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Einlassen auf das Werk von Rudolf Wäger
Einlassen auf das Werk von Rudolf Wäger © Darko Todorovic
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Rudolf Wäger ist eine Ausnahmefigur in Österreichs Architekturlandschaft. Seine Bauten sind aus der sogenannten Vorarlberger Bauschule nicht wegzudenken. Längst überfällig war die Monografie über den Baukünstler, die eine wesentliche Grundlage für die Ausstellung im vai Vorarlberger Architektur Institut in Dornbirn darstellt. Wägers vielbeachtetes Pionierwerk – klug konzipiert, maßvoll und perfekt in Planung und Ausführung – mit einer Vielzahl an kostengünstigen Einfamilienhäusern, heute noch wegweisenden Wohnanlagen und vor allem Reihenhäusern von Errichtergemeinschaften, prägte die Vorarlberger Baukultur nachhaltig. Als es den Begriff Baugruppe noch lange nicht gab, fanden sich schon Anfang der 1970er Jahre engagierte Bauwillige zusammen und realisierten die Siedlung Ruhwiesen in Schlins. Die Reihenhausanlage wurde vom großen Architekturpublizisten Friedrich Achleitner als „ein wesentlicher Beitrag zur Lösung des Wohnproblems mit geringen Mitteln in ländlicher Situation“ gepriesen. Und auch das als Ikone geltende Würfelhaus, 1965 geplant und erbaut, „könnte man einen Schlüsselbau für Vernunft im Wohnbau nennen: optimale Raumausnutzung und billige, jedoch gediegene Konstruktion, die einen großen Anteil von Eigenleistung erlaubt“, stellt dieser im Standardwerk „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ fest.

Die drei KuratorInnen – Martina Pfeifer Steiner und Marina Hämmerle, gleichzeitig Autorinnen, sowie Markus Gohm, Fotografien – schöpfen nach zwei Jahren intensiver Recherche und tiefgründiger Verarbeitung des Materials aus dem Nachlass, der vom Az W Architekturzentrum Wien verwaltet wird, den zahlreichen Gesprächen, Reportagen, Interviews aus dem Vollen. Rudolf Wäger hat in seinem letzten Lebensjahr ebenfalls an Konzept und Gewichtung der Bauwerke mitgewirkt. Doch wie gelingt die Transformation der Vermittlung des Lebenswerks von einer umfassenden Publikation in eine kurzweilige, charakteristische, erlebbare Ausstellung? Die BesucherInnen dürfen sich einlassen, treiben lassen, dorthin wo der Blick hängen bleibt. Die Ausstellung lässt in fragmentarisch angedeuteten Raumsequenzen und großformatigen Fotografien die konstruktiven und räumlichen Ansätze Wägers atmosphärisch nachvollziehen. Bilder lösen Emotionen aus: ein Wohnraum mit massivem rotgekacheltem Ofen, die klare Schichtung bis zur Treppe spürbar; Hochformate die den Betrachter in die Zimmerflucht treten lassen, staunend über die Lichtführung; ein Außenblick der sich auf das Gebäudeensemble richtet. Jeder Positions- ein neuer Perspektivenwechsel.

Wertig inszeniert sind auch die Kleinplastiken: „Also angefangen habe ich mit den Skulpturen vor der Architektur. Bevor ich je ein Haus baute, habe ich schon Figuren gemacht“, sagt Rudolf Wäger im Filmportrait des vorarlberg museum, das gemütlich im dem letzten Haus in Übersaxen nachempfundenen Wohnbereich nachgeschaut werden kann. Zitate wie diese finden sich auch verstreut an den Wänden appliziert. Ein weiteres Kapitel in der Ausstellung ist die umlaufende Plänegalerie. Die Wäger’schen Grundrisse zu betrachten ist ein Genuss und Erläuterungen zu seinen Häusern begannen immer mit: „das sieht man genau im Grundriss ...“. Der Häuserteppich mit chronologisch gereihten, verfügbaren Foto-Miniaturen gibt zudem einen aufschlussreichen Überblick der insgesamt 120 Bauten des Baukünstlers und ein auf Video festgehaltenes Interview mit Rudolf Wäger sowie das 2018 ausgestrahlte Österreichbild über die Pionierleistungen der Neuen Vorarlberger Bauschule ergänzen diese Eindrücke. Einfach einlassen, und wer noch mehr erfahren will, vertieft sich in die Monografie „Rudolf Wäger. Baukünstler. 1941–2019“.

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