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Wohnen auf der Schuhschachtel
Der Standard

Eingeschoßige Supermärkte inmitten von Parkplätzen sind zumindest im städtischen Umfeld out. Stattdessen werden über Einkaufsflächen Wohnungen gestapelt. Ein solches Projekt befindet sich in Wien nun in Bau.

21. September 2020 - Franziska Zoidl
Gut Ding braucht Weile. Das gilt nicht nur, aber besonders in der Immobranche, wo vom ersten Entwurf bis zum fertigen Gebäude viele, viele Winter ins Land ziehen können. Ein Projekt der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft EBG hat der damalige Wiener Planungsstadtrat Christoph Chorherr, damals noch Mitglied der Grünen, schon 2015 vorgestellt: In der Zschokkegasse im 22. Wiener Gemeindebezirk sollte statt eines ursprünglich geplanten eingeschoßigen Supermarkts inmitten eines Parkplatzes – von Kritikern werden solche Konstrukte auch Schuhschachteln genannt – etwas Neues entstehen. Der Lidl-Supermarkt und das angrenzende Parkdeck sollten mit 65 Sozialwohnungen überbaut werden. Und viele weitere Projekte sollten folgen.

Dann wurde es still um das Projekt. Nun, fünf Jahre später, tut sich etwas in der Donaustadt. Vor wenigen Tagen erfolgte der Baustart. Einige Bäume und Sträucher auf dem Grundstück wurden zuvor gerodet, nun fahren die Bagger auf. Der Termin für einen offiziellen Spatenstich mit Vertretern der Politik wird folgen, berichtet EBG-Geschäftsführer Martin Orner.

Änderungen nötig

Warum bis zum Auffahren der Bagger so viel Zeit verging, erklärt er mit einem zuvor noch nötigen Widmungs- und einem Anrainerverfahren. Das sei ganz normal und nicht projektspezifisch. Und weil so viel Zeit verstrichen war, mussten dann die Verträge mit dem Diskonter Lidl auch noch neu angepasst werden. Dass der Supermarkt im Erdgeschoß einzieht, ist zumindest nach wie vor fix.

Änderungen hat es in der Zwischenzeit beim Projekt aber schon gegeben: Die Holzfassade, die auf den Visualisierungen von 2015 noch zu sehen war, ist mittlerweile verschwunden, „aus Kostengründen“, wie Orner sagt: „Durch die Verzögerung sind die Baukosten so gestiegen, dass wir umplanen mussten.“

Schon jetzt ist klar: Die Wohnungen werden heißbegehrt sein. Die Voranmeldung für die Wohnungen in der Zschokkegasse ist auf der Website des Bauträgers schon seit Jahren nicht mehr möglich. „Bei 3000 haben wir die Anmeldung geschlossen“, sagt Orner. Zwar werden in der Zwischenzeit viele Interessenten von damals anderweitig eine Wohnung gefunden haben. Über leerstehende Wohnungen wird sich der Bauträger aber wohl dennoch keine Sorgen machen müssen.

Projekte wie jenes in der Zschokkegasse sind in Wien noch rar gesät. Ähnliches hat der Entwickler Palmers Immobilien in der Tivoligasse in Wien-Meidling vor, wo ebenfalls ein Lidl-Supermarkt mit Wohnungen überbaut werden soll. Dort gab es aber zuletzt Proteste durch Anrainer. Der Bezirk wünschte sich daraufhin Änderungen des Entwurfs. Nun steht man kurz vor einem Termin für die Bauverhandlung.

Weitere Projekte

Dass der Mix aus Wohnen und Einkaufen durchaus funktionieren kann, zeigt das Auhofcenter in Wien-Penzing. Hier errichtete 2015 der gemeinnützige Bauträger WBV-GPA 71 leistbare Wohnungen, die rund um einen ruhigen Innenhof auf dem Dach des Shoppingcenters angeordnet sind. Weitere ähnliche Projekte sind beim Bauträger EBG, der nun in der Zschokkegasse baut, aktuell indes keine geplant.

Aber was nicht ist, kann noch werden: „Wir wollen das natürlich schon machen“, sagt Geschäftsführer Orner dazu. Denn am freien Markt sei es mittlerweile sehr schwierig für Gemeinnützige, an Grundstücke zu kommen, die gefördertes Wohnen überhaupt zulassen. Zumindest theoretisch gibt es jedenfalls noch viel Platz auf den heimischen Supermärkten.

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