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Bauen Frauen besser?
Der Standard

Bauherrinnen sind unterrepräsentiert, obwohl sie im Hintergrund oft die Fäden ziehen und an viele Dinge denken, die ein Haus zu einem Zuhause machen. Bauunternehmen könnten sich das zunutze machen.

15. Februar 2025 - Ber­na­det­te Redl
Wer sich auf Baustellen umsieht, merkt schnell: Frauen sind hier meist in der Unterzahl. Das gilt nicht nur unter den Handwerkern und Arbeitern; auch Bauherrinnen sind selten, es gibt sie meist nur als Duo mit männlichen Partnern, zumindest beim Einfamilienhausbau. Im Hintergrund jedoch ziehen hier meist die Frauen die Strippen. „Wenn die Frau an Bord ist, zieht der Mann oft mit. Ist sie es nicht, kannst du das Projekt vergessen“, weiß auch Theresa Mai aus ihrem Arbeitsalltag. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin von Wohnwagon. Frauen, sagt sie, seien beim Bauen wichtiger, als viele denken.

„Mag sein, dass Männer manchmal ein besseres technisches Verständnis haben, beim Wohnen geht es aber um so viel mehr“, sagt Mai. Viele Frauen hätten ein besonders Talent, etwa wenn es um die Projektorganisation, das Aufstellen eines Zeitplans, die Kommunikation mit den Nachbarinnen und Nachbarn oder mit der Bank gehe. „Frauen machen aus einem Grundriss ein Zuhause“, sagt Mai. Sie würden an jedes Detail denken, an die Wege in der Küche, die Abläufe im Bad. Wo hängt man sein Gewand auf, wenn man das Haus betreten hat? Das seien Dinge, die Männer oft nicht mitplanen.

Mai baut mit ihrem Unternehmen nachhaltige und modulare Vollholzhäuser, die für eine kurze Baustelle sorgen. Und sie hat sich vorgenommen, auch Frauen anzusprechen. „Mit uns trauen sich auch alleinstehende Bauherrinnen, ihr neues Zuhause zu schaffen.“ Die Modulhäuser sind zwischen 40 und 100 Quadratmeter groß: Das sei fassbar und mache den Sprung ein bisschen leichter, sagt Mai.

Weibliche Technikerinnen

In vielen klassischen Bauunternehmen würden die Wünsche von Frauen oft weniger gehört und ernst genommen. Bei Wohnwagon wird mit einem bedürfnisorientierten Zugang gearbeitet, zudem gibt es viele weibliche Technikerinnen. „Frauen ziehen Frauen an. Mir kommt vor, durch unser diverses Team kommen wir schneller zu ökonomischen Lösungen.“ Ihre Mitarbeiterinnen würden vor allem das Denken in Ökosystemen mitbringen, „und sie schaffen es, die Kundinnen und Kunden besser ins Projekt mitzunehmen, sie an Bord zu holen“, sagt Mai.

Sie weiß auch, dass Frauen oft anders bauen als Männer. Vielen Frauen seien das Material und eine liebevolle Gestaltung wichtiger, als zwei Euro am Quadratmeterpreis zu sparen. Mai betont aber auch: „Bauen kann sich nicht jede und jeder leisten, das braucht man nicht beschönigen.“ Um 50.000 Euro gehe sich auch kein kleines Haus aus, wenn es solid sein soll. „Wenn man baut, sollte es immer eine langfristige Wertanlage sein.“ Gerade Frauen würde ansonsten erst recht Altersarmut in späteren Jahren drohen. Dennoch sieht das Unternehmen seine Häuser als eine gute Option auch für Alleinerzieherinnen, Frauen nach einer Trennung oder dem Auszug der Kinder. „Diese Frauen waren oft ihr Leben lang für ihre Kinder, ihre Familien da und denken sich nun: „Jetzt bin ich dran und gönne mir was““, sagt Mai.

Die Grundrisse sind im Schnitt 20 bis 30 Prozent kleiner als in herkömmlichen Häusern, die Fixkosten sind minimal. Ein kleines Haus koste ab 150.000, größere liegen bei 300.000 Euro, sagt Mai.

Nicht verunsichern lassen

Sie rät Frauen, die ein Bauprojekt in Angriff nehmen, an ihren Traum zu glauben und sich nicht verunsichern zu lassen, wenn jemand sagt: „Das machen wir anders.“ Man müsse darauf bestehen, auf Augenhöhe ernst genommen zu werden. Wichtig sei, der eigenen Vision zu folgen, Mitstreiterinnen und Begleiter zu suchen, die das schon einmal gemacht haben – und Firmen, mit denen man sich wohlfühlt.

Wären mehrere Frauen Bauherrinnen, glaubt Mai, würde unsere gebaute Umgebung liebevoller und vielfältiger aussehen. Und nachhaltiger. Frauen, sagt Mai, hätten oft mehr Gefühl dafür, was ihre Entscheidungen bedeuten – und zwar für uns alle.

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