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König der Traditionalisten
Der Standard

Ein fast vergessener Architekt, der die Wiener City mitprägte.

18. Dezember 1999 - Gerfried Sperl
Als Traditionalist stand er später im Schatten von Kollegen, deren Architektur in die Zukunft wies. Adolf Loos, Josef Hoffmann und Otto Wagner wurden zu Wegbereitern der Moderne. Carl König, als Professor Nachfolger Heinrich von Ferstels, hat einige Schlüsselbauten des Späthistorismus entworfen: Den leider zerbombten Philippshof, das Haus der Indus- trie, den Karlstrakt der Technischen Hochschule, die Landwirtschaftsbörse in der Taborstraße sowie das Palais Herberstein auf dem Michaelerplatz.

Markus Kristan hat jetzt im Verlag Holzhausen eine sehr kenntnisreiche Bau-Biografie vorgelegt. König, der von 1841 bis 1915 lebte, hat in Wien auch eine Reihe von Zins- und Geschäftshäusern hinterlassen: unter anderem am Kohlmarkt (Nr. 3 und 5), am Neuen Markt (Ecke Plankengasse), in der Mariahilferstrasse (Nr. 117). Dazu kommt eine Reihe von Villen für Industrielle.

Die meisten Diskussionen hat das Palais Herberstein ausgelöst. Aber nicht etwa deshalb, weil König im Vergleich zu dem 1883/84 erbauten und als Ecklösung ähnlichen Philippshof bereits eine ziemlich schlichte Fassade schuf, sondern wegen der Kuppelgestaltung. Sie sollte nach Meinung des Wiener Gemeinderats der Hofburg-Kuppel keine Konkurrenz machen, weshalb er ein „kegelförmiges Mansardenrondeau“ wählte - die Umschreibung für eine Zeltkuppel. Andere Kritiker wiederum wollten überhaupt ein eher schlichtes Gebäude.

Was den Gemeinderäten offenbar nicht auffiel war die ziemlich schwache Innenstruktur dieses 1897 erbauten Zinspalais. Nutzbar waren auch später noch (zuerst für Raiffeisen, dann für den STANDARD) nur die an der Straßenfassade gelegenen Räume. Zum Unterschied vom gegenüberliegenden, noch umstritteneren Loos-Haus war der innere Bereich völlig unbrauchbar.

Das hat sich jetzt geändert. Der Wiener Architekt Karl Langer hat für ein internationales Beratungsunternehmen genau diesen Bereich entkernt und entlang einer Innenfassade neu gestaltet, um „Klarheit und Großzügigkeit“ zu schaffen. Das ist ihm gelungen. Außerdem wurde das Gebäude um zwei Geschoße aufgestockt, nur eines freilich ist sichtbar - mit herrlichen Blicken über die Wiener Dachlandschaft.

Der jetzige Umbau hat keine Debatten ausgelöst. 1936 allerdings, als die Zeltkuppel und andere Aufbauten entfernt wurden, verteidigte sogar Josef Frank seinen Lehrer König, weil durch die Schleifung „die Ecklösung des Stilarchitekten König vernichtet wurde“. All das ist textlich und bildlich in Kristans Buch gut dokumentiert. Bis hin zu Königs Rolle als exzellenter Zeichner, als Lehrer und als Kritiker des aufkommenden Moder- nismus. []

[ Markus Kristan, Carl König. Ein neubarocker Großstadtarchitekt in Wien. öS 460,-/176 Seiten, Verlag Holzhausen, Wien 1999. ]

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