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Leerstelle Stadt?
14. August 1999 - Robert Kaltenbrunner
Was hat man nicht alles versucht und sich ausgedacht, um die Entwicklung der Stadt massgerecht steuern zu können. Der Erfolg war mässig. Aber die Probleme haben, zumindest bei uns, noch nicht überhandgenommen. Unverdrossen scheint man daran festzuhalten, mit Architektur und Städtebau das «Sinnversprechen der Ganzheit» bildmächtig zu erneuern. Doch im Ergebnis wird mitunter das städtische Leben nur stillgestellt zum Marionettentanz der Konsumenten. Auf solche und andere Zusammenhänge hat der Publizist Christian Marquart sein Augenmerk gelegt und in einem schmalen Büchlein so inspirierend wie bissig zusammengefasst. Die Leitfiguren, die in den letzten Jahrzehnten die Stadtentwicklung (nicht nur) hierzulande geprägt haben, nimmt er sich in einem kurzweiligen Rundumschlag vor: Von der Partizipation zum Urban Entertainment, von den Zwängen der «Platte» zu den Wonnen der Ökologie, von den neuen Medien zur neuen Bahn mit ihrer Shopping-Kultur. Und die Botschaft? Dass Urbanität weder kunstvolle Geometrien noch «gewachsene» Stadtstrukturen benötige, das unprätentiöse Raster hingegen eine ausreichende Basis dafür biete, wird man mit dem Verweis auf New York gerne glauben. Dass Vorschläge und hybride Theorien von Architekten wie den Brüdern Krier, Archigram, Rem Koolhaas, Robert Venturi oder Aldo Rossi sich zumeist grösserer Popularität - und manchmal auch Durchschlagskraft - erfreuen als die skrupulös und komplex argumentierende urbanistische Fachdisziplin: das hat, man wenn nicht gewusst, so doch geahnt. Deren Reiz liegt «eben auch in der Methode der schrecklich schönen Vereinfachung, in der Konzentration auf Bilder und Graphiken, die schnell Symbolkraft erhalten können». Und Hand aufs Herz: Wer vermag es schon, sich dem zu entziehen?
[ Christian Marquart: Stadt-Konzepte. Planungstheorien zwischen Utopie und Sachzwang. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1999. 80 S., Fr. 27.50. ]
[ Christian Marquart: Stadt-Konzepte. Planungstheorien zwischen Utopie und Sachzwang. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1999. 80 S., Fr. 27.50. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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