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Was ist schon ein Schloss ohne Park?
Wo bleibt der Innovationsgeist? Anstatt benötigte Arbeitsplätze im Bestand von Schloss Droß unterzubringen, sollen im Park ein Neubau und Autoabstellplätze errichtet werden. Auftraggeber: die Bundesforste – in deren Leitbild das Bewahren von Natur- und Kulturgütern festgelegt ist.
27. Juni 2022 - Franziska Leeb
Nicht mit Holz, sondern mit Immobilien machen die Bundesforste die meisten Gewinne, ist im jüngsten Nachhaltigkeitsbericht zu erfahren. Gleich neben der Jubelmeldung über Rekordergebnisse aus Grundstücksverkäufen, Baurechtsvergaben und die Nachfrage nach Parkflächen – womit der Bedarf an Parkplätzen für Naturerlebnishungrige gemeint ist – fällt eine andere Notiz auf: Keine andere Region sei von den Folgen des Klimawandels so betroffen wie das Waldviertel. Trockenheit und steigende Temperaturen begünstigen, dass der Borkenkäfer den Namensgeber der Region zum Absterben bringt.
Dass das eine mit dem anderen in Zusammenhang steht, scheint angesichts eines Bauvorhabens in Droß ausgerechnet in jenem Unternehmen, das sich in seinem Leitbild als Bewahrer der ihm „anvertrauten Immobilien, Flächen, Natur- und Kulturgüter“ darstellt, noch nicht angekommen zu sein. Es ist kein Novum, dass die Versiegelung von Flächen und die von der Baubranche verursachten Treibhausgase maßgebliche Treiber der Klimakatastrophe sind.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Schlossanlage von Droß, wenige Kilometer nördlich von Krems, in den Besitz der Bundesforste. Mit Zustimmung des Bundesdenkmalamtes wurde 1975 das Schloss um 1,2 Millionen Schilling an private Käufer veräußert, die in Aussicht stellten, daraus ein Ambulatorium zu machen. Die Bundesforste behielten die Wirtschaftsgebäude und die zeitgleich mit dem barocken Ausbau des Schlosses angelegten Gartenanlagen. Historische Bilder und Pläne zeugen von einer in drei Terrassen angelegten, nach allen Regeln der barocken Gartenkunst gestalteten Anlage. Gemeinsam mit der sorgfältig restaurierten mittelalterlichen, als Aufbahrungshalle genutzten Schlosskapelle ein Ort von dichtester denkmalpflegerischer Bedeutung.
Um 3,5 Millionen Euro zu erwerben
Eine „sorgliche und vor Verwahrlosung schützende Hand“ war schon 1885 in der Topografie von Niederösterreich als Wunsch für Gebäude und Garten formuliert. Für Letzteren gibt es seit einem oberstgerichtlichen Beschluss von 1967, nach dem die gestaltete Natur vom Denkmalschutz ausgenommen wurde, wenig Handhabe, wie Gerd Pichler vom Bundesdenkmalamt erklärt. Immerhin wurden in jüngerer Vergangenheit der Meierhof sowie die baulichen Strukturen des Parks, also Schlossmauer, Wegesystem, zwei Brunnenbecken und Terrassierung, unter Schutz gestellt.
Zu spät für die unterste Terrasse, die ab den 2010er-Jahren mit Einfamilienhäusern bebaut wurde: innerhalb der aus diesem Grund durchbrochenen Schlossmauer auf Baurechtsgründen, außerhalb auf verkauften Parzellen. Das Schloss erhielt nie die beabsichtigte Nutzung. Schwer sanierungsbedürftig steht es aktuell um 3,5 Millionen Euro zum Verkauf. Zugleich lancieren die Bundesforste im Schlosspark einen Büroneubau, der den bisherigen Standort des Forstbetriebs Waldviertel-Voralpen in Gneixendorf ersetzen soll. Das dortige Gebäude sei in die Jahre gekommen und entspreche nicht mehr den Anforderungen, eine Sanierung sei „kostenseitig nicht zielführend“. Fünf Architekturbüros wurden im Frühjahr eingeladen, einen Vorentwurf für einen „energetisch hochwertigen“ Neubau in Massivholzbauweise auf einer nicht aufgeschlossenen Fläche im Park zu liefern – im am wenigsten attraktiven Teil, wie man versichert. Einen asphaltierten Autoabstellplatz für jeden der 20 Mitarbeiter braucht es auch, zudem Besucherparkplätze und eine Anbindung an die Straße.
Ist es in Zeiten wie diesen angebracht, einen Neubau in die grüne Wiese zu setzen, statt vorhandenen Bestand zu aktivieren? Von der Umnutzung der bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Meierhofes sei man abgekommen: zu kompliziert. Einen Neubau ins Meierhof-Areal zu integrieren wäre insofern problematisch, als hier die einzige Entwicklungsfläche für das Schloss sei, sollte dies jemals von einem Investor wachgeküsst werden. Im Mai haben die Projektanten ihre Entwürfe vorgestellt. Bis auf einen, der den Neubau beim Meierhof anordnete und daher ausgeschieden wurde, hielten sich alle an die Vorgabe und platzierten das Gebäude im Grünland. Beurteilt wurden die Beiträge von Mitarbeitern der Bundesforste. Ein Juryprotokoll, wie es in einem derart sensiblen Umfeld und einem im Besitz der Republik befindlichen Unternehmen aus Transparenzgründen erwartbar wäre, gibt es nicht. Darauf angesprochen, rudern die Bundesforste zurück.
Vergaberechtliche Mängel
Man prüfe derzeit diverse Möglichkeiten für einen Neubau des Betriebsgebäudes, eine Überlegung betreffe das Areal im Schlosspark, da land- und forstwirtschaftliche Betriebsstandorte im Grünland errichtet werden dürfen, teilt Unternehmenssprecherin Andrea Kaltenegger mit. „Architekt:innen wurden eingeladen, erste Ideen für eine mögliche Umsetzung zu entwickeln.“ Da man sich noch in der Entscheidungsfindungsphase befinde, wurde dezidiert kein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, daher auch keine Jury und kein Juryprotokoll. Aufgrund des geringen Projektvolumens von unter zwei Millionen Euro wäre dies rechtlich nicht notwendig, zudem unwirtschaftlich. Es wurde entschieden, mit dem ausgewählten Architekturbüro Hochform „nächste mögliche Entwicklungsschritte zu setzen und zu klären, ob und wie ein solches Bürostandort-Projekt sinnvoll umsetzbar“ sei. Man stehe in engem Austausch mit Bundesdenkmalamt und Gemeinde. Die Denkmalspfleger kennen das konkrete Projekt noch nicht und können daher keinerlei Aussagen dazu machen.
Die Bundesforste wären gut beraten gewesen, sich im Vorfeld bei der Ziviltechnikerkammer zu erkundigen. Die Auslobung des Verfahrens, das kein Wettbewerb sein will, aber zugleich die Leistungen „Generalplaner und Bauaufsicht“ ausschreibt, weise vergaberechtlich einige Mängel auf, so Heinz Priebernig vom für Niederösterreich zuständigen Wettbewerbsausschuss der Ziviltechnikerkammer. Je nach Auftragssumme hätte sie österreich- oder EU-weit angekündigt werden müssen. Spätestens dann wären die Defizite aufgefallen.
Vor fünf Jahren beschloss der Ministerrat die Baukulturellen Leitlinien des Bundes. Die darin definierten qualitätsorientierten, transparenten Abläufe für Vorbereitung, Planung und Umsetzung von Projekten scheinen bei den ausgegliederten Gesellschaften weniger im Vordergrund zu stehen als schnelle Erlöse. Als Staatsbürgerin erwarte ich mir von einer Aktiengesellschaft im Eigentum der Republik breitere Expertise und Innovationsgeist – von der Politik entsprechende Anweisungen. Unverständlich, warum für einen Betrieb, der über 4000 Bauten sein Eigen nennt, die Versiegelung neuer Flächen die erste Wahl ist. Traut man Architekt:innen nicht zu, 20 moderne Arbeitsplätze denkmalgerecht im Bestand unterzubringen?
Dass das eine mit dem anderen in Zusammenhang steht, scheint angesichts eines Bauvorhabens in Droß ausgerechnet in jenem Unternehmen, das sich in seinem Leitbild als Bewahrer der ihm „anvertrauten Immobilien, Flächen, Natur- und Kulturgüter“ darstellt, noch nicht angekommen zu sein. Es ist kein Novum, dass die Versiegelung von Flächen und die von der Baubranche verursachten Treibhausgase maßgebliche Treiber der Klimakatastrophe sind.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Schlossanlage von Droß, wenige Kilometer nördlich von Krems, in den Besitz der Bundesforste. Mit Zustimmung des Bundesdenkmalamtes wurde 1975 das Schloss um 1,2 Millionen Schilling an private Käufer veräußert, die in Aussicht stellten, daraus ein Ambulatorium zu machen. Die Bundesforste behielten die Wirtschaftsgebäude und die zeitgleich mit dem barocken Ausbau des Schlosses angelegten Gartenanlagen. Historische Bilder und Pläne zeugen von einer in drei Terrassen angelegten, nach allen Regeln der barocken Gartenkunst gestalteten Anlage. Gemeinsam mit der sorgfältig restaurierten mittelalterlichen, als Aufbahrungshalle genutzten Schlosskapelle ein Ort von dichtester denkmalpflegerischer Bedeutung.
Um 3,5 Millionen Euro zu erwerben
Eine „sorgliche und vor Verwahrlosung schützende Hand“ war schon 1885 in der Topografie von Niederösterreich als Wunsch für Gebäude und Garten formuliert. Für Letzteren gibt es seit einem oberstgerichtlichen Beschluss von 1967, nach dem die gestaltete Natur vom Denkmalschutz ausgenommen wurde, wenig Handhabe, wie Gerd Pichler vom Bundesdenkmalamt erklärt. Immerhin wurden in jüngerer Vergangenheit der Meierhof sowie die baulichen Strukturen des Parks, also Schlossmauer, Wegesystem, zwei Brunnenbecken und Terrassierung, unter Schutz gestellt.
Zu spät für die unterste Terrasse, die ab den 2010er-Jahren mit Einfamilienhäusern bebaut wurde: innerhalb der aus diesem Grund durchbrochenen Schlossmauer auf Baurechtsgründen, außerhalb auf verkauften Parzellen. Das Schloss erhielt nie die beabsichtigte Nutzung. Schwer sanierungsbedürftig steht es aktuell um 3,5 Millionen Euro zum Verkauf. Zugleich lancieren die Bundesforste im Schlosspark einen Büroneubau, der den bisherigen Standort des Forstbetriebs Waldviertel-Voralpen in Gneixendorf ersetzen soll. Das dortige Gebäude sei in die Jahre gekommen und entspreche nicht mehr den Anforderungen, eine Sanierung sei „kostenseitig nicht zielführend“. Fünf Architekturbüros wurden im Frühjahr eingeladen, einen Vorentwurf für einen „energetisch hochwertigen“ Neubau in Massivholzbauweise auf einer nicht aufgeschlossenen Fläche im Park zu liefern – im am wenigsten attraktiven Teil, wie man versichert. Einen asphaltierten Autoabstellplatz für jeden der 20 Mitarbeiter braucht es auch, zudem Besucherparkplätze und eine Anbindung an die Straße.
Ist es in Zeiten wie diesen angebracht, einen Neubau in die grüne Wiese zu setzen, statt vorhandenen Bestand zu aktivieren? Von der Umnutzung der bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Meierhofes sei man abgekommen: zu kompliziert. Einen Neubau ins Meierhof-Areal zu integrieren wäre insofern problematisch, als hier die einzige Entwicklungsfläche für das Schloss sei, sollte dies jemals von einem Investor wachgeküsst werden. Im Mai haben die Projektanten ihre Entwürfe vorgestellt. Bis auf einen, der den Neubau beim Meierhof anordnete und daher ausgeschieden wurde, hielten sich alle an die Vorgabe und platzierten das Gebäude im Grünland. Beurteilt wurden die Beiträge von Mitarbeitern der Bundesforste. Ein Juryprotokoll, wie es in einem derart sensiblen Umfeld und einem im Besitz der Republik befindlichen Unternehmen aus Transparenzgründen erwartbar wäre, gibt es nicht. Darauf angesprochen, rudern die Bundesforste zurück.
Vergaberechtliche Mängel
Man prüfe derzeit diverse Möglichkeiten für einen Neubau des Betriebsgebäudes, eine Überlegung betreffe das Areal im Schlosspark, da land- und forstwirtschaftliche Betriebsstandorte im Grünland errichtet werden dürfen, teilt Unternehmenssprecherin Andrea Kaltenegger mit. „Architekt:innen wurden eingeladen, erste Ideen für eine mögliche Umsetzung zu entwickeln.“ Da man sich noch in der Entscheidungsfindungsphase befinde, wurde dezidiert kein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, daher auch keine Jury und kein Juryprotokoll. Aufgrund des geringen Projektvolumens von unter zwei Millionen Euro wäre dies rechtlich nicht notwendig, zudem unwirtschaftlich. Es wurde entschieden, mit dem ausgewählten Architekturbüro Hochform „nächste mögliche Entwicklungsschritte zu setzen und zu klären, ob und wie ein solches Bürostandort-Projekt sinnvoll umsetzbar“ sei. Man stehe in engem Austausch mit Bundesdenkmalamt und Gemeinde. Die Denkmalspfleger kennen das konkrete Projekt noch nicht und können daher keinerlei Aussagen dazu machen.
Die Bundesforste wären gut beraten gewesen, sich im Vorfeld bei der Ziviltechnikerkammer zu erkundigen. Die Auslobung des Verfahrens, das kein Wettbewerb sein will, aber zugleich die Leistungen „Generalplaner und Bauaufsicht“ ausschreibt, weise vergaberechtlich einige Mängel auf, so Heinz Priebernig vom für Niederösterreich zuständigen Wettbewerbsausschuss der Ziviltechnikerkammer. Je nach Auftragssumme hätte sie österreich- oder EU-weit angekündigt werden müssen. Spätestens dann wären die Defizite aufgefallen.
Vor fünf Jahren beschloss der Ministerrat die Baukulturellen Leitlinien des Bundes. Die darin definierten qualitätsorientierten, transparenten Abläufe für Vorbereitung, Planung und Umsetzung von Projekten scheinen bei den ausgegliederten Gesellschaften weniger im Vordergrund zu stehen als schnelle Erlöse. Als Staatsbürgerin erwarte ich mir von einer Aktiengesellschaft im Eigentum der Republik breitere Expertise und Innovationsgeist – von der Politik entsprechende Anweisungen. Unverständlich, warum für einen Betrieb, der über 4000 Bauten sein Eigen nennt, die Versiegelung neuer Flächen die erste Wahl ist. Traut man Architekt:innen nicht zu, 20 moderne Arbeitsplätze denkmalgerecht im Bestand unterzubringen?
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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