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Bad Fischau-Brunn macht’s vor: So gelingt die Umgestaltung eines Ortes
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Die Neugestaltung des Ortszentrums von Bad Fischau-Brunn zeigt, was im ländlichen Raum bei integraler Planung alles möglich ist. Nun entwickeln sich hier öffentlich nutzbare Außen- und Grünräume.

29. März 2024 - Klaus-Jürgen Bauer
Ein städtischer Platz ist im Wesentlichen durch zwei Eigenschaften charakterisiert: seine Oberflächen und die Einfassung mit umgebender Bebauung. Das ist mit ein Grund, dass so viele Platzgestaltungen im ländlichen Raum formal danebengehen – es fehlen oft solche Begrenzungen. Ein zweiter Grund besteht darin, dass Platzgestaltungen im ländlichen Raum fast immer nur Begleitprojekte von Straßenbauprojekten sind, obwohl viel Geld in die Gemeinden fließt.

Gemeinsam mit unüberschaubaren Strömen dubioser sonstiger Förderungen entstehen dann – ganz oft durch Direktaufträge an lokale Planer – meist Unsäglichkeiten, die man nur mittels Fremdschämen rezipieren kann, die aber auch die örtliche Bevölkerung nicht nützt: ganz einfach deshalb, weil die dort anzutreffenden Gestaltungsattitüden oftmals unbrauchbar sind.

Einen ganz anderen Weg wählte die Gemeinde Bad Fischau-Brunn. Der Ort gilt als eine Art Grinzing der nahe gelegenen Stadt Wiener Neustadt – eine Villenkolonie, in der es sich gut leben lässt. Bad Fischau-Brunn ist sehr alt, bereits im Jahr 865 gab es zu „Fiscere“ an einer Stelle, an der drei regionale Verbindungswege t-förmig aufeinandertreffen, ein für Ostösterreich typisches Mehrstraßendorf, eine Taufkirche und ein Weghospiz. Entlang der Hauptstraßen entstanden Winzerhöfe und im 16. Jahrhundert sogar ein Kastell, das Fürst Esterházy zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einem Barockschloss ausbauen ließ.

Überregional ist der Ort jedoch vor allem durch seine Thermalquelle bekannt, die seit der Römerzeit bestehen. Auch im Mittelalter gab es hier Bäder, und im Jahr 1771 entstand über den glasklaren Quellen ein barockes Badehaus. Erzherzog Rainer, ein populärer Förderer von Kunst und Wissenschaften, kaufte im Jahr 1898 das barocke Fischauer Thermalbad und ließ es zu einer fantastischen Badeanlage ausbauen, zweifelsohne einer der schönsten ihrer Gattung. Damals entstanden der historistische Eingang mit dem Kolonnadenmotiv, das Herren- und das Damenbecken, die hölzernen gelb-grünen Kabinenreihen in der typischen Laubsägeoptik der Jahrhundertwende sowie eine wildromantische Felsengrotte mit efeubewachsenem Wasserfall.

Eine ziemlich radikale Idee

Auch die Bänke und Sessel aus Gusseisen mit Astwerk-Imitation stammen noch aus der Jahrhundertwende. Die Anlage blieb bis 1992 im Besitz der Habsburger, danach kaufte die Gemeinde dieses Kleinod. Bad Fischau hat also eine komplexe Geschichte und bedeutende historische Baulichkeiten wie das gut erhaltene, durch die Gemeinde engagiert geführte Thermalbad.

Das, was der Ort bisher nicht hatte, war eine Mitte, ein zentraler Platz. Im Jahr 2014 wurde deshalb ein städtebaulicher Wettbewerb für ein neues Ortszentrum ausgelobt – im ländlichen Raum durchaus ungewöhnlich. Man suchte nach Ideen für die Schaffung eines zentralen Bereichs, der die wichtigsten öffentlichen Orte der Gemeinde – das Thermalbad, das Gemeindeamt, das ehemalige Schloss sowie den Schlossgarten – in einer Platzabfolge miteinander verbinden sollte. Das Siegerteam Van der Donk ZT-GmbH/Kaminsky & Partner/TRAFFIX Verkehrsplanung GmbH/Carla Lo Landschaftsarchitektur/Bau- und Umwelttechnik GmbH schlug damals vor, entlang der Warmen Fischa eine ganze Häuserzeile abzubrechen, wodurch der überbaute Flusslauf wieder freigelegt werden konnte: eine ziemlich radikale Idee.

Die Komplexität der Aufgabe erforderte einen langen Atem aller Beteiligten. Vom Wettbewerbsgewinn bis zur Übergabe des neuen Platzgefüges an die Bevölkerung dauerte es fast zehn Jahre – gut Ding braucht eben Weile, gerade im ländlichen Bereich. Auf einer Fläche von rund 1,5 Hektar entwickeln sich heute im Ortszentrum öffentlich nutzbare Außen- und Grünräume. Damit diese nicht ausrinnen, war die Fassung dieser Räume durch die das Ortsbild wesentlich prägenden historischen Gebäude notwendig.

Im Süden des neuen Platzes entstand daher eine erforderliche Platzkante. Das bedeutete jedoch, dass neben der städtebaulichen Restrukturierung auch die bauliche Revitalisierung von drei klar abgegrenzten, aber räumlich ineinander verschränkten und teilweise denkmalgeschützten Bauprojekten erfolgen musste: vom Schloss und seinen Fassaden, von den ehemaligen Garten- und Parkbereichen des Schlosses, zudem der Umbau eines weiteren historischen Gebäudes zum Gemeindeamt und natürlich die Neugestaltung der öffentlichen Flächen.

Als wäre er schon immer da gewesen

Im Schloss wurden die Fassaden mit ihren historischen Putz- und Fassungsschichten und den historischen Holzkastenfenstern instandgesetzt, wobei die jahrhundertelang verschwundene renaissancezeitliche Gliederung wieder zum Vorschein kam. Die zum Garten hin ausgerichtete barocke Sala terrena wurde wieder zugänglich. Auch das sogenannte Gräftnerhaus wurde als neues Gemeindeamt revitalisiert – eigentlich kein Denkmal im rechtlichen Sinn – und als historischer Baubestand im Geist des Ortsbildes erhalten und ertüchtigt. Angesichts vieler seltsamer Gemeinde-Neubauten im ländlichen Raum erscheint dies als besonders bemerkenswerte Leistung.

Die Außenräume werden vor allem durch das Entfernen der Überbauungen des Bachlaufes definiert. Carla Lo schuf ein lang gestrecktes naturräumliches Band zwischen Thermalbad und Schloss mit bekiest und abgetreppt gestalteten Uferzonen. Der gepflasterte, durch Beete strukturierte und mit Sitzmöglichkeiten versehene Platz wurde in diese Gestaltung natürlich einbezogen. Besonders die Übergänge zwischen dem Schloss und dem neuen Gemeindeamt wurde mit einer weicheren wassergebundenen Oberfläche versehen, womit eine harmonische Verbindung zum nun wieder zugänglichen ehemaligen Schlosspark mit seinem alten Baumbestand geschaffen wurde.

Es zeigt sich immer wieder: Gute Gestaltung findet dann statt, wenn unterschiedliche Akteure – Bürgermeister, Architekten, Verkehrsplaner, Landschaftsgestalter, Denkmalpfleger etc. – unter einem gemeinsamen Ziel, das immer Qualität heißt, zusammenfinden. Als der Platz – eigentlich das ganze Ensemble – kürzlich nach fast zehn Jahren Bauzeit fertig war, passierte Folgendes: Die Bevölkerung belebte und benutzte diesen, als ob er immer schon da gewesen wäre. Im Erdgeschoß des Schlosses gibt es heute ein Café, Kinder spielen am offenen Bach, und Spaziergänger drehen ihre Runden zwischen Bad, Platz und Schloss, städtisches Leben hielt im Dorf Einzug.

Der lange Atem und die gestalterische Kunst aller Beteiligten wurden – wie die alten Griechen sagten – zum Pneuma, einem mit der Atemluft aufnehmbaren Geist des Ortes, der neue Genius Loci von Bad Fischau-Brunn.

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