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Kongresshaus, Friesenberg, Rigiplatz: Was der Stadtzürcher Heimatschutz in fünfzig Jahren erreicht hat – und was nicht
Im Kampf für den Erhalt von Baukultur legt sich die städtische Sektion ab und zu auch mit dem kantonalen Heimatschutz an.
10. April 2024 - Adi Kälin
ünfzig Jahre Stadtzürcher Heimatschutz! Zeit, zu feiern, aber auch Zeit, verlorenen Schlachten nachzutrauern. Mithilfe von Protokollen, Jahresberichten und Stellungnahmen hat die Vereinigung einen Index erstellt, in dem alle Fälle, Aktionen und Geschäfte der letzten fünfzig Jahre aufgeführt sind. Nicht weniger als 630 Einträge sind es geworden, und es kommen täglich mehr hinzu.
Auch heute noch werden, wie man dem eben publizierten Jubiläumsbuch entnehmen kann, wöchentlich etwa zwanzig Bauvorhaben, Inventarentlassungen, Unterschutzstellungen, Gesetzesvorlagen und andere planungsrechtliche Änderungen bearbeitet.
Erfolg beim Kampf gegen Kongresshaus-Abbruch
Manche Bauten beschäftigen den Heimatschutz seit Jahrzehnten; an der Spitze steht, wenig verwunderlich, die Kaserne mit einer Bearbeitungsdauer von (bisher) 49 Jahren. Es folgen das ETH-Hauptgebäude, das Schauspielhaus oder die Villa Patumbah mit ihrem Park. In vielen Fällen endete jahrelanges Engagement mit Abbruch oder Aushöhlung eines Baudenkmals. «Unsere Arbeit erfordert eine dicke Haut», schreibt dazu Evelyne Noth, die heutige Präsidentin, im Vorwort.
Am ehesten kam es zu einem aus Heimatschutz-Sicht erfreulichen Ende, wenn verschiedene Interessengruppen zusammenspannten, etwa beim Kampf gegen den Abbruch des Kongresshauses von Haefeli Moser Steiger. Die klare Haltung des Stadtzürcher Heimatschutzes sei in diesem Fall sicher wichtig gewesen, heisst es im Buch, «hätte wohl aber nicht ausgereicht für den Erfolg». Den Ausschlag gab, dass auch die Architektenverbände BSA und SIA die Nein-Parole für die Abstimmung im Jahr 2008 ausgaben.
Wie wichtig die breite Unterstützung für ein Anliegen ist, zeigte sich im umgekehrten Sinn beim Kampf des Stadtzürcher Heimatschutzes um die beiden Turnhallen beim Pfauen, die dem Erweiterungsbau des Kunsthauses weichen mussten. Die Inventarentlassung wurde angefochten, aber von Baurekurs- und Verwaltungsgericht geschützt. Und für die Volksinitiative «Pfauenpark. Grün für alle» kamen nicht einmal die erforderlichen Unterschriften zusammen. Zu gross war der Widerstand, zu breit aufgestellt die Gegenseite.
Einen grossen Erfolg feierte der Heimatschutz vor vier Jahren im Friesenbergquartier. Der Stadtrat hatte mit einem Masterplan die Verdichtung des Quartiers ermöglichen, dafür aber ausgerechnet die beiden ersten Bauetappen der Familienheim-Genossenschaft opfern wollen. Das Verwaltungsgericht unterband dieses Vorhaben, und das Bundesgericht bestätigte das Urteil.
Eine Niederlage setzte es dafür beim geplanten Ersatz zweier grosser Genossenschaftssiedlungen entlang der Seebahnstrasse ab: In diesem Fall stützte das Verwaltungsgericht die Inventarentlassung. Trotzdem hofft der Heimatschutz nach wie vor auf eine Wende und die Erhaltung der baulichen Zeugen, obwohl sie offiziell nicht mehr als schützenswert gelten.
Wechselnde Fronten am Kreuzplatz
Manchmal kämpfen Stadt, Denkmalpflege und Heimatschutz gemeinsam gegen ein Neubauprojekt, das wichtige bauliche Zeugen bedroht. Bei der Verdichtung und dem Bau zusätzlicher Wohnungen verlaufen die Fronten aber vielfach zwischen Genossenschaften und Stadt auf der einen und dem Heimatschutz auf der andern Seite. Gerade der Fall Friesenberg hat deutlich gezeigt, dass der rasche Bau von günstigen Wohnungen nicht alles rechtfertigt.
Gelegentlich wechseln die Fronten auch beim gleichen Objekt – was der Fall der Kreuzplatzhäuser exemplarisch veranschaulicht. 1985 beschloss der Stadtrat zunächst, dass die aus sechzehn Gebäuden bestehende Häusergruppe beim Kreuzplatz nicht schützenswert sei. Später allerdings entschied er sich dafür, das Ensemble doch unter Schutz zu stellen. Dagegen zogen die Eigentümer bis vor Bundesgericht, das ihre Beschwerde guthiess – vor allem aus Gründen der nicht gewährten Rechtssicherheit.
Nun wurde die Stadt zur Gegenspielerin des Heimatschutzes: Sie verkaufte eine der Liegenschaften, die ihr gehörten, an die Bauherrschaft und wollte eine spätere Volksinitiative für ungültig erklären. Auf politischer Ebene wurde 1998 der Gestaltungsplan der Eigentümer abgelehnt, 2001 aber auch die Volksinitiative «Rettet den Kreuzplatz».
Noch einmal beschritt der Heimatschutz den Rechtsweg, das Bundesgericht entschied aber 2002 letztinstanzlich gegen ihn. Drei Tage später erteilte die Stadt Zürich die Baufreigabe. Die ganze Häusergruppe musste einem sechsstöckigen Neubau weichen.
Etwas mehr Erfolg als am Kreuzplatz hatte der Heimatschutz am Rigiplatz: Beim geplanten Abbruch der Häusergruppe «Alter Löwen» und Calderoni-Häuser erzielte er einen Teilerfolg. Das alte Restaurant durfte bleiben, die Calderoni-Zeile musste weg.
Ein Gegenpol zum etwas passiveren Kantonalverband
Den Zürcher Heimatschutz, also die kantonale Sektion der Vereinigung, gibt es seit 1905, gleich lang wie den Schweizer Heimatschutz. Warum also brauchte es zusätzlich zur kantonalen Sektion eine stadtzürcherische?
Offiziell ging es darum, «zum Zwecke der Verbreiterung der Basis und zum Zweck der Verteilung der Aufgaben» lokale Sektionen im Kanton Zürich zu ermöglichen. Das beschloss der kantonale Verband 1971. Ergänzung und Erweiterung also offiziell, die Gründungsmitglieder der Stadtzürcher Sektion sahen sich aber auch als Gegenpol zum aus ihrer Sicht etwas zu passiven Kantonalverband.
Mit der Gründung der Zürcher Stadtsektion im Jahr 1973 kam eine neue Generation ans Ruder, die angesichts der zahlreichen bedrohten Bauten einen aktiveren Heimatschutz wünschte. Der Vorstand wollte seine Tätigkeit zudem nicht auf den Erhalt von Einzelbauten beschränken, sondern auch gegen Verkehrskonzepte kämpfen, die aus seiner Sicht nicht kompatibel mit der gewachsenen Stadt waren, etwa die geplante U-Bahn, die dann 1973 tatsächlich vom Stimmvolk verworfen wurde.
Schon im Gründungsjahr forderte der junge Verband die Schaffung eines Ortsbildinventars und erarbeitete selber ein Aktionsprogramm, zu dem auch der Schutz gefährdeter Bauten wie der Villa Tobler, des Hauptbahnhofs oder des Hotels Eden au Lac gehörte. Der Anfang war geprägt von zahlreichen Aktionsblättern, Stellungnahmen, Gutachten, Pressekonferenzen – alle zwei bis drei Wochen ging die neue Heimatschutzsektion mit einem anderen Anliegen an die Öffentlichkeit.
Auch in späterer Zeit unterschied sich die Haltung der Zürcher Sektion gelegentlich deutlich von jener des Kantonalverbands – obwohl sie kein eigenes Verbandsbeschwerderecht besass und also auf die Muttervereinigung angewiesen war. Beim Rigiplatz etwa hatten die Präsidenten von kantonalem und Stadtzürcher Heimatschutz entgegengesetzte Haltungen.
Gelegentlich agierte der Kantonalverband pragmatischer und plädierte auch schon einmal dafür, einen aussichtslos scheinenden Fall nicht weiterzuziehen, während die jüngere Stadtsektion sich meist weniger schnell geschlagen gab. Bei der Position des kantonalen Heimatschutzes schwang dabei oft die Sorge mit, dass durch zu viele Prozesse das Verhinderer-Image noch stärker werden und das Verbandsbeschwerderecht politisch unter Druck geraten könnte.
Neben Triumph und Niederlage standen bei den Fällen des Stadtzürcher Heimatschutzes gelegentlich auch die Pyrrhussiege. Bei solch zwiespältigen Erfolgen konnten vom ursprünglichen Gebäude vielfach nur noch die Fassade oder sogar nur Teile davon erhalten werden. Das Haus zum Raben zwischen Hechtplatz und Schifflände am Limmatquai war so ein Fall.
Während Jahrzehnten hatten sich bedeutende Zürcher Architekturbüros bei der Aufgabe abgewechselt, anstelle des altehrwürdigen Gasthauses «etwas Neues, Modernes» zu errichten. Der Heimatschutz hielt stets dagegen, beim letzten Projekt in den 1970er Jahren sah die junge Stadtzürcher Sektion einen exemplarischen Fall für den zunehmenden Verlust von Altstadtsubstanz.
Am Ende wurde eine Art Kompromiss gefunden: Die Fassade sollte erhalten werden, dafür wurde die komplette Aushöhlung des Gebäudes erlaubt. Wilfried Spinner schrieb in der NZZ, es sei dies wohl «der spektakulärste Fall von Altbauimitation». Ähnliche Fälle gab es bis in die neuste Zeit.
Im Buch werden zahlreiche weitere Gebäude exemplarisch behandelt, gegliedert nach ihrer Funktion. Neben Objekten des sozialen Wohnungsbaus werden so etwa Kultur- und Restaurantbauten besprochen, aber auch bedeutende Einzelobjekte und Grünräume. Ergänzt wird die Publikation mit einem Foto-Essay von Petra Hagen Hodgson, der ein Plädoyer für einen behutsamen Wandel und ein massvolles Weiterbauen der Stadt sein will.
Das Thema ist ja auch sehr aktuell: In den letzten Jahren hat sich in der Architekturszene und der Politik allmählich die Idee durchgesetzt, dass geschicktes Weiterbauen am Bestehenden oft besser ist als Abriss und Ersatzneubau – nicht nur aus heimatschützerischer, sondern auch aus ökologischer Sicht.
Auch heute noch werden, wie man dem eben publizierten Jubiläumsbuch entnehmen kann, wöchentlich etwa zwanzig Bauvorhaben, Inventarentlassungen, Unterschutzstellungen, Gesetzesvorlagen und andere planungsrechtliche Änderungen bearbeitet.
Erfolg beim Kampf gegen Kongresshaus-Abbruch
Manche Bauten beschäftigen den Heimatschutz seit Jahrzehnten; an der Spitze steht, wenig verwunderlich, die Kaserne mit einer Bearbeitungsdauer von (bisher) 49 Jahren. Es folgen das ETH-Hauptgebäude, das Schauspielhaus oder die Villa Patumbah mit ihrem Park. In vielen Fällen endete jahrelanges Engagement mit Abbruch oder Aushöhlung eines Baudenkmals. «Unsere Arbeit erfordert eine dicke Haut», schreibt dazu Evelyne Noth, die heutige Präsidentin, im Vorwort.
Am ehesten kam es zu einem aus Heimatschutz-Sicht erfreulichen Ende, wenn verschiedene Interessengruppen zusammenspannten, etwa beim Kampf gegen den Abbruch des Kongresshauses von Haefeli Moser Steiger. Die klare Haltung des Stadtzürcher Heimatschutzes sei in diesem Fall sicher wichtig gewesen, heisst es im Buch, «hätte wohl aber nicht ausgereicht für den Erfolg». Den Ausschlag gab, dass auch die Architektenverbände BSA und SIA die Nein-Parole für die Abstimmung im Jahr 2008 ausgaben.
Wie wichtig die breite Unterstützung für ein Anliegen ist, zeigte sich im umgekehrten Sinn beim Kampf des Stadtzürcher Heimatschutzes um die beiden Turnhallen beim Pfauen, die dem Erweiterungsbau des Kunsthauses weichen mussten. Die Inventarentlassung wurde angefochten, aber von Baurekurs- und Verwaltungsgericht geschützt. Und für die Volksinitiative «Pfauenpark. Grün für alle» kamen nicht einmal die erforderlichen Unterschriften zusammen. Zu gross war der Widerstand, zu breit aufgestellt die Gegenseite.
Einen grossen Erfolg feierte der Heimatschutz vor vier Jahren im Friesenbergquartier. Der Stadtrat hatte mit einem Masterplan die Verdichtung des Quartiers ermöglichen, dafür aber ausgerechnet die beiden ersten Bauetappen der Familienheim-Genossenschaft opfern wollen. Das Verwaltungsgericht unterband dieses Vorhaben, und das Bundesgericht bestätigte das Urteil.
Eine Niederlage setzte es dafür beim geplanten Ersatz zweier grosser Genossenschaftssiedlungen entlang der Seebahnstrasse ab: In diesem Fall stützte das Verwaltungsgericht die Inventarentlassung. Trotzdem hofft der Heimatschutz nach wie vor auf eine Wende und die Erhaltung der baulichen Zeugen, obwohl sie offiziell nicht mehr als schützenswert gelten.
Wechselnde Fronten am Kreuzplatz
Manchmal kämpfen Stadt, Denkmalpflege und Heimatschutz gemeinsam gegen ein Neubauprojekt, das wichtige bauliche Zeugen bedroht. Bei der Verdichtung und dem Bau zusätzlicher Wohnungen verlaufen die Fronten aber vielfach zwischen Genossenschaften und Stadt auf der einen und dem Heimatschutz auf der andern Seite. Gerade der Fall Friesenberg hat deutlich gezeigt, dass der rasche Bau von günstigen Wohnungen nicht alles rechtfertigt.
Gelegentlich wechseln die Fronten auch beim gleichen Objekt – was der Fall der Kreuzplatzhäuser exemplarisch veranschaulicht. 1985 beschloss der Stadtrat zunächst, dass die aus sechzehn Gebäuden bestehende Häusergruppe beim Kreuzplatz nicht schützenswert sei. Später allerdings entschied er sich dafür, das Ensemble doch unter Schutz zu stellen. Dagegen zogen die Eigentümer bis vor Bundesgericht, das ihre Beschwerde guthiess – vor allem aus Gründen der nicht gewährten Rechtssicherheit.
Nun wurde die Stadt zur Gegenspielerin des Heimatschutzes: Sie verkaufte eine der Liegenschaften, die ihr gehörten, an die Bauherrschaft und wollte eine spätere Volksinitiative für ungültig erklären. Auf politischer Ebene wurde 1998 der Gestaltungsplan der Eigentümer abgelehnt, 2001 aber auch die Volksinitiative «Rettet den Kreuzplatz».
Noch einmal beschritt der Heimatschutz den Rechtsweg, das Bundesgericht entschied aber 2002 letztinstanzlich gegen ihn. Drei Tage später erteilte die Stadt Zürich die Baufreigabe. Die ganze Häusergruppe musste einem sechsstöckigen Neubau weichen.
Etwas mehr Erfolg als am Kreuzplatz hatte der Heimatschutz am Rigiplatz: Beim geplanten Abbruch der Häusergruppe «Alter Löwen» und Calderoni-Häuser erzielte er einen Teilerfolg. Das alte Restaurant durfte bleiben, die Calderoni-Zeile musste weg.
Ein Gegenpol zum etwas passiveren Kantonalverband
Den Zürcher Heimatschutz, also die kantonale Sektion der Vereinigung, gibt es seit 1905, gleich lang wie den Schweizer Heimatschutz. Warum also brauchte es zusätzlich zur kantonalen Sektion eine stadtzürcherische?
Offiziell ging es darum, «zum Zwecke der Verbreiterung der Basis und zum Zweck der Verteilung der Aufgaben» lokale Sektionen im Kanton Zürich zu ermöglichen. Das beschloss der kantonale Verband 1971. Ergänzung und Erweiterung also offiziell, die Gründungsmitglieder der Stadtzürcher Sektion sahen sich aber auch als Gegenpol zum aus ihrer Sicht etwas zu passiven Kantonalverband.
Mit der Gründung der Zürcher Stadtsektion im Jahr 1973 kam eine neue Generation ans Ruder, die angesichts der zahlreichen bedrohten Bauten einen aktiveren Heimatschutz wünschte. Der Vorstand wollte seine Tätigkeit zudem nicht auf den Erhalt von Einzelbauten beschränken, sondern auch gegen Verkehrskonzepte kämpfen, die aus seiner Sicht nicht kompatibel mit der gewachsenen Stadt waren, etwa die geplante U-Bahn, die dann 1973 tatsächlich vom Stimmvolk verworfen wurde.
Schon im Gründungsjahr forderte der junge Verband die Schaffung eines Ortsbildinventars und erarbeitete selber ein Aktionsprogramm, zu dem auch der Schutz gefährdeter Bauten wie der Villa Tobler, des Hauptbahnhofs oder des Hotels Eden au Lac gehörte. Der Anfang war geprägt von zahlreichen Aktionsblättern, Stellungnahmen, Gutachten, Pressekonferenzen – alle zwei bis drei Wochen ging die neue Heimatschutzsektion mit einem anderen Anliegen an die Öffentlichkeit.
Auch in späterer Zeit unterschied sich die Haltung der Zürcher Sektion gelegentlich deutlich von jener des Kantonalverbands – obwohl sie kein eigenes Verbandsbeschwerderecht besass und also auf die Muttervereinigung angewiesen war. Beim Rigiplatz etwa hatten die Präsidenten von kantonalem und Stadtzürcher Heimatschutz entgegengesetzte Haltungen.
Gelegentlich agierte der Kantonalverband pragmatischer und plädierte auch schon einmal dafür, einen aussichtslos scheinenden Fall nicht weiterzuziehen, während die jüngere Stadtsektion sich meist weniger schnell geschlagen gab. Bei der Position des kantonalen Heimatschutzes schwang dabei oft die Sorge mit, dass durch zu viele Prozesse das Verhinderer-Image noch stärker werden und das Verbandsbeschwerderecht politisch unter Druck geraten könnte.
Neben Triumph und Niederlage standen bei den Fällen des Stadtzürcher Heimatschutzes gelegentlich auch die Pyrrhussiege. Bei solch zwiespältigen Erfolgen konnten vom ursprünglichen Gebäude vielfach nur noch die Fassade oder sogar nur Teile davon erhalten werden. Das Haus zum Raben zwischen Hechtplatz und Schifflände am Limmatquai war so ein Fall.
Während Jahrzehnten hatten sich bedeutende Zürcher Architekturbüros bei der Aufgabe abgewechselt, anstelle des altehrwürdigen Gasthauses «etwas Neues, Modernes» zu errichten. Der Heimatschutz hielt stets dagegen, beim letzten Projekt in den 1970er Jahren sah die junge Stadtzürcher Sektion einen exemplarischen Fall für den zunehmenden Verlust von Altstadtsubstanz.
Am Ende wurde eine Art Kompromiss gefunden: Die Fassade sollte erhalten werden, dafür wurde die komplette Aushöhlung des Gebäudes erlaubt. Wilfried Spinner schrieb in der NZZ, es sei dies wohl «der spektakulärste Fall von Altbauimitation». Ähnliche Fälle gab es bis in die neuste Zeit.
Im Buch werden zahlreiche weitere Gebäude exemplarisch behandelt, gegliedert nach ihrer Funktion. Neben Objekten des sozialen Wohnungsbaus werden so etwa Kultur- und Restaurantbauten besprochen, aber auch bedeutende Einzelobjekte und Grünräume. Ergänzt wird die Publikation mit einem Foto-Essay von Petra Hagen Hodgson, der ein Plädoyer für einen behutsamen Wandel und ein massvolles Weiterbauen der Stadt sein will.
Das Thema ist ja auch sehr aktuell: In den letzten Jahren hat sich in der Architekturszene und der Politik allmählich die Idee durchgesetzt, dass geschicktes Weiterbauen am Bestehenden oft besser ist als Abriss und Ersatzneubau – nicht nur aus heimatschützerischer, sondern auch aus ökologischer Sicht.
Stadtzürcher Heimatschutz (Hg.): Baukultur erhalten, urbane Qualität schaffen. Stadtzürcher Heimatschutz 1973–2023. Triest Zürich 2024. 264 S., zirka 200 Abbildungen, 49 Fr.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom