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Zwischen Stadt und See
Die Stadt Klagenfurt verfügt aufgrund ihrer Lage am Ostende des Wörthersees über ein außergewöhnlich attraktives Naherholungsgebiet. Neben ausgedehnten Park- und Freizeitanlagen gibt es hier landwirtschaftlich genutzte Flächen und kleine, aber weitgehend unberührte Feuchtgebiete. Seit den 50er Jahren ist aber auch das Siedlungsgebiet immer näher an den See herangerückt. Die Folge ist ein stetig steigender Nutzungsdruck auf die noch unbebauten Gebiete. Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich daher unterschiedliche Szenarien zum Umgang mit dem landschaftlichen Potential entwickelt.
29. November 1999 - Michael Grote
Mit der Ostbucht des Wörthersees besitzt die 90.000-Einwohner-Stadt Klagenfurt eine landschaftliche Attraktion und ein Freiraumpotential, über das die meisten Städte ähnlicher Größenordnung nicht verfügen. Als Teil des Grüngürtels um die Stadt präsentiert sich die großteils unbebaute Landschaft von zwei sehr unterschiedlichen Seiten.
„Die derzeitige Situation ist generell durch den Dualismus von intensiver anthropogener Nutzung im Norden der Ostbucht und einer naturnahen Situation im Süden der Ostbucht gekennzeichnet“ (SEGER, PALENCSAR, 1994).
Nördlich des Lendkanals befinden sich verschiedenste Sport-, Freizeit- und Erholungseinrichtungen: beispielsweise das Klagenfurter Strandbad, der Europapark und Minimundus, „die kleine Welt am Wörthersee“.
Der südliche Bereich hingegen umfaßt ein mehr als hundert Hektar großes, vielfältig strukturiertes Kulturland, das teilweise als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Hier befinden sich neben intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen auch noch naturnahe Landschaftsteile in Form von Feuchtgebieten unterschiedlichster Ausprägung. Bruchwälder, Schilfröhricht- und Seggenriedbestände, Pfeifengraswiesen und andere Feuchtflächen stellen Reste des ehemals riesigen Verlandungsgebietes des Wör- thersees dar.
Heute sind diese Feuchtgebiete auf vielfältige Weise gefährdet. Die Hauptursachen dafür sind:
• ein sinkender Grundwasserspiegel, bedingt durch die Regulierung der angrenzenden Glanfurt und die Drainagierung der Landwirtschaftsflächen
• Eutrophierung und Flächenverluste durch die angrenzende Intensivlandwirtschaft
• eine Aufteilung in kleine, ökologisch isolierte Teile verursacht durch Straßen und Wege
• die sich kontinuierlich ausweitende Siedlungstätigkeit
Zusätzlich zu den nördlichen Bereichen, wo bereits seit Jahrzehnten eine intensive Freizeit- und Erholungsnutzung stattfindet, gewinnen nun auch die südlichen Freiflächen durch die seewärts wachsende Stadt eine immer stärker werdende Bedeutung als wertvolles Naherholungsgebiet für die Klagenfurter Bevölkerung. Als Reaktion auf den sich verstärkenden Nutzungsdruck wurden bereits verschiedene Konzepte entwickelt, die darauf abzielen, den Europapark nach Süden hin in Form eines nach ökologischen Gesichtspunkten landschaftlich gestalteten Bereiches zu erweitern.
Vor diesem Hintergrund habe ich in meiner Diplomarbeit zwei unterschiedliche Szenarien skizziert, die Ideen und Anregungen für den künftigen Umgang mit dieser Landschaft beinhalten.
Grundsätzliche Überlegungen
Immer wieder ist in Diskussionen über eine Vergrößerung der Freizeit- und Erholungseinrichtungen im Westen Klagenfurts der Gedanke an einen neu zu entwickelnden „Parkbereich“ bestimmend, der als möglichst „behutsame“ Erweiterung des Europaparks konzipiert werden soll. Umstritten sind nach wie vor Lage, Form, Größe, infrastrukturelle Erschließung etc. Seitens des Natur- und Landschaftsschutzes hingegen können die für die Naherholung „abzutretenden“ Flächen gar nicht klein genug sein, gilt es doch, die ökologisch sensiblen Feuchtgebiete und den einmaligen Reiz der Landschaft vor jeder Veränderung zu bewahren. „Aus Sicht der Magistratsabteilung für Umweltschutz ist eher eine Extensivierung in diesem Bereich wünschenswert. Eine Steigerung der Besucherzahlen würde ebenfalls zu nicht erwünschten Störungen führen“ (Dr. Ernst Woschitz in einer Stellungnahme zu dem Konzept einer deutschen Studentin, die 1995 eine naturnahe Parkgestaltung südlich des Europaparks vorschlug).
Der Ansatzpunkt meiner Überlegungen ist ein völlig anderer:
Anstatt bei einer Erweiterung der Freizeit- und Erholungsnutzung an bestimmten, kleinräumigen Flächen festzuhalten, halte ich es für weitaus sinnvoller, die gesamten verbliebenen Freiflächen zwischen der aktuellen Siedlungskante der Stadt im Osten und dem Wörthersee im Westen in Hinblick auf eine Naherholungsnutzung zu vernetzen. Der über hundert Hektar große Landschaftsraum soll in Zukunft eine Freizeit- und Erholungsfunktion übernehmen, ohne jedoch die Eigenheiten der aktuellen Kulturlandschaft einzubüßen. Er soll zur Erholung anregen, den ökologischen Ausgleich gewährleisten und weiterhin als Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion dienen.
Wesentlich ist die Erhaltung der ökologischen Funktionen der Landschaft. Besonderes Augenmerk muß daher auch auf den Schutz der Feuchtgebiete gelegt werden. Die Neudefinition eines gesamten Landschaftsraumes soll dessen Besonderheit und Einzigartigkeit in das Bewußtsein der Klagenfurter Bevölkerung bringen und dazu beitragen, die Frei-flächen nachhaltig zu sichern.
Die Konzepte
Diese Überlegungen bilden die Grundlage für zwei auf unterschiedlichen Ansätzen basierende Freiraumkonzepte mit Ideen für eine neu definierte Landschaft. Grundsätzlich verstehen sich beide Konzepte nicht als Europaparkerweiterung. Die Landschaft wird in keiner Weise zu einem Park umgestaltet, sondern bestehende Landschaftselemente bilden die Kulisse für eine „ruhige“ Freizeit- und Erholungsnutzung, die im Kontrast zur intensiven Nutzung des Europaparks steht. Beide Szenarien setzen daher voll auf das Potential der Landschaft und schlagen sehr zurückhaltende Gestaltungsmaßnahmen vor.
Entscheidend ist, daß die Konzepte keinen Anspruch auf Endgültigkeit und exakte Umsetzung erheben, sondern vielmehr Entwicklungen initiieren wollen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der beiden Konzepte können daher auch kombiniert werden. Viele Vorschläge können einzeln umgesetzt werden, wodurch auf vorhandene finanzielle Mittel reagiert werden kann.
Konzept „Erlebnis Feuchtgebiete“
Die Leitidee dieses Konzeptes ist, vor allem die Feuchtgebiete ökologisch aufzuwerten und in die Nutzung einzubeziehen.
Folgende Maßnahmen führen zum Schutz und zur Aufwertung der Feuchtgebiete:
• ein neues Gerinne mit Versickerungsgräben sorgt für die Dotation des Grundwassers im Bereich der seenahen Feuchtflächen
• ein ertüchtigter Altarm der Glanfurt bereichert die Feuchtflächen im Osten
• zwischen intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen und Feuchtgebieten bilden nunmehr extensiv bewirtschaftete Streifen Pufferzonen
Nur wenige Eingriffe bzw. Veränderungen reichen aus, um die Landschaft erlebbar zu machen. Das Konzept sieht eine Grunderschließung vor, in der die Feuchtgebiete als Attraktionen der Landschaft aufgenommen und in das bestehende Wegesystem eingebunden werden. Eine Promenade entlang der Siedlungskante definiert den Übergang von Stadt zur Landschaft und stellt mit einer Unterführung der Wörthersee-Süduferstraße eine Verbindung zu den westlichen Freiflächen her. In ökologisch besonders sensiblen Bereichen werden mit Hilfe von Stegen besucherlenkende Maßnahmen gesetzt. Sie sollen den Ansprüchen des Arten- und Biotopschutzes sowie den Bedürfnissen der Erholungssuchenden gerecht werden.
Aufenthaltsbereiche als punktuelle Gestaltungsmaßnahmen sind an Wege geknüpft. An diesen Stellen erhalten die Erholungssuchenden Information über die Tier- und Pflanzenwelt sowie Informationen über geschichtliche Hintergründe, wodurch eine Bewußtseinsbildung und somit ein erhöhtes Verantwortungsgefühl für diesen Landschaftsraum erreicht werden soll. Im Bereich der Landwirtschaftsflächen bilden Land-Art-Projekte Blickpunkte in der Landschaft.
Konzept „Erlebnis Landwirtschaft“
Die Leitidee dieses Konzeptes ist, die Landwirtschaftsflächen stark in das Nutzungskonzept einzubeziehen. Freizeit- und Erholungsnutzung soll vorrangig in Bereichen „gezielt“ bewirtschafteter Wiesen und Felder stattfinden, wo einerseits anstelle von großflächigen Monokulturen künftig vielfältiger angebaut wird, und welche andererseits künftig extensiver bewirtschaftet werden. Eine Extensivierung ist aus zwei Gründen erforderlich:
• sie dient als ökologisch orientierte Maßnahme dem Schutz der Böden und speziell dem Schutz der Feuchtgebiete
• extensiv bewirtschaftete Flächen bewirken eine visuell reizvollere Kulturlandschaft
Die auf Landwirtschaftsflächen angebauten Kulturpflanzen sind aufgrund ihrer großflächigen Ausdehnung für den visuellen Eindruck der Landschaft bestimmend. Um die Attraktivität dieser Flächen als Raum für Freizeit- und Erholungsnutzung zu erhöhen, ist es notwendig, die Bauern in den Umgestaltungsprozeß der Landschaft einzubeziehen. Anstelle von großflächigen Maismonokulturen sollen künftig bunte Felder optische Reize bieten. Farbakzente in der Landschaft werden durch die Ausnützung der temporären gestalterischen Potentiale von Produktionszyklen bzw. durch gezielte Bewirtschaftungsweisen erzeugt.
Eine extensivere Bewirtschaftung ist auch aus der Sicht des Naturschutzes wünschenswert. Durch den Anbau unterschiedlicher Pflanzenarten in geeigneter Fruchtfolge sowie durch Untersaaten und Gründüngung bleibt die Fruchtbarkeit der Böden erhalten. Ebenso wird der Schädlings- und Unkrautbefall auf ein Minimum reduziert. Negativen Einflüssen auf die ökologisch sensiblen Feuchtgebiete wie Eutrophierung durch intensive Düngung oder Belastung durch Pestizide, Insektizide und Fungizide kann so entgegengewirkt werden.
Im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung ist es auch möglich, die Bevölkerung durch Selbsternteprojekte in die Produktionsnutzung der Landschaft einzubeziehen. Entscheidend ist, daß bei einer Umstellung der Bewirtschaftung finanzielle Einbußen der Bauern und Bäuerinnen durch Förderungen bzw. Subventionen ausgeglichen werden.
Weiters sieht das Konzept eine Grund-erschließung vor, die auf dem bestehenden Wegesystem aufbaut. Sie macht vor allem die Landwirtschaftsflächen zugänglich und orientiert sich an vorhandenen Wirtschaftswegen. Die Feuchtgebiete werden nur am Rande erschlossen. Hier folgt die Wegeführung den bestehenden Trampelpfaden. Drei neue Unterführungen ermöglichen die Querung der Landesstraßen und stellen Verbindungen zwischen den getrennten Teilbereichen her.
Neu gepflanzte, wegbegleitende Obstbaumreihen, traditionelle Elemente bäuerlicher Kulturlandschaft, heben diese Verbindungen auch optisch hervor. Ihre zeitige Blüte im Frühjahr bewirkt reizvolle Farbbänder in oft noch kahlen Feldern. Durch die teilweise Öffnung der derzeit verrohrten Gewässer „Russenkanal“ und „Abfluß Waidmannsdorfer-Lacke“ werden wegbegleitende Akzente gesetzt.
Ich betrachte meine Arbeit als Beispiel dafür, welchen Beitrag die Landschaftsplanung bei der Strukturierung und Organisation von Stadt- und Landschaftsräumen erbringen kann.
Tatsache ist, daß in Österreich LandschaftsplanerInnen viel zu selten herangezogen werden, um Konzepte für Freiräume im übergeordneten Maßstab zu erarbeiten.
Literatur:
KNAPPINGER, Josef (1996): Feuchtflächenkatalog. Studie im Auftrag des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt, Abteilung Umweltschutz. Klagenfurt.
PROKSCH, Thomas, et al. (1991): Flußstudie Sattnitz. Projektbericht im Auftrag des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt, Abteilung Umweltschutz. Klagenfurt.
SEGER, Martin, PALENCSAR, Friedrich (1994): Raumordnung Wörthersee-Ostbucht. Zukunftsorientiertes Leitbild und planungsbezogene Analysen. Studie im Auftrag der Landeshauptstadt Klagenfurt. Klagenfurt.
„Die derzeitige Situation ist generell durch den Dualismus von intensiver anthropogener Nutzung im Norden der Ostbucht und einer naturnahen Situation im Süden der Ostbucht gekennzeichnet“ (SEGER, PALENCSAR, 1994).
Nördlich des Lendkanals befinden sich verschiedenste Sport-, Freizeit- und Erholungseinrichtungen: beispielsweise das Klagenfurter Strandbad, der Europapark und Minimundus, „die kleine Welt am Wörthersee“.
Der südliche Bereich hingegen umfaßt ein mehr als hundert Hektar großes, vielfältig strukturiertes Kulturland, das teilweise als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Hier befinden sich neben intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen auch noch naturnahe Landschaftsteile in Form von Feuchtgebieten unterschiedlichster Ausprägung. Bruchwälder, Schilfröhricht- und Seggenriedbestände, Pfeifengraswiesen und andere Feuchtflächen stellen Reste des ehemals riesigen Verlandungsgebietes des Wör- thersees dar.
Heute sind diese Feuchtgebiete auf vielfältige Weise gefährdet. Die Hauptursachen dafür sind:
• ein sinkender Grundwasserspiegel, bedingt durch die Regulierung der angrenzenden Glanfurt und die Drainagierung der Landwirtschaftsflächen
• Eutrophierung und Flächenverluste durch die angrenzende Intensivlandwirtschaft
• eine Aufteilung in kleine, ökologisch isolierte Teile verursacht durch Straßen und Wege
• die sich kontinuierlich ausweitende Siedlungstätigkeit
Zusätzlich zu den nördlichen Bereichen, wo bereits seit Jahrzehnten eine intensive Freizeit- und Erholungsnutzung stattfindet, gewinnen nun auch die südlichen Freiflächen durch die seewärts wachsende Stadt eine immer stärker werdende Bedeutung als wertvolles Naherholungsgebiet für die Klagenfurter Bevölkerung. Als Reaktion auf den sich verstärkenden Nutzungsdruck wurden bereits verschiedene Konzepte entwickelt, die darauf abzielen, den Europapark nach Süden hin in Form eines nach ökologischen Gesichtspunkten landschaftlich gestalteten Bereiches zu erweitern.
Vor diesem Hintergrund habe ich in meiner Diplomarbeit zwei unterschiedliche Szenarien skizziert, die Ideen und Anregungen für den künftigen Umgang mit dieser Landschaft beinhalten.
Grundsätzliche Überlegungen
Immer wieder ist in Diskussionen über eine Vergrößerung der Freizeit- und Erholungseinrichtungen im Westen Klagenfurts der Gedanke an einen neu zu entwickelnden „Parkbereich“ bestimmend, der als möglichst „behutsame“ Erweiterung des Europaparks konzipiert werden soll. Umstritten sind nach wie vor Lage, Form, Größe, infrastrukturelle Erschließung etc. Seitens des Natur- und Landschaftsschutzes hingegen können die für die Naherholung „abzutretenden“ Flächen gar nicht klein genug sein, gilt es doch, die ökologisch sensiblen Feuchtgebiete und den einmaligen Reiz der Landschaft vor jeder Veränderung zu bewahren. „Aus Sicht der Magistratsabteilung für Umweltschutz ist eher eine Extensivierung in diesem Bereich wünschenswert. Eine Steigerung der Besucherzahlen würde ebenfalls zu nicht erwünschten Störungen führen“ (Dr. Ernst Woschitz in einer Stellungnahme zu dem Konzept einer deutschen Studentin, die 1995 eine naturnahe Parkgestaltung südlich des Europaparks vorschlug).
Der Ansatzpunkt meiner Überlegungen ist ein völlig anderer:
Anstatt bei einer Erweiterung der Freizeit- und Erholungsnutzung an bestimmten, kleinräumigen Flächen festzuhalten, halte ich es für weitaus sinnvoller, die gesamten verbliebenen Freiflächen zwischen der aktuellen Siedlungskante der Stadt im Osten und dem Wörthersee im Westen in Hinblick auf eine Naherholungsnutzung zu vernetzen. Der über hundert Hektar große Landschaftsraum soll in Zukunft eine Freizeit- und Erholungsfunktion übernehmen, ohne jedoch die Eigenheiten der aktuellen Kulturlandschaft einzubüßen. Er soll zur Erholung anregen, den ökologischen Ausgleich gewährleisten und weiterhin als Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion dienen.
Wesentlich ist die Erhaltung der ökologischen Funktionen der Landschaft. Besonderes Augenmerk muß daher auch auf den Schutz der Feuchtgebiete gelegt werden. Die Neudefinition eines gesamten Landschaftsraumes soll dessen Besonderheit und Einzigartigkeit in das Bewußtsein der Klagenfurter Bevölkerung bringen und dazu beitragen, die Frei-flächen nachhaltig zu sichern.
Die Konzepte
Diese Überlegungen bilden die Grundlage für zwei auf unterschiedlichen Ansätzen basierende Freiraumkonzepte mit Ideen für eine neu definierte Landschaft. Grundsätzlich verstehen sich beide Konzepte nicht als Europaparkerweiterung. Die Landschaft wird in keiner Weise zu einem Park umgestaltet, sondern bestehende Landschaftselemente bilden die Kulisse für eine „ruhige“ Freizeit- und Erholungsnutzung, die im Kontrast zur intensiven Nutzung des Europaparks steht. Beide Szenarien setzen daher voll auf das Potential der Landschaft und schlagen sehr zurückhaltende Gestaltungsmaßnahmen vor.
Entscheidend ist, daß die Konzepte keinen Anspruch auf Endgültigkeit und exakte Umsetzung erheben, sondern vielmehr Entwicklungen initiieren wollen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der beiden Konzepte können daher auch kombiniert werden. Viele Vorschläge können einzeln umgesetzt werden, wodurch auf vorhandene finanzielle Mittel reagiert werden kann.
Konzept „Erlebnis Feuchtgebiete“
Die Leitidee dieses Konzeptes ist, vor allem die Feuchtgebiete ökologisch aufzuwerten und in die Nutzung einzubeziehen.
Folgende Maßnahmen führen zum Schutz und zur Aufwertung der Feuchtgebiete:
• ein neues Gerinne mit Versickerungsgräben sorgt für die Dotation des Grundwassers im Bereich der seenahen Feuchtflächen
• ein ertüchtigter Altarm der Glanfurt bereichert die Feuchtflächen im Osten
• zwischen intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen und Feuchtgebieten bilden nunmehr extensiv bewirtschaftete Streifen Pufferzonen
Nur wenige Eingriffe bzw. Veränderungen reichen aus, um die Landschaft erlebbar zu machen. Das Konzept sieht eine Grunderschließung vor, in der die Feuchtgebiete als Attraktionen der Landschaft aufgenommen und in das bestehende Wegesystem eingebunden werden. Eine Promenade entlang der Siedlungskante definiert den Übergang von Stadt zur Landschaft und stellt mit einer Unterführung der Wörthersee-Süduferstraße eine Verbindung zu den westlichen Freiflächen her. In ökologisch besonders sensiblen Bereichen werden mit Hilfe von Stegen besucherlenkende Maßnahmen gesetzt. Sie sollen den Ansprüchen des Arten- und Biotopschutzes sowie den Bedürfnissen der Erholungssuchenden gerecht werden.
Aufenthaltsbereiche als punktuelle Gestaltungsmaßnahmen sind an Wege geknüpft. An diesen Stellen erhalten die Erholungssuchenden Information über die Tier- und Pflanzenwelt sowie Informationen über geschichtliche Hintergründe, wodurch eine Bewußtseinsbildung und somit ein erhöhtes Verantwortungsgefühl für diesen Landschaftsraum erreicht werden soll. Im Bereich der Landwirtschaftsflächen bilden Land-Art-Projekte Blickpunkte in der Landschaft.
Konzept „Erlebnis Landwirtschaft“
Die Leitidee dieses Konzeptes ist, die Landwirtschaftsflächen stark in das Nutzungskonzept einzubeziehen. Freizeit- und Erholungsnutzung soll vorrangig in Bereichen „gezielt“ bewirtschafteter Wiesen und Felder stattfinden, wo einerseits anstelle von großflächigen Monokulturen künftig vielfältiger angebaut wird, und welche andererseits künftig extensiver bewirtschaftet werden. Eine Extensivierung ist aus zwei Gründen erforderlich:
• sie dient als ökologisch orientierte Maßnahme dem Schutz der Böden und speziell dem Schutz der Feuchtgebiete
• extensiv bewirtschaftete Flächen bewirken eine visuell reizvollere Kulturlandschaft
Die auf Landwirtschaftsflächen angebauten Kulturpflanzen sind aufgrund ihrer großflächigen Ausdehnung für den visuellen Eindruck der Landschaft bestimmend. Um die Attraktivität dieser Flächen als Raum für Freizeit- und Erholungsnutzung zu erhöhen, ist es notwendig, die Bauern in den Umgestaltungsprozeß der Landschaft einzubeziehen. Anstelle von großflächigen Maismonokulturen sollen künftig bunte Felder optische Reize bieten. Farbakzente in der Landschaft werden durch die Ausnützung der temporären gestalterischen Potentiale von Produktionszyklen bzw. durch gezielte Bewirtschaftungsweisen erzeugt.
Eine extensivere Bewirtschaftung ist auch aus der Sicht des Naturschutzes wünschenswert. Durch den Anbau unterschiedlicher Pflanzenarten in geeigneter Fruchtfolge sowie durch Untersaaten und Gründüngung bleibt die Fruchtbarkeit der Böden erhalten. Ebenso wird der Schädlings- und Unkrautbefall auf ein Minimum reduziert. Negativen Einflüssen auf die ökologisch sensiblen Feuchtgebiete wie Eutrophierung durch intensive Düngung oder Belastung durch Pestizide, Insektizide und Fungizide kann so entgegengewirkt werden.
Im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung ist es auch möglich, die Bevölkerung durch Selbsternteprojekte in die Produktionsnutzung der Landschaft einzubeziehen. Entscheidend ist, daß bei einer Umstellung der Bewirtschaftung finanzielle Einbußen der Bauern und Bäuerinnen durch Förderungen bzw. Subventionen ausgeglichen werden.
Weiters sieht das Konzept eine Grund-erschließung vor, die auf dem bestehenden Wegesystem aufbaut. Sie macht vor allem die Landwirtschaftsflächen zugänglich und orientiert sich an vorhandenen Wirtschaftswegen. Die Feuchtgebiete werden nur am Rande erschlossen. Hier folgt die Wegeführung den bestehenden Trampelpfaden. Drei neue Unterführungen ermöglichen die Querung der Landesstraßen und stellen Verbindungen zwischen den getrennten Teilbereichen her.
Neu gepflanzte, wegbegleitende Obstbaumreihen, traditionelle Elemente bäuerlicher Kulturlandschaft, heben diese Verbindungen auch optisch hervor. Ihre zeitige Blüte im Frühjahr bewirkt reizvolle Farbbänder in oft noch kahlen Feldern. Durch die teilweise Öffnung der derzeit verrohrten Gewässer „Russenkanal“ und „Abfluß Waidmannsdorfer-Lacke“ werden wegbegleitende Akzente gesetzt.
Ich betrachte meine Arbeit als Beispiel dafür, welchen Beitrag die Landschaftsplanung bei der Strukturierung und Organisation von Stadt- und Landschaftsräumen erbringen kann.
Tatsache ist, daß in Österreich LandschaftsplanerInnen viel zu selten herangezogen werden, um Konzepte für Freiräume im übergeordneten Maßstab zu erarbeiten.
Literatur:
KNAPPINGER, Josef (1996): Feuchtflächenkatalog. Studie im Auftrag des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt, Abteilung Umweltschutz. Klagenfurt.
PROKSCH, Thomas, et al. (1991): Flußstudie Sattnitz. Projektbericht im Auftrag des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt, Abteilung Umweltschutz. Klagenfurt.
SEGER, Martin, PALENCSAR, Friedrich (1994): Raumordnung Wörthersee-Ostbucht. Zukunftsorientiertes Leitbild und planungsbezogene Analysen. Studie im Auftrag der Landeshauptstadt Klagenfurt. Klagenfurt.
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