buch «Architektur erwandern» führt zu 42 Beispielen zeitgenössischer Architektur in der alpinen Landschaft – vom Wallis bis ins Engadin und vom Jura bis ins Tessin. Wie sich die Bauten erwandern lassen, haben die beiden Autoren akribisch zusammengetragen. Mit vielen Fotos, kleinen Bauplänen, Kartenausschnitten, Tourenprofilen und praktischen Hinweisen ist die Publikation sorgfältig gestaltet.
Der Bildband führt seine ebenso wander-wie architekturbegeisterten Leser zu Fuss langsam an die Objekte heran und lässt ihnen genügend Zeit, sich mit den Gebäuden und der Landschaft auseinanderzusetzen. Die ausgewählten Bauwerke reichen vom einfachen Ferienhaus auf der Rigi bis zur weltbekannten Monte-Rosa-Hütte oberhalb von Zermatt. Die Touren decken im Schwierigkeitsgrad sämtliche Bereiche vom gemächlichen Winterspaziergang über eine einfache Zweitageswanderung bis hin zur Hochgebirgswanderung ab.
Trendsetter aus dem Tessin und Graubünden
Der Band versammelt die bekannten Juwelen zeitgenössischer Architektur wie Mario Bottas Kapelle Santa Maria degli Angeli auf dem Monte Tamaro, mehr begehbare Skulptur als klassisches Gotteshaus. Der Sakralbau lässt sich in rund fünf Stunden vom Monte Lema aus in einer Gratwanderung mit Aussicht auf den Lago Maggiore und den Luganersee erreichen.
Von ähnlichem Weltruhm ist Peter Zumthors Therme in Vals. Der Basler Architekturstar sorgte als einer der Ersten für Furore in Graubünden, einem Kanton, in dem der Tourismus-Boom der Nachkriegszeit besonders starke Spuren und damit auch zahlreiche gesichtslose Bauten hinterliess. Zumthors Badehöhle kann in fast acht Stunden Gehzeit von Vrin aus erreicht werden – eine lange Wanderung über steil abfallende Wiesen, schroffe Felsen und kleine Schneefelder.
Die Bündner Beispiele haben in den letzten Jahren Schule gemacht. 2008 beispielsweise eröffnete die Anenhütte auf der Gugginalp im Wallis. Die Bremgartner Architekten Peter und Prisca Tscherrig bauten im hintersten Lötschental eine moderne Unterkunft, die einem grossen Felsblock gleicht und im Inneren nicht nur Mehrbettzimmer, sondern gar zwei Suiten aufweist. Um auf fast 2500 Meter über Meer saunieren zu können, muss man rund 4,5 Stunden ab der Fafleralp einrechnen – Trittsicherheit wird vorausgesetzt.
Im Kanton Bern wiederum steht das 2002 errichtete Berghaus Niesen. Der Bau des Berner Architekturbüros Aebi & Vincent – in drei gemütlichen Stunden zu erreichen – ist fast rundum verglast und wirkt so leicht und schwebend. Der Neubau ergänzt das 1856 erbaute Berghaus und steht mit seinen klaren geometrischen Formen im Kontrast zum schweren Walmdach des Hauses, aber auch zur natürlichen Berglandschaft.
Hüttenzauber im Kanton Luzern
Der Band lädt auch zu kleineren Entdeckungen ein: So überrascht im Kanton Luzern auf dem Jakobsweg bei Willisau ein moderner Holzpavillon. Der mehrfach ausgezeichnete Bau aus der Feder des Luzerner Architekturbüros CAS Chappuis Aregger Solèr bietet rastenden Pilgern ganz zeitgemäss Schutz vor der Witterung. Der Waldpavillon ist eine erfrischende Variante der klassischen Hüttenarchitektur: Holzscheite wurden zu Wandscheiben aufgeschichtet und mit schmalen Stahlprofilen umfasst. Das filigrane Flachdach scheint – auf schlanken Stützen ruhend – über den Wänden zu schweben.
Bau von Weltruhm oder Trouvaille: Allen Bauten gemein ist, dass sie keine anbiedernden Chaletbauten sind, die eine verklärte Vergangenheit evozieren. Vielmehr verkörpern sie eigenständige Objekte mit einer modernen Architektursprache, die regionale Traditionen neu interpretieren.
[ «Architektur erwandern», Reto Westermann/Üsé Meyer, Werd Verlag 2019, 268 Seiten, ca. 49 Franken ]
Auf deren Spuren begaben sich die Autoren Reto Westermann und Üsé Meyer. Ihr Buch «Architektur erwandern» führt zu 42 Beispielen zeitgenössischer Architektur in der alpinen Landschaft – vom Wallis bis ins Engadin und vom Jura bis ins Tessin. Wie sich die Bauten erwandern lassen, haben die beiden Autoren akribisch zusammengetragen. Mit vielen Fotos, kleinen Bauplänen, Kartenausschnitten, Tourenprofilen und praktischen Hinweisen ist die Publikation sorgfältig gestaltet.
Der Bildband führt seine ebenso wander-wie architekturbegeisterten Leser zu Fuss langsam an die Objekte heran und lässt ihnen genügend Zeit, sich mit den Gebäuden und der Landschaft auseinanderzusetzen. Die ausgewählten Bauwerke reichen vom einfachen Ferienhaus auf der Rigi bis zur weltbekannten Monte-Rosa-Hütte oberhalb von Zermatt. Die Touren decken im Schwierigkeitsgrad sämtliche Bereiche vom gemächlichen Winterspaziergang über eine einfache Zweitageswanderung bis hin zur Hochgebirgswanderung ab.
Trendsetter aus dem Tessin und Graubünden
Der Band versammelt die bekannten Juwelen zeitgenössischer Architektur wie Mario Bottas Kapelle Santa Maria degli Angeli auf dem Monte Tamaro, mehr begehbare Skulptur als klassisches Gotteshaus. Der Sakralbau lässt sich in rund fünf Stunden vom Monte Lema aus in einer Gratwanderung mit Aussicht auf den Lago Maggiore und den Luganersee erreichen.
Von ähnlichem Weltruhm ist Peter Zumthors Therme in Vals. Der Basler Architekturstar sorgte als einer der Ersten für Furore in Graubünden, einem Kanton, in dem der Tourismus-Boom der Nachkriegszeit besonders starke Spuren und damit auch zahlreiche gesichtslose Bauten hinterliess. Zumthors Badehöhle kann in fast acht Stunden Gehzeit von Vrin aus erreicht werden – eine lange Wanderung über steil abfallende Wiesen, schroffe Felsen und kleine Schneefelder.
Die Bündner Beispiele haben in den letzten Jahren Schule gemacht. 2008 beispielsweise eröffnete die Anenhütte auf der Gugginalp im Wallis. Die Bremgartner Architekten Peter und Prisca Tscherrig bauten im hintersten Lötschental eine moderne Unterkunft, die einem grossen Felsblock gleicht und im Inneren nicht nur Mehrbettzimmer, sondern gar zwei Suiten aufweist. Um auf fast 2500 Meter über Meer saunieren zu können, muss man rund 4,5 Stunden ab der Fafleralp einrechnen – Trittsicherheit wird vorausgesetzt.
Im Kanton Bern wiederum steht das 2002 errichtete Berghaus Niesen. Der Bau des Berner Architekturbüros Aebi & Vincent – in drei gemütlichen Stunden zu erreichen – ist fast rundum verglast und wirkt so leicht und schwebend. Der Neubau ergänzt das 1856 erbaute Berghaus und steht mit seinen klaren geometrischen Formen im Kontrast zum schweren Walmdach des Hauses, aber auch zur natürlichen Berglandschaft.
Hüttenzauber im Kanton Luzern
Der Band lädt auch zu kleineren Entdeckungen ein: So überrascht im Kanton Luzern auf dem Jakobsweg bei Willisau ein moderner Holzpavillon. Der mehrfach ausgezeichnete Bau aus der Feder des Luzerner Architekturbüros CAS Chappuis Aregger Solèr bietet rastenden Pilgern ganz zeitgemäss Schutz vor der Witterung. Der Waldpavillon ist eine erfrischende Variante der klassischen Hüttenarchitektur: Holzscheite wurden zu Wandscheiben aufgeschichtet und mit schmalen Stahlprofilen umfasst. Das filigrane Flachdach scheint – auf schlanken Stützen ruhend – über den Wänden zu schweben.
Bau von Weltruhm oder Trouvaille: Allen Bauten gemein ist, dass sie keine anbiedernden Chaletbauten sind, die eine verklärte Vergangenheit evozieren. Vielmehr verkörpern sie eigenständige Objekte mit einer modernen Architektursprache, die regionale Traditionen neu interpretieren.
[ «Architektur erwandern», Reto Westermann/Üsé Meyer, Werd Verlag 2019, 268 Seiten, ca. 49 Franken ]
Für den Beitrag verantwortlich: TagesAnzeiger
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