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Monumentale Bauten
Palacios und Guastavino - zwei Ausstellungen in Madrid
5. Dezember 2001 - Markus Jakob
Sein Name war Palacios und seine Aufgabe, solche zu bauen: Paläste wie den Círculo de Bellas Artes, wo zurzeit eine Ausstellung belegt, in welch ausserordentlichem Mass der Architekt Antonio Palacios (1874-1945) das Stadtbild Madrids geprägt hat. Drei weitere seiner Hauptwerke stehen in unmittelbarer Umgebung an der Calle de Alcalá, darunter die von dem erst Dreissigjährigen projektierte, 1919 vollendete Madrider Hauptpost: ein mit Kapitellen und Fialen überzuckerter Brocken, der zu Recht «Palacio de Comunicaciones» heisst oder im Volksmund - Trotzki hat das Wort überliefert - «Unsere liebe Frau vom Postwesen». Wozu brauchte Madrid angesichts solcher Bauwerke noch eine Kathedrale? Palacios selbst war das allerdings noch nicht genug, äusserte er sich doch 1940 wie folgt zu seinem Bau: «Die geforderte Durchlässigkeit liess mir keine andere Wahl, als das Gebäude in ein immenses verglastes Leuchtfeuer zu verwandeln; sie vereitelte indessen mein eigentliches, nicht mit kleinlichen Adjektiven, sondern nur mit massiver tektonischer Substantivität zu erreichendes Vorhaben, wie es den grossen Architekten unserer Renaissance vergönnt war», deren Geheimnis er im Übrigen sehr wohl kenne. Immerhin werde, was das Gebäude dadurch an Charakter eingebüsst habe, «durch seinen exzessiven Funktionalismus wettgemacht, diesen neuerdings so gern herumgebotenen Begriff, an dem freilich nichts neu ist als das Wort selbst». - Sein Leben lang weigerte sich Palacios, ein moderner Architekt zu werden. Er bezauberte das Fussvolk, indem er ihm mit seinem Eklektizismus eine Art imperialen Heimatstil vorgaukelte; und er führte damit auch die Eliten hinters Licht, denn diese Heimat war wohl ein Weltreich gewesen, das aber eben seine letzten Kolonien verloren hatte. Kaum jedoch arbeitete er ein wenig nachlässiger oder war zu wenig Geld für die barocke Pracht vorhanden, fand er zeitgemässe und sogar radikale Lösungen. Ein Beispiel dafür sind die neuyorkisch aufeinander getürmten Säle des Círculo de Bellas Artes (1926), mochte er sie dann auch klassizistisch verbrämen. Ein anderes (spätes: 1940) ist der nur einige Schritte davon entfernte Banco Mercantil e Industrial. Und wenn der äusserliche Bombast der Hauptpost inzwischen eher Bauchgrimmen verursacht, so ist doch die räumliche Wirkung der Halle - einer «Music Hall ohne Musik», laut Ramón Gómez de la Serna - mit ihren um die drei Arme laufenden Galerien und Passerellen nach wie vor überwältigend.
Palacios war von 1917 bis 1945 zudem Chefarchitekt der Madrider Metro. Und glücklich die Madrider, die in einem seiner stattlichen Wohnhäuser leben. Angeblich liebäugelt nun auch Madrids Stadtplanungsamt damit, in einen Palacios-Bau umzuziehen: den auf unzähligen Postkarten verewigten Banco Central Hispano. Ein weniger bekanntes Gebäude, das indessen zu seinen Meisterwerken zählt, nimmt jetzt schon die urbanistische Behörde der Comunidad de Madrid auf: das einstige Tagelöhner-Hospital Maudes. Noch besser als in der Ausstellung lässt sich das alles im Katalog verfolgen, der ein veritables Standardwerk zur Madrider Stadtgeschichte ist.
Eine weitere Madrider Ausstellung dieses Herbsts weist einige Parallelen zu Palacios auf, mehr noch aber bildet sie einen spannenden Gegenpol dazu. Auch die Guastavino Fireproof Construction Company hat, wiewohl weniger offensichtlich, eine Stadt geprägt, nämlich New York; zudem annähernd über denselben Zeitraum. Das Werk des 1842 in Valencia geborenen und 1881 in die USA ausgewanderten Gewölbekonstrukteurs Rafael Guastavino führte sein gleichnamiger Sohn (1871-1950) fort; es sind an die tausend Bauten bekannt, an denen die Firma beteiligt war, darunter die NY Telephone Co., die Oyster Bar und andere Teile von Grand Central, die Williamsburg Bridge, die Public Library in Boston, mehrere Gebäude der Columbia University und die Kathedrale St. John the Divine (die jetzt Guastavinos Landsmann Calatrava vollendet). Guastavino Co. war ein Markenzeichen für formal ansprechende Lösungen struktureller Probleme aller Art. Das System beruhte auf der traditionellen katalanischen Technik für Ziegelgewölbe, wie sie Guastavino in Barcelona erlernt, fortentwickelt und dort bereits auf spektakuläre Weise angewandt hatte. Erstaunlich bleibt die Geschmeidigkeit, mit der sie sich an eine ganz andere architektonische Sprache wie die der Art-déco-Lobbys der New Yorker Wolkenkratzer anpassen liess.
[Antonio Palacios, constructor de Madrid. Bis 2. Januar im Círculo de Bellas Artes. Katalog 5900 Ptas. - Guastavino Co. Bis 6. Januar im Museo de América. Katalog 5500 Ptas.]
Palacios war von 1917 bis 1945 zudem Chefarchitekt der Madrider Metro. Und glücklich die Madrider, die in einem seiner stattlichen Wohnhäuser leben. Angeblich liebäugelt nun auch Madrids Stadtplanungsamt damit, in einen Palacios-Bau umzuziehen: den auf unzähligen Postkarten verewigten Banco Central Hispano. Ein weniger bekanntes Gebäude, das indessen zu seinen Meisterwerken zählt, nimmt jetzt schon die urbanistische Behörde der Comunidad de Madrid auf: das einstige Tagelöhner-Hospital Maudes. Noch besser als in der Ausstellung lässt sich das alles im Katalog verfolgen, der ein veritables Standardwerk zur Madrider Stadtgeschichte ist.
Eine weitere Madrider Ausstellung dieses Herbsts weist einige Parallelen zu Palacios auf, mehr noch aber bildet sie einen spannenden Gegenpol dazu. Auch die Guastavino Fireproof Construction Company hat, wiewohl weniger offensichtlich, eine Stadt geprägt, nämlich New York; zudem annähernd über denselben Zeitraum. Das Werk des 1842 in Valencia geborenen und 1881 in die USA ausgewanderten Gewölbekonstrukteurs Rafael Guastavino führte sein gleichnamiger Sohn (1871-1950) fort; es sind an die tausend Bauten bekannt, an denen die Firma beteiligt war, darunter die NY Telephone Co., die Oyster Bar und andere Teile von Grand Central, die Williamsburg Bridge, die Public Library in Boston, mehrere Gebäude der Columbia University und die Kathedrale St. John the Divine (die jetzt Guastavinos Landsmann Calatrava vollendet). Guastavino Co. war ein Markenzeichen für formal ansprechende Lösungen struktureller Probleme aller Art. Das System beruhte auf der traditionellen katalanischen Technik für Ziegelgewölbe, wie sie Guastavino in Barcelona erlernt, fortentwickelt und dort bereits auf spektakuläre Weise angewandt hatte. Erstaunlich bleibt die Geschmeidigkeit, mit der sie sich an eine ganz andere architektonische Sprache wie die der Art-déco-Lobbys der New Yorker Wolkenkratzer anpassen liess.
[Antonio Palacios, constructor de Madrid. Bis 2. Januar im Círculo de Bellas Artes. Katalog 5900 Ptas. - Guastavino Co. Bis 6. Januar im Museo de América. Katalog 5500 Ptas.]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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