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Die zwei von der Baustelle
Musterstücke - Meisterstücke (9)
Den Brüdern Laurids und Manfred Ortner scheint das architektonische Können im Blut zu liegen
23. September 2000 - Gerd Zehetner
Eine dicke Haut und eine Menge Durchhaltevermögen gehören heute ebenso zum Architektenberuf wie Statik und Geometrie.
Auch die Brüder Laurids Ortner und Manfred Ortner mussten diesen Beweis in den letzten Jahren mit ihrem Projekt für das Museumsquartier oft genug antreten.
Die lange Phase nach dem Wettbewerbsgewinn 1990, wo Wien anstelle der Progressivität einer internationalen Stadt die Entscheidungsstruktur eines Dorfstammtisches an den Tag legte, veränderte das größte Kulturbauwerk Europas dramatisch.
Die geänderten Anforderungen bezüglich Kubatur und Höhenentwicklung zogen nicht eine bloße Schrumpfung des Wettbewerbsprojekts mit sich, sondern eine Neuentwicklung: Wenn die Gebäude nicht mehr mit der Stadt kommunizieren dürfen, weil sie sich hinter dem Fischer-von-Erlach-Bau ducken müssen, so die Planer, dann brauchen sie auch keine Glasfassaden mehr, sondern komprimierte Energie in Form von Stein, die nun im Inneren des Gevierts ein städtebauliches Spannungsfeld entstehen lässt.
Die Raster im dunkelgrauen Basalt der Fassade von Museum Moderner Kunst und der weiße Kalkstein des Leopold Museums fügen sich mit der Schichtung der roten Ziegelhülle der Kunsthalle zu einem rhythmischen Tanz.
Die Kunst des Städtebaus interessiert die Ortners besonders: Schon als Künstlergruppe „Haus-Rucker-Co.“ gemeinsam mit Günther Zamp Kelp beschäftigten sie sich intensiv mit der Wirksamkeit von Eingriffen und Zeichen. „Lineares Haus“, „Wellenwiese“, „Oase Nr. 7“ hießen Projekte, die frei von herkömmlicher Funktion und Gesellschaftsbild Experimente mit ebendiesem zuließen.
Aus den provokanten Aufforderungen zum „neu Sehen“ von Zusammenhängen und Umwelt wurden wertvolle Ansätze für den Umgang mit der Stadt geboren.
Die Atmosphäre in den Büros in Wien, Linz, Düsseldorf und Berlin, die interne Kommunikation und Mobilität der Mitarbeiter stellen ein Klima her, dass eine Engstirnigkeit eines Einzelnen nie entstehen lassen könnte. Auch die Erfolge bei internationalen Wettbewerben sprechen für sich.
Ein Meisterstück der Kommunikation aus den Werkstätten der Ortners ist auch das Gemeindezentrum Brüserberg, das in einem gemeinsamen Miteinander, das der Pfarrer so gern predigt, aus Kindergarten, Bibliothek, evangelischer und katholischer Kirche besteht.
Der Glockenturm steht als verbindendes und kommunikatives Zeichen im Hof, wie es auch der Leseturm für das Museumsquartier gewesen wäre. Die Fassade des Kindergartens übernimmt in verkleinerter Form die Proportion des gegenüberliegenden Pfarrzentrums.
Und auch die neuen, wunderbar unaufgeregten ARD-Hauptstadtstudios in Berlin aus rötlich gefärbtem Betonstein beweisen eine große Gabe der Architekten: die Coolness, an einem „besonderen Ort“ nicht vor lauter Ehrfurcht gleich auszuflippen, für immer raffiniertere Studiotechnik nicht aufdringlich technoide Architektur schmieden zu müssen, und im Detail immer ein Augenzwinkern parat zu haben.
BIOGRAFIEN
Laurids Ortner, 1941 in Linz geboren.
Architekturstudium an der TU Wien 1967-87. „Haus-Rucker-Co“ mit Günter Zamp Kelp und Manfred Ortner. 1976-87 Professor an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Ab 1987 Professor für Baukunst an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf.
Manfred Ortner, 1943 in Linz geboren.
Studium Malerei und Kunsterziehung an der Akademie der bildenden Künste, Geschichte an der Universität Wien. 1966-71 Kunsterzieher. 1993 Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. 1994 Professor für Entwerfen an der FH Potsdam.
Auch die Brüder Laurids Ortner und Manfred Ortner mussten diesen Beweis in den letzten Jahren mit ihrem Projekt für das Museumsquartier oft genug antreten.
Die lange Phase nach dem Wettbewerbsgewinn 1990, wo Wien anstelle der Progressivität einer internationalen Stadt die Entscheidungsstruktur eines Dorfstammtisches an den Tag legte, veränderte das größte Kulturbauwerk Europas dramatisch.
Die geänderten Anforderungen bezüglich Kubatur und Höhenentwicklung zogen nicht eine bloße Schrumpfung des Wettbewerbsprojekts mit sich, sondern eine Neuentwicklung: Wenn die Gebäude nicht mehr mit der Stadt kommunizieren dürfen, weil sie sich hinter dem Fischer-von-Erlach-Bau ducken müssen, so die Planer, dann brauchen sie auch keine Glasfassaden mehr, sondern komprimierte Energie in Form von Stein, die nun im Inneren des Gevierts ein städtebauliches Spannungsfeld entstehen lässt.
Die Raster im dunkelgrauen Basalt der Fassade von Museum Moderner Kunst und der weiße Kalkstein des Leopold Museums fügen sich mit der Schichtung der roten Ziegelhülle der Kunsthalle zu einem rhythmischen Tanz.
Die Kunst des Städtebaus interessiert die Ortners besonders: Schon als Künstlergruppe „Haus-Rucker-Co.“ gemeinsam mit Günther Zamp Kelp beschäftigten sie sich intensiv mit der Wirksamkeit von Eingriffen und Zeichen. „Lineares Haus“, „Wellenwiese“, „Oase Nr. 7“ hießen Projekte, die frei von herkömmlicher Funktion und Gesellschaftsbild Experimente mit ebendiesem zuließen.
Aus den provokanten Aufforderungen zum „neu Sehen“ von Zusammenhängen und Umwelt wurden wertvolle Ansätze für den Umgang mit der Stadt geboren.
Die Atmosphäre in den Büros in Wien, Linz, Düsseldorf und Berlin, die interne Kommunikation und Mobilität der Mitarbeiter stellen ein Klima her, dass eine Engstirnigkeit eines Einzelnen nie entstehen lassen könnte. Auch die Erfolge bei internationalen Wettbewerben sprechen für sich.
Ein Meisterstück der Kommunikation aus den Werkstätten der Ortners ist auch das Gemeindezentrum Brüserberg, das in einem gemeinsamen Miteinander, das der Pfarrer so gern predigt, aus Kindergarten, Bibliothek, evangelischer und katholischer Kirche besteht.
Der Glockenturm steht als verbindendes und kommunikatives Zeichen im Hof, wie es auch der Leseturm für das Museumsquartier gewesen wäre. Die Fassade des Kindergartens übernimmt in verkleinerter Form die Proportion des gegenüberliegenden Pfarrzentrums.
Und auch die neuen, wunderbar unaufgeregten ARD-Hauptstadtstudios in Berlin aus rötlich gefärbtem Betonstein beweisen eine große Gabe der Architekten: die Coolness, an einem „besonderen Ort“ nicht vor lauter Ehrfurcht gleich auszuflippen, für immer raffiniertere Studiotechnik nicht aufdringlich technoide Architektur schmieden zu müssen, und im Detail immer ein Augenzwinkern parat zu haben.
BIOGRAFIEN
Laurids Ortner, 1941 in Linz geboren.
Architekturstudium an der TU Wien 1967-87. „Haus-Rucker-Co“ mit Günter Zamp Kelp und Manfred Ortner. 1976-87 Professor an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Ab 1987 Professor für Baukunst an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf.
Manfred Ortner, 1943 in Linz geboren.
Studium Malerei und Kunsterziehung an der Akademie der bildenden Künste, Geschichte an der Universität Wien. 1966-71 Kunsterzieher. 1993 Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. 1994 Professor für Entwerfen an der FH Potsdam.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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