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Club der vier Architekten
6. Juli 2021 - Martina Pfeifer Steiner
Es trifft sich gut, dass diesen Sommer eine Erkundungstour zu Bauten der Protagonisten der Neuen Vorarlberger Bauschule so komfortabel und konzentriert in zwei Kulturhäusern abgehandelt wird: in Dornbirn im vai – Rudolf Wäger – und in Bregenz im Vorarlberg Museum – Karl Sillaber und C4 Architekten. Club der vier (= C4) nannten sie sich und gemeint waren Max Fohn, Helmut Pfanner, Karl Sillaber und Friedrich Wengler. 1960 nahmen Fohn/Sillaber, die jungen Absolventen der Technischen Hochschule Graz, am Architekturwettbewerb zum Neubau der Volksschule Nüziders teil und gewannen ex aequo mit Pfanner/Wengler, die einander von der Staatsgewerbeschule in Innsbruck kannten, den zweiten Preis. Die Jury war von der gleichwertigen Qualität der Konzepte so überzeugt, dass sie den beiden Teams vorschlug, die Schule gemeinsam zu planen. Damit war C4 Architekten gegründet. Fohn, Sillaber und Pfanner arbeiteten in Bregenz, Wengler weiterhin von Innsbruck aus. Der Untertitel zur Ausstellung bzw. des gleichzeitig erscheinenden Katalogs lautet darum „Neues Bauen in Vorarlberg und Tirol. 1960–1979“ und beleuchtet ausschließlich die Bauten, die im Kollektiv der vier entstanden sind.
Erfolgsgeschichte
Als Schlüsselwerk des modernen Schulbaus in Vorarlberg gilt heute das Projekt in Nüziders, und die Erfolgsgeschichte von C4 nahm mit dem gleich anschließenden Gewinn des Wettbewerbs zur HAK/HAS Bregenz ihren Lauf. Der Schulbau bildet also den Hauptstrang in der Sonderausstellung im Vorarlberg Museum. Fünf Projekte veranschaulichen exemplarisch mit Architekturmodellen Entwicklung und Typologie: angefangen mit der kleinteiligen, eingeschoßigen Hofschule in Nüziders, über die großräumige HAK im urbanen Kontext, die als Gangschule konzipiert ist, die Pavillonschule in Lustenau-Hasenfeld, die Hauptschule in Nenzing, bei der C4 die gestaffelten Baukörper um einen Innenhof gruppieren, bis zum Hallentypus des Bundesgymnasiums in Feldkirch Anfang der 1970er Jahre. Die Kunsthistorikerin Ingrid Holzschuh – Kuratorin und Herausgeberin des Katalogbuchs – erzählt, dass Karl Sillaber des Öfteren in der Modellbauwerkstätte von Michael Rast, wo diese feinziselierten Miniaturen entstanden, vorbeischaute und auch sonst sehr aktiv beteiligt war, beim Ausforschen von Plänen, die in der Sammlung des Architekturzentrum Wien, das den Nachlass von C4 verwaltet, fehlten. Diese mussten allesamt neu gezeichnet werden. Dafür waren die Projekte mit historischen Aufnahmen durchwegs sehr gut dokumentiert.
Die Fotografien sind auch das Medium der Vermittlung – ganzseitig im Buch, als Blow-up-Bilder zwischen die Tischvitrinen geschoben in der Ausstellung. Die beschreibenden Texte stammen aus alten Zeitschriften wie „planen – bauen – wohnen“, „Der Aufbau“ oder „architektur aktuell“. Sind im Katalog die Bauwerke chronologisch dokumentiert, bilden sie in der Schau thematische Gruppen: Lernen in der Mittelachse und rundherum Arbeiten/Wohnen, Erholen/Bewegen und Verwalten/Pflegen mit den weniger bekannten Ein- und Mehrfamilienwohnhäusern, Büro- und Gewerbegebäuden, Frei- und Hallenbädern, Gemeindezentren, Rathaus sowie Krankenhaus, die in der gemeinsamen Schaffensperiode zwischen 1960 und 1979 in Vorarlberg und Tirol entstanden sind.
Beständige Qualitäten
Mit aktuellen Bildern der Fotografin Petra Rainer werden drei Projekte in den Fokus gerückt: Die Wohnsiedlung in der Bregenzer Amtstorstraße offenbart noch immer ihre Qualitäten. „Diese Reihenhaussiedlung folgt sowohl den Schichten (= Krümmung) des Hanges als auch der Mulde im Gelände. Dadurch wird nicht nur eine besondere Einbindung erreicht, sondern auch die visuelle Erfassbarkeit des langen Baukörpers“, lobte sie schon Friedrich Achleitner in seinem Standardwerk „Österreichische Architektur des 20. Jahrhunderts“. In der einen Hälfte des Doppelwohnhauses Fohn/Sillaber am steilen Pfänderhang wohnt heute der Sohn von Karl. Die Farbfotos zeigen die gestaffelten Sichtbetonkuben überwuchert mit üppigem Grün, was bereits im Entwurf bezüglich Kühlung Programm war. Und sie zeigen auch den Großvater mit seinen Enkeln in den im Split-Level versetzten Raumabfolgen. Die dritte Bildserie widmet sich der Volksschule Lustenau-Hasenfeld, deren den Klassen zugeordneten Lernhöfe heute noch genauso aussehen und funktionieren wie damals.
Karl Sillaber kommt auch ausführlich zu Wort. Es ist durchaus eine Bereicherung der monografischen Werkschau, dass die Gespräche der Az W Ausstellung „Vorarlberg – Ein Generationendialog“ noch einmal zugänglich werden. Diese Ausstellung wurde übrigens auch im vai gezeigt, dabei lässt die Kuratorin Sonja Pisarik die Pioniere (Purin, Wäger, Wratzfeld, C4) der 1960er Jahre Vorarlbergs in den Dialog treten mit den „Jungen“. Karl Sillabers GesprächspartnerInnen waren Matthias Hein, Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur sowie Helena Weber. Alle miteinander verbinden persönliche Bezüge, Engagement und Exkursionen mit der Zentralvereinigung der ArchitektInnen und vor allem eine große Wertschätzung für Person und Werk der jeweils anderen. Schön, dass diese Gespräche jetzt transkribiert im Buch nachzulesen und in der Ausstellung als Projektion nachzuschauen sind.
So bleibt noch das Vorwort der Az W Direktorin Angelika Fitz als Resümee zu zitieren: „Dieser erstmalige umfassende Einblick in das Werk von C4 macht Lust auf Architektur. Das Buch öffnet den Blick für überraschende Raumerlebnisse. Es lässt Material in seiner Ursprünglichkeit spürbar werden. Es zeigt wie Gebäude selbstbewusst und doch sensibel mit der Landschaft interagieren ... Selbst wenn neue Anforderungen an das Bauen dazugekommen sind, vor allem ökologische Fragen betreffend, so gibt es auch in dieser Hinsicht bei C4 noch viel wiederzuentdecken, wie ihre großartigen verdichteten Wohnformen, die bei äußerst sparsamem Bodenverbrauch die Qualitäten eines Einfamilienhauses aufnehmen, wenn nicht gar durch gemeinschaftliche Mehrwerte übertreffen.“
Erfolgsgeschichte
Als Schlüsselwerk des modernen Schulbaus in Vorarlberg gilt heute das Projekt in Nüziders, und die Erfolgsgeschichte von C4 nahm mit dem gleich anschließenden Gewinn des Wettbewerbs zur HAK/HAS Bregenz ihren Lauf. Der Schulbau bildet also den Hauptstrang in der Sonderausstellung im Vorarlberg Museum. Fünf Projekte veranschaulichen exemplarisch mit Architekturmodellen Entwicklung und Typologie: angefangen mit der kleinteiligen, eingeschoßigen Hofschule in Nüziders, über die großräumige HAK im urbanen Kontext, die als Gangschule konzipiert ist, die Pavillonschule in Lustenau-Hasenfeld, die Hauptschule in Nenzing, bei der C4 die gestaffelten Baukörper um einen Innenhof gruppieren, bis zum Hallentypus des Bundesgymnasiums in Feldkirch Anfang der 1970er Jahre. Die Kunsthistorikerin Ingrid Holzschuh – Kuratorin und Herausgeberin des Katalogbuchs – erzählt, dass Karl Sillaber des Öfteren in der Modellbauwerkstätte von Michael Rast, wo diese feinziselierten Miniaturen entstanden, vorbeischaute und auch sonst sehr aktiv beteiligt war, beim Ausforschen von Plänen, die in der Sammlung des Architekturzentrum Wien, das den Nachlass von C4 verwaltet, fehlten. Diese mussten allesamt neu gezeichnet werden. Dafür waren die Projekte mit historischen Aufnahmen durchwegs sehr gut dokumentiert.
Die Fotografien sind auch das Medium der Vermittlung – ganzseitig im Buch, als Blow-up-Bilder zwischen die Tischvitrinen geschoben in der Ausstellung. Die beschreibenden Texte stammen aus alten Zeitschriften wie „planen – bauen – wohnen“, „Der Aufbau“ oder „architektur aktuell“. Sind im Katalog die Bauwerke chronologisch dokumentiert, bilden sie in der Schau thematische Gruppen: Lernen in der Mittelachse und rundherum Arbeiten/Wohnen, Erholen/Bewegen und Verwalten/Pflegen mit den weniger bekannten Ein- und Mehrfamilienwohnhäusern, Büro- und Gewerbegebäuden, Frei- und Hallenbädern, Gemeindezentren, Rathaus sowie Krankenhaus, die in der gemeinsamen Schaffensperiode zwischen 1960 und 1979 in Vorarlberg und Tirol entstanden sind.
Beständige Qualitäten
Mit aktuellen Bildern der Fotografin Petra Rainer werden drei Projekte in den Fokus gerückt: Die Wohnsiedlung in der Bregenzer Amtstorstraße offenbart noch immer ihre Qualitäten. „Diese Reihenhaussiedlung folgt sowohl den Schichten (= Krümmung) des Hanges als auch der Mulde im Gelände. Dadurch wird nicht nur eine besondere Einbindung erreicht, sondern auch die visuelle Erfassbarkeit des langen Baukörpers“, lobte sie schon Friedrich Achleitner in seinem Standardwerk „Österreichische Architektur des 20. Jahrhunderts“. In der einen Hälfte des Doppelwohnhauses Fohn/Sillaber am steilen Pfänderhang wohnt heute der Sohn von Karl. Die Farbfotos zeigen die gestaffelten Sichtbetonkuben überwuchert mit üppigem Grün, was bereits im Entwurf bezüglich Kühlung Programm war. Und sie zeigen auch den Großvater mit seinen Enkeln in den im Split-Level versetzten Raumabfolgen. Die dritte Bildserie widmet sich der Volksschule Lustenau-Hasenfeld, deren den Klassen zugeordneten Lernhöfe heute noch genauso aussehen und funktionieren wie damals.
Karl Sillaber kommt auch ausführlich zu Wort. Es ist durchaus eine Bereicherung der monografischen Werkschau, dass die Gespräche der Az W Ausstellung „Vorarlberg – Ein Generationendialog“ noch einmal zugänglich werden. Diese Ausstellung wurde übrigens auch im vai gezeigt, dabei lässt die Kuratorin Sonja Pisarik die Pioniere (Purin, Wäger, Wratzfeld, C4) der 1960er Jahre Vorarlbergs in den Dialog treten mit den „Jungen“. Karl Sillabers GesprächspartnerInnen waren Matthias Hein, Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur sowie Helena Weber. Alle miteinander verbinden persönliche Bezüge, Engagement und Exkursionen mit der Zentralvereinigung der ArchitektInnen und vor allem eine große Wertschätzung für Person und Werk der jeweils anderen. Schön, dass diese Gespräche jetzt transkribiert im Buch nachzulesen und in der Ausstellung als Projektion nachzuschauen sind.
So bleibt noch das Vorwort der Az W Direktorin Angelika Fitz als Resümee zu zitieren: „Dieser erstmalige umfassende Einblick in das Werk von C4 macht Lust auf Architektur. Das Buch öffnet den Blick für überraschende Raumerlebnisse. Es lässt Material in seiner Ursprünglichkeit spürbar werden. Es zeigt wie Gebäude selbstbewusst und doch sensibel mit der Landschaft interagieren ... Selbst wenn neue Anforderungen an das Bauen dazugekommen sind, vor allem ökologische Fragen betreffend, so gibt es auch in dieser Hinsicht bei C4 noch viel wiederzuentdecken, wie ihre großartigen verdichteten Wohnformen, die bei äußerst sparsamem Bodenverbrauch die Qualitäten eines Einfamilienhauses aufnehmen, wenn nicht gar durch gemeinschaftliche Mehrwerte übertreffen.“
[ Der Text erschien in KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Juli/August 2021, http://www.kulturzeitschrift.at ]
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