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„Design ist etwas, was man tut“
Das Zitat von Charles Eames aus dem Jahre 1941 erklärt viel, viel über Design und noch mehr über Eames. Einen Ausschnitt von dem, was die Eheleute Eames alles taten, gibt es ab 11. Juni in Linz zu sehen
4. Juni 1999 - Michael Hausenblas
Die Eames gehören zu den ganz ganz Großen. Es gibt zwar eine ansehnliche Zahl großer Designer, aber die Eames - die sind wahre Riesen, und gäbe es einen Titel im Design zu gewinnen, sie wären die Champs, die Weltmeister, und den Nobelpreis für Design hätten sie bestimmt auch abgestaubt.
Die Eames, das sind und waren ab 1941 Mr. Charles und Mrs. Ray Eames. Es ist in ihrem Falle schwierig, die richtige Zeitform zu finden: Auf der einen Seite werken sie längst fleißig im Designerhimmel, auf der anderen Seite schaffen es die beiden Erfindungsgeister, aktiv am Diesseits mitzuwirken. Wir sitzen (leider viel zu selten) in ihren Stühlen, bewundern ihre Architektur, wir staunen über ihre Filme, und da ist diese Sehnsucht nach Problemlösungen aus dem Hause Eames, jetzt, im Angesicht des dritten Jahrtausends.
Charles Eames wurde 1907 in St. Louis geboren, brach sein Architekturstudium ab, eröffnete 1930 ein eigenes Büro und entwarf zehn Jahre später im Rahmen eines Stipendiums gemeinsam mit Eero Saarinen eine bedeutende Serie von Sitzen aus gebogenem Schichtholz.
Verformtes Sperrholz war es auch bei einem der bekanntesten Eames-Stücke, dem Lounge Chair, einem „Denkmal der Freundschaft zu Billy Wilder“, wie die Designer den Klassiker einmal nannten. Der Regisseur litt in jenen Tagen angeblich ständig unter Rückenschmerzen, und kein Möbel konnte diese Qualen lindern - bis der Lounge Chair erfunden wurde: Der Legende nach schlief Wilder nach anfänglichem, hektischem Hin- und Herrutschen bald zufrieden in den schwarzen Lederpolstern dieses Traummöbels ein.
Lang vorher aber, und das war eine wahre Sternstunde, begegneten sich Charles und Ray. Die beiden zündeten den definitiven Urknall des Eamesschen Universums, dessen Sterne und Planeten zu wahren Meisterwerken der Gestaltung wurden. Ray, die eine Ausbildung in Malerei absolvierte, ergänzte diesen Kosmos außerdem mit zahlreichen Skulpturen und Zeichnungen.
Das Ehepaar Eames war Teil jener Bewegung, der es damals auch darum ging, Kriegsheimkehrern ein erschwingliches Zuhause zu bieten. Im Rahmen eines Architekturwettbewerbs wurden die Teilnehmer aufgefordert, sich mit den Problemen von Einfamilienhäusern und Wohnungen zu beschäftigen. Dabei sollte auch die Vielfalt an neuen Materialien und Technologien, die nach dem Krieg auf eine sinnvolle Verarbeitung warteten, verwendet werden. Die Fassade des Eames-Hauses war ein Stahlfachwerk aus farbigen Paneelen und erinnerte an das Werk Piet Mondrians. Leider blieb das Haus ein Prototyp, der nie in Serie ging.
Auch die Filme der beiden widmen sich vielen verschiedene Themen, unter anderem der Wissenschaft, Dingen wie dem Kreisel, der Industrie und Werbung, aber auch der Unterhaltung. So leitete Charles das zweite Aufnahmeteam des Wilder-Films „The Spirit of St. Louis“, in dem James Stewart alias Charles Lindbergh mit einer Fliege den Atlantik überquert.
Ein Eames-Ausspruch macht seinen Kosmos besonders gut begreifbar: „Bedürfnisse erkennen zu können ist die Hauptvoraussetzung für die praktische Arbeit des Designers.“ Bei diesem „Erkennenkönnen“ ging das sogenannte Eames Office so weit, daß sie etwa für den Entwurf eines Fischerei- zentrums und Aquariums selbst versuchten, Meerestiere zu halten. Es entstand sogar ein kleiner Film über einen Tintenfisch, der zum Dauergast ihres Büros in Kalifornien wurde.
Wer jetzt das durchaus nachvollziehbare Bedürfnis verspürt, sich auf einem Lounge Chair niederzulassen, aber nicht zu den Besitzern eines solchen Meisterwerks zählt, muß sich wohl auf den Weg nach Linz machen.
[ Die Ausstellung „Charles und Ray Eames“ zeigt Arbeiten aus dem Bereich Möbeldesign von den ersten Experimenten mit Schichtholz, Fieberglas und Draht bis hin zu den Objekten Aluminium und Lounge Chair. Sie ist von 11. Juni bis 2. Juli 1999 im Architekturforum Oberösterreich, Bernaschekplatz 5, Linz, zu sehen. ]
Die Eames, das sind und waren ab 1941 Mr. Charles und Mrs. Ray Eames. Es ist in ihrem Falle schwierig, die richtige Zeitform zu finden: Auf der einen Seite werken sie längst fleißig im Designerhimmel, auf der anderen Seite schaffen es die beiden Erfindungsgeister, aktiv am Diesseits mitzuwirken. Wir sitzen (leider viel zu selten) in ihren Stühlen, bewundern ihre Architektur, wir staunen über ihre Filme, und da ist diese Sehnsucht nach Problemlösungen aus dem Hause Eames, jetzt, im Angesicht des dritten Jahrtausends.
Charles Eames wurde 1907 in St. Louis geboren, brach sein Architekturstudium ab, eröffnete 1930 ein eigenes Büro und entwarf zehn Jahre später im Rahmen eines Stipendiums gemeinsam mit Eero Saarinen eine bedeutende Serie von Sitzen aus gebogenem Schichtholz.
Verformtes Sperrholz war es auch bei einem der bekanntesten Eames-Stücke, dem Lounge Chair, einem „Denkmal der Freundschaft zu Billy Wilder“, wie die Designer den Klassiker einmal nannten. Der Regisseur litt in jenen Tagen angeblich ständig unter Rückenschmerzen, und kein Möbel konnte diese Qualen lindern - bis der Lounge Chair erfunden wurde: Der Legende nach schlief Wilder nach anfänglichem, hektischem Hin- und Herrutschen bald zufrieden in den schwarzen Lederpolstern dieses Traummöbels ein.
Lang vorher aber, und das war eine wahre Sternstunde, begegneten sich Charles und Ray. Die beiden zündeten den definitiven Urknall des Eamesschen Universums, dessen Sterne und Planeten zu wahren Meisterwerken der Gestaltung wurden. Ray, die eine Ausbildung in Malerei absolvierte, ergänzte diesen Kosmos außerdem mit zahlreichen Skulpturen und Zeichnungen.
Das Ehepaar Eames war Teil jener Bewegung, der es damals auch darum ging, Kriegsheimkehrern ein erschwingliches Zuhause zu bieten. Im Rahmen eines Architekturwettbewerbs wurden die Teilnehmer aufgefordert, sich mit den Problemen von Einfamilienhäusern und Wohnungen zu beschäftigen. Dabei sollte auch die Vielfalt an neuen Materialien und Technologien, die nach dem Krieg auf eine sinnvolle Verarbeitung warteten, verwendet werden. Die Fassade des Eames-Hauses war ein Stahlfachwerk aus farbigen Paneelen und erinnerte an das Werk Piet Mondrians. Leider blieb das Haus ein Prototyp, der nie in Serie ging.
Auch die Filme der beiden widmen sich vielen verschiedene Themen, unter anderem der Wissenschaft, Dingen wie dem Kreisel, der Industrie und Werbung, aber auch der Unterhaltung. So leitete Charles das zweite Aufnahmeteam des Wilder-Films „The Spirit of St. Louis“, in dem James Stewart alias Charles Lindbergh mit einer Fliege den Atlantik überquert.
Ein Eames-Ausspruch macht seinen Kosmos besonders gut begreifbar: „Bedürfnisse erkennen zu können ist die Hauptvoraussetzung für die praktische Arbeit des Designers.“ Bei diesem „Erkennenkönnen“ ging das sogenannte Eames Office so weit, daß sie etwa für den Entwurf eines Fischerei- zentrums und Aquariums selbst versuchten, Meerestiere zu halten. Es entstand sogar ein kleiner Film über einen Tintenfisch, der zum Dauergast ihres Büros in Kalifornien wurde.
Wer jetzt das durchaus nachvollziehbare Bedürfnis verspürt, sich auf einem Lounge Chair niederzulassen, aber nicht zu den Besitzern eines solchen Meisterwerks zählt, muß sich wohl auf den Weg nach Linz machen.
[ Die Ausstellung „Charles und Ray Eames“ zeigt Arbeiten aus dem Bereich Möbeldesign von den ersten Experimenten mit Schichtholz, Fieberglas und Draht bis hin zu den Objekten Aluminium und Lounge Chair. Sie ist von 11. Juni bis 2. Juli 1999 im Architekturforum Oberösterreich, Bernaschekplatz 5, Linz, zu sehen. ]
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