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Blick zurück in die Zukunft
Schwedisches Design in Helsingborg
11. August 1999 - Irene Meier
Schwedisches Design war in den fünfziger Jahren stilbestimmend. Eine helle, leichte Wohnwelt in Holz und Stoffen wurde hier entwickelt, die sich wohltuend von den schweren Möbeln jener Zeit, aber auch von der kühlen Distanziertheit der Bauhaus-Möbel abhob. Bezeichnenderweise konnten sich die Möbel aus gebogenem Chromstahl auch später fast nur in Intellektuellenkreisen durchsetzen, die Möbel aus dem Norden hingegen sprachen sofort breite Schichten an. Massgeblich zur Verbreitung des nordischen und vorab des schwedischen Designs trug eine Ausstellung im südschwedischen Helsingborg bei. Die Schweden erinnern sich gerne an die legendäre «H55», die Musterzimmer zeigte, deren Einrichtungen noch immer Wohnqualität ausstrahlen. Zu Ende des Jahrhunderts haben sich nun verschiedene Unternehmen aus Schweden zusammengetan, um den damals richtungsweisenden Event mit heutigen Vorzeichen zu wiederholen.
Der Zeitpunkt ist nicht schlecht gewählt, verändert sich das Wohnen gegenwärtig doch in vieler Hinsicht. Wohn- und Arbeitsbereich werden zusammengelegt und verschmelzen so zu einer mehr oder weniger geglückten Einheit. Soll man dabei den Computer in einem geeigneten Möbel verstecken oder ganz selbstverständlich in die Wohnung integrieren? Antworten auf diese und andere Fragen versprach die «H99» in Helsingborg - und hält sie leider nicht. Ein weltweit operierendes schwedisches Möbelunternehmen war Hauptsponsor der Schau und versprach eine Reihe von innovativen Vorschlägen. Eine zukunftsträchtige Perspektive für ein Unternehmen, das zeitgemässe Möbel und Wohnaccessoires für wenig Geld zugänglich machen will. Doch was zukunftsweisend hätte sein sollen, entpuppte sich im Hey-Pavillon von Ikea als rückwärtsgewandte Phantasie eines Installationskünstlers älteren Jahrgangs. Wer will denn heute noch den Computer im Küchenschrank hinter geblümten Vorhängen verstecken und wer in einem unaufgeräumten Bad am PC arbeiten? Auch wenn einen die Ironie, die man hinter diesen Präsentationen vermuten kann, amüsiert, sind solch verstaubte Installationen - auch in künstlerischer Hinsicht - kaum von Interesse, geschweige denn von praktischem Nutzen. Vom schwedischen Möbelgiganten hätte man lieber pragmatische Vorschläge im Sinne des von ihm angepriesenen «demokratischen Designs» gesehen.
Direkt an die Ideale der «H55» knüpft die Jubiläumsschau zum schwedischen Design an, die in einem aus Originalmaterial rekonstruierten Pavillon aus dem Jahre 1955 stattfindet. Darin ist eine kleine Auswahl an Glaswaren und Porzellan zu sehen, die zusammen mit den Möbeln den nordischen Stil der fünfziger Jahre am besten repräsentieren. Aber auch ein Blick in die Zukunft wurde dem Besucher gewährt, durch den Ein- Mann-Helikopter von Mikael Edoff zum Beispiel, in dem der Pilot freischwebend in den Gurten hängt. Breiter einsetzbar ist wohl der scheibenförmige Staubsauger von Electrolux, der, individuell programmierbar, ohne menschliche Hilfe putzt. Die selbe Firma stellte einen futuristischen Kühlschrank vor, der seinen Inhalt selbständig verwaltet und via Internet Nachschub ordert. Hier immerhin war etwas von dem in der Vorschau zur «H99» versprochenen Blick in die Zukunft spürbar. Hübsch war auch die Idee, Inneneinrichter aus verschiedenen Ländern zur Ausstattung von sieben Wohnwagen einzuladen. Während die Schweden dem Miniraum eine optimale Wohnqualität verleihen wollten, richtete ihr italienischer Kollege den engen Raum einzig zum Espressotrinken und Pastaessen mit Freunden ein.
Rechtzeitig zur «H99» wurde auch die imposante Neuüberbauung des Hafenviertels Norra Hamnen fertiggestellt. Musterwohnungen in den Bauten verschiedener schwedischer Architekturbüros aus Göteborg, Helsingborg, Malmö und Stockholm sowie des bekannten dänischen Architektenteams Tegnestuen Vandkunsten aus Kopenhagen sind Teil der «H99». Die Wohnanlage samt Restaurants, Ateliers und Park befindet sich auf dem Gelände der «H99». Die meisten Wohnungen der lichten Überbauung mit viel Glas sind bereits bezogen. So werden ihre Bewohner, die sich in diesen Sommertagen gerne in den luftigen Veranden mit Blick auf das Meer und die Küste Dänemarks aufhalten, automatisch Teil der Ausstellung. Die eher behäbigen Möbel in den verglasten Balkonen kontrastieren mit der Möblierung der Musterwohnung. Die dänische Stadt Helsingör auf der anderen Seite des Öresunds beteiligt sich mit kleinen ergänzenden Ausstellungen an der «H99». (Bis 29. August)
Der Zeitpunkt ist nicht schlecht gewählt, verändert sich das Wohnen gegenwärtig doch in vieler Hinsicht. Wohn- und Arbeitsbereich werden zusammengelegt und verschmelzen so zu einer mehr oder weniger geglückten Einheit. Soll man dabei den Computer in einem geeigneten Möbel verstecken oder ganz selbstverständlich in die Wohnung integrieren? Antworten auf diese und andere Fragen versprach die «H99» in Helsingborg - und hält sie leider nicht. Ein weltweit operierendes schwedisches Möbelunternehmen war Hauptsponsor der Schau und versprach eine Reihe von innovativen Vorschlägen. Eine zukunftsträchtige Perspektive für ein Unternehmen, das zeitgemässe Möbel und Wohnaccessoires für wenig Geld zugänglich machen will. Doch was zukunftsweisend hätte sein sollen, entpuppte sich im Hey-Pavillon von Ikea als rückwärtsgewandte Phantasie eines Installationskünstlers älteren Jahrgangs. Wer will denn heute noch den Computer im Küchenschrank hinter geblümten Vorhängen verstecken und wer in einem unaufgeräumten Bad am PC arbeiten? Auch wenn einen die Ironie, die man hinter diesen Präsentationen vermuten kann, amüsiert, sind solch verstaubte Installationen - auch in künstlerischer Hinsicht - kaum von Interesse, geschweige denn von praktischem Nutzen. Vom schwedischen Möbelgiganten hätte man lieber pragmatische Vorschläge im Sinne des von ihm angepriesenen «demokratischen Designs» gesehen.
Direkt an die Ideale der «H55» knüpft die Jubiläumsschau zum schwedischen Design an, die in einem aus Originalmaterial rekonstruierten Pavillon aus dem Jahre 1955 stattfindet. Darin ist eine kleine Auswahl an Glaswaren und Porzellan zu sehen, die zusammen mit den Möbeln den nordischen Stil der fünfziger Jahre am besten repräsentieren. Aber auch ein Blick in die Zukunft wurde dem Besucher gewährt, durch den Ein- Mann-Helikopter von Mikael Edoff zum Beispiel, in dem der Pilot freischwebend in den Gurten hängt. Breiter einsetzbar ist wohl der scheibenförmige Staubsauger von Electrolux, der, individuell programmierbar, ohne menschliche Hilfe putzt. Die selbe Firma stellte einen futuristischen Kühlschrank vor, der seinen Inhalt selbständig verwaltet und via Internet Nachschub ordert. Hier immerhin war etwas von dem in der Vorschau zur «H99» versprochenen Blick in die Zukunft spürbar. Hübsch war auch die Idee, Inneneinrichter aus verschiedenen Ländern zur Ausstattung von sieben Wohnwagen einzuladen. Während die Schweden dem Miniraum eine optimale Wohnqualität verleihen wollten, richtete ihr italienischer Kollege den engen Raum einzig zum Espressotrinken und Pastaessen mit Freunden ein.
Rechtzeitig zur «H99» wurde auch die imposante Neuüberbauung des Hafenviertels Norra Hamnen fertiggestellt. Musterwohnungen in den Bauten verschiedener schwedischer Architekturbüros aus Göteborg, Helsingborg, Malmö und Stockholm sowie des bekannten dänischen Architektenteams Tegnestuen Vandkunsten aus Kopenhagen sind Teil der «H99». Die Wohnanlage samt Restaurants, Ateliers und Park befindet sich auf dem Gelände der «H99». Die meisten Wohnungen der lichten Überbauung mit viel Glas sind bereits bezogen. So werden ihre Bewohner, die sich in diesen Sommertagen gerne in den luftigen Veranden mit Blick auf das Meer und die Küste Dänemarks aufhalten, automatisch Teil der Ausstellung. Die eher behäbigen Möbel in den verglasten Balkonen kontrastieren mit der Möblierung der Musterwohnung. Die dänische Stadt Helsingör auf der anderen Seite des Öresunds beteiligt sich mit kleinen ergänzenden Ausstellungen an der «H99». (Bis 29. August)
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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