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Hotel The Hoxton Vienna: Gut, dass dieses Haus unter Denkmalschutz steht
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Das „Gewerbehaus“ der Wiener Wirtschaftskammer war repräsentativ für eine Phase der Nachkriegsarchitektur, nun beherbergt es das Hotel The Hoxton. Das Ergebnis der Sanierung beweist: Es war richtig, dieses Haus unter Schutz zu stellen.

8. Mai 2024 - Christian Kühn
Man muss zweimal hinsehen, um in diesem Haus ein Baudenkmal zu erkennen. Zwischen 1952 und 1954 erbaut, steht es mit breiter Brust da, eine symmetrische Fassade mit zentralem Eingang, zehn Stockwerke hoch. Für die Wiener Wirtschaftskammer errichtet und unter dem Namen „Gewerbehaus“ bekannt, war das Haus repräsentativ für eine Phase der Nachkriegsarchitektur, die Elemente der Moderne mit Referenzen an die klassische Architektur verknüpfte.

Im konkreten Fall ist eine solche Referenz vor allem das mit grünem Naturstein gerahmte Eingangsportal, das leicht vorspringt und eine Tempelfront mit sechs Säulen andeutet, aber auch der über die volle Höhe steinverkleidete Mittelteil der Fassade lässt sich als monumentale Säulenfront interpretieren. Die an diese Front im Winkel von 45 Grad anschließenden verputzten Bauteile könnten dagegen vom Bauhaus stammen. Auch im Inneren gibt sich das Haus moderat modern. Die zweigeschoßige Eingangshalle ist klassisch in der Anlage, aber modern in den Details und Oberflächen, und im Auge des großzügigen Treppenhauses schraubt sich ein Lichtband dynamisch nach oben.

Der Entwurf des Hauses stammt von Carl Appel, einem der produktivsten Wiener Architekten der Nachkriegszeit. Allein und in diversen Partnerschaften zeichnete er unter anderem für das alte Haas-Haus am Stephansplatz und für das Steyr-Daimler-Puch-Haus am Ring verantwortlich. Ersteres musste Hans Holleins Neubau weichen, Letzteres fiel 1987 einer Brandstiftung zum Opfer, die das Grundstück frei für die Errichtung der Ringstraßengalerien machte.

Ohne geeignete Nutzung entsteht eine Ruine

Von den großen Projekten unter Appels Beteiligung sind in Wien noch der Opernringhof und das stark veränderte Kaufhaus Neumann, heute Steffl, erhalten. Für die Unterschutzstellung des Gewerbehauses, die erst 2020 erfolgte, mag auch dieser Umstand eine Rolle gespielt haben. Appel war zwar das Feindbild der jungen Architektenszene der 1960er-Jahre, aber mit einer Werkliste von rund 100 realisierten Projekten doch eine relevante Figur.

Bei einem Objekt dieser Größe ist der umfassende Denkmalschutz, wie er hier ausgesprochen wurde, eine wirtschaftliche Herausforderung. Ohne eine geeignete Nutzung, die sich rentiert, entsteht kein Denkmal, sondern eine Ruine. Eine Nutzung als Hotel bot sich schon aufgrund der Lage in der Nähe des Stadtparks an. Der neue Eigentümer des Hauses, die JP Immobiliengruppe, ist in dem Bereich mit 18 entwickelten Hotelprojekten ausgewiesen. Dazu zählt das 25 Hours Hotel an der Lerchenfelder Straße, ebenfalls ein Bau der Nachkriegsmoderne, der zwar nicht unter Denkmalschutz steht, aber trotzdem respektvoll saniert und um drei Geschoße aufgestockt wurde. Die Verkleidung der Bestandsgeschoße mit Waschbetonplatten blieb erhalten, wurde aber schwarz imprägniert. Als wahrscheinlich einziges schwarzes Haus innerhalb des Gürtels macht es eine erstaunlich gute Figur.

Den Entwurf reichte das interdisziplinäre Büro BWM Architektur & Design ein, das nicht nur zahlreiche Hotelprojekte geplant hat, in Wien neben dem 25 Hours Hotel unter anderem das Topazz, das Indigo und Innenräume für das Hotel Sacher. In Bad Gastein haben BWM mit dem Hotelensemble am Straubingerplatz einen denkmalgeschützten Bestand ertüchtigt und den Hotel-Hochhäusern aus dem 19. Jahrhundert ein weiteres spektakuläres hinzugefügt. BWM haben auch eine starke theoretische Seite, wie ihre Ausstellungsgestaltungen, etwa für das Literaturmuseum und das Haus der Geschichte in der Hofburg beweisen. Speziell zum Thema historische Bausubstanz ist eine Bewertungsmethodik für die Nachkriegsmoderne von 1945 bis 1979 im Auftrag der Stadt Wien zu erwähnen, an der Erich Bernard, einer der Gründer von BWM, beteiligt war.

Der Auftrag für die denkmalgerechte Sanierung des Gewerbehauses für eine Hotelnutzung forderte BWM auf mehreren Ebenen: Erstens ging es um die Sanierung in Bezug auf Brandschutz und Wärmedämmung. Zweitens um die Vermittlung zwischen den Interessen der zukünftigen Pächter, der zum französischen Accor-Konzern zählenden Marke The Hoxton, und den Vorgaben des Denkmalamts. Die Innenausstattung wurde von einer Abteilung von Accor übernommen, Ennismore Lifestyle, die zentral für Konzeption und Design des Erscheinungsbildes von 14 Hotelmarken mit jeweils mehreren Häusern verantwortlich ist. Das Motto von The Hoxton lautet: „A good neighbour with an open house“. Dass es im ehemaligen Gewerbehaus im obersten Geschoß keine Luxussuiten gibt, sondern eine öffentliche Dachterrasse mit Bar und offenem Pool, verdankt sich dieser Idee.

Die für die Dachterrasse geopferten Nutzflächen kompensierten BWM durch eine Aufstockung an der Rückseite des Hauses, wo eine eingeschoßige verglaste Box mit sechs Hotelzimmern über dem bestehenden Veranstaltungssaal schwebt – ein einigermaßen surrealistischer Eingriff in die Substanz, dem das Denkmalamt zustimmte. Flexibel zeigte sich das Denkmalamt auch an anderen Punkten, etwa im Umgang mit der Eingangshalle und ihren Windfängen. BWM polierten die subtil geschwungenen Oberflächen der 1950er-Jahre auf und reduzierten die bestehenden Windfänge auf ein Gerüst, in dem kleine Sitzbuchten entstehen. Das etwas plüschige Mobiliar folgt den Komfortvorstellungen der Betreiber. Die Atmosphäre der Halle hat sich damit im Vergleich zu Wirtschaftskammer-Zeiten radikal verändert, aus Nutzersicht eindeutig zum Besseren.

Eine radikalere Auffassung von Denkmalschutz, die nicht nur die Bausubstanz, sondern auch die Atmosphäre erhalten möchte, hätte mit dem Ergebnis wohl Schwierigkeiten. Die aktuelle Praxis der österreichischen Denkmalpflege lässt mehr Innovation im Bestand zu, um die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen und eigene, zeitgenössische Akzente zu setzen.

Überraschungen auf technischer Ebene hatte das Projekt einige zu bieten. Die Primärkonstruktion aus Stahlbeton mit Ziegelausfachung musste verstärkt, zusätzliche Treppen und Lifte eingebaut werden. Für den Brandfall musste eine Sprinkleranlage installiert werden, um zu verhindern, dass sich ein Brand über die französischen Fenster rasch von einem Stockwerk zum nächsten ausbreiten kann. Die wirtschaftlich gravierendste Überraschung bot die Natursteinfassade, deren Cipollino-Marmor sich als nicht sanierbar herausstellte und komplett erneuert werden musste.

Weniger kostspielig, aber ziemlich vertrackt war die Frage der Geländer der Haupttreppe, deren Stäbe 13 statt der heute zulässigen zwölf Zentimeter Abstand voneinander haben. Sie einfach mit einem Hüllrohr zu verstärken hätte die Proportionen der Treppe ruiniert. BWM schlugen ein Stahlnetz vor, das als Absturzsicherung wie ein Schlauch über die volle Höhe des Treppenauges gespannt ist. Das Lichtband – aus LEDs statt der ursprünglichen Neonröhren – schraubt sich jetzt in einem Käfig nach oben.

Das Gesamtergebnis beweist, dass die Unterschutzstellung dieses auf den ersten Blick wenig attraktiven Hauses gerechtfertigt war. In der Kooperation zwischen Eigentümer, Hotelbetreiber und Architekt war das Denkmalamt oft das Zünglein an der Waage, das baukulturelle Qualitäten einmahnen konnte, die sonst unter den Tisch gefallen wären. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Projekt Vorbildwirkung entfaltet, auch über den Denkmalschutz hinaus.

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