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ArchitekturBücher
Der Standard

ArchitekturBücher präsentiert von Gerfried Sperl

18. November 2000 - Gerfried Sperl
Der Aufreger

Seit seinem aufregenden Museumsbau in Bilbao ist der Amerikaner Frank Gehry wohl der Welt bekanntester Architekt. in Buchform ist sein Gesamtwerk erschienen. Das man auf jeden Fall besichtigen sollte - wegen des weihnachtlichen Preises in Form eines Reisegeschenks in Buchform.

Auf über 600 Seiten kriegt man Gehrys Entwicklung von putzigen Wohnanlagen Anfang der 60er Jahre über schön gegliederte Klötze Mitte des Jahrzehnts, etlichen (zum Teil nicht ausgeführten) experimentellen Entwürfen in den 70er Jahren bis herauf zu Wohnhaus-Entwürfen, die zerknautschten Metall-Würfen ähnlicher sind als bewohnbaren Strukturen: Aber Gehrys Stärke ist es gerade, auch scheinbar Zufälliges mit effizientem Funktionalismus zu verbinden.

Vor allem die Entwicklung hin zum Höhepunkt von Bilbao (Ähnliches in den USA kam danach) wird sehr schön dokumentiert - und zusätzlich mit Gehrys Möbeldesign kombiniert.


[DalCo/Forster/Arnold, Frank O. Gehry. Das Gesamtwerk, öS 1.810,-/ 610 Seiten, Deutsche Verlags-
anstalt, Frankfurt.]


Wo sie selbst leben

Wirft man Architekten nicht oft genug vor, sie würden Experimentelles bauen, selbst aber im gesicherten Alten leben. Ein bei Knesebeck erschienenes Buch (Text Jean-Luis Andre, Fotos Eric Morin) versucht das Gegenteil zu belegen.

Die faszinierendsten Bilder kommen aus Österreich - der Autor bezeichnet Günther Domenigs Steinhaus denn auch als „gebautes Manifest“, dessen immer noch unvollendete Melodie zu den großen individuellen Bau-Leistungen des vergangenen Jahrhunderts gehört.

Als Wohnhaus meines eigenen Lebensstils würde ich
Shoei Yohs schwebende Struktur auf einer Steilküste über dem Meer vor Japan wählen. Yoh, der ein Observatorium geplant hat, und das Vulkanmuseum in Fukuoka entwarf, ist ein Könner der Reduktion und ein Fan der Transparenz, die den Natur-Dialog forciert.

Welche Häuser können Sie u.a. noch besichtigen: Die von Gustav Peichl, von Oswald Mathias Ungers, von Robert Venturi, von Hiroshi Hara, von Ricardo Bofill.


[Andre/Morin, Architekten und ihre Häuser, öS 715,-/192 Seiten, 282 Bilder, Verlag Knesebeck 2000.]


Faszination Hochhaus

Wolkenkratzer hat man sie anfangs bildhaft genannt. Weil sie dort aufhörten, wo Flugzeuge an der unteren Wolkengrenze entlangflogen. Die für mich informativste Dokumentation der Hochhausbauten des 20. Jahrhunderts hat jetzt Bruno Flierl vorgelegt. Die Dynamik dieser Bauten kommt aus der rasanten Entwicklung der Banken und der Dienstleistungen.

Das Buch beschäftigt sich nicht nur mit der Entwicklung der Typen von Hochhäusern, sondern auch und intensiv mit dem Phänomen der „Hochhauswand“ und der Hochhaus-Landschaft, deren berühmteste Manhattan ist. Flierl stellt vor allem Chicago und New York, Paris, Berlin, Frankfurt und Moskau, Hongkong, Singapur/Kuala Lumpur, Hongkong/Shenzhen und die jüngste Explosion dieser Art in Shanghai vor.

Sehr interessant ist die Befassung des Autors mit den nicht gebauten Objekten, die er in die grafisch gestalteten Höhenvergleiche einbe-
zieht.


[Bruno Flierl, Hundert Jahre Hochhäuser, öS 1080,-/264 Seiten, 329 Fotos, Verlag Bauwesen, Berlin 2000. ]


Zehn mal zehn

Eines der faszinierendsten Architektur-Bücher der letzten Jahre ist heuer in einem britischen Verlag erschienen. Die deutsche Ausgabe ist für 2001 geplant: Zehn Architektur-Kritiker haben je zehn Häuser ausgewählt und so ein eigenwilliges Ranking der aktuellen Architektur-Szene erstellt.

Für Österreich erfreulich: Mit Baumschlager/Eberle, Riegler/Riewe und Wolfgang Feyferlik sind drei Büros (die alle außerhalb Wiens geführt sind) in diese Galerie aufgenommen worden. Zwei von ihnen wurden von Kirstin Feireiss nomniert, der Chefin des niederländischen Architektur-Insti-
tuts.

Drei Tendenzen dieser Auswahl, die viele Wohnhäuser enthält, fallen auf: 1. Computerstrukturen; 2. einfache Quader; 3. Verwendung von Holz. Die Kritiker erklären ausführlich ihre Auswahlkriterien. Das Herz des Buches sind die farbigen Bildmontagen der hundert Objekte.


[10 Kritiker, 10x10, öS 795,-/468 Seiten, Phaidon, London 2000. ]

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