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Wiener Wohnberg, Grazer Ufo und Villacher Zwischenräume
Visionen des Zusammenlebens im Rahmen von «Europan 6»
6. Juli 2001 - Gert Walden
Junge Architekten bringen ihre Ideen ein, die Städte oder auch private Bauträger die Grundstücke - das ist eine Grundidee von «Europan».Zum sechsten Mal wurden nun nationale Wettbewerbe für Architekten unter 40 in insgesamt 67 europäischen Städten entschieden. Besondere Aufmerksamkeit erheischten diesmal die Beiträge aus Österreich. Hier haben sich die Städte Wien, Graz und Villach beteiligt, um das Nachdenken über die Zukunft des Wohnens zu unterstützen. «Zwischenorte - Architektur im Prozess zur urbanen Erneuerung» lautete das Europan-Thema. Nicht mehr ausschliesslich Wohnkonzepte für morgen waren gefragt. Vielmehr war es heuer erstmals möglich, auch die Mischformen des Zusammenlebens neu zu überdenken. Und das ist auch richtig so, weil monofunktionale Kohabitationen eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Neu ist bei «Europan 6» zudem, dass nun intensiver der Versuch unternommen wird, die Siegerprojekte auch tatsächlich zu realisieren. Die Chancen stehen dafür gerade in Wien recht gut, wo nicht die Gemeinde das Grundstück zur Verfügung stellt, sondern das ambitionierte Bauunternehmen Mischek. Die Firma will mit Unterstützung des neuen Planungsstadtrates RudolfSchicker das Projekt der erstrangierten Architekten Anna Popelka und Georg Poduschka im südöstlichen Stadtteil Simmering ausführen.
Auf gut Wienerisch gesagt, ist das gewählte Grundstück nur eine «Gegend» - kaum städtische Verdichtung, ziellos hingestreute Wohnbauten und die üblichen Gewerbebetriebe. Popelka & Poduschka implantieren diesem fragmentarisch- urbanen Gebiet eine geballte Ladung Architektur, die in mehrfacher Hinsicht die Sachkundigkeit ihrer Urheber artikuliert. Statt der landläufigen Blockrandbebauungen konstruieren sie eine Raumhülle, deren Begrenzung nicht nur die Bauordnung, sondern - viel elementarer - der Sonnenlichteinfall gegenüber den angrenzenden Häusern bildet. Diese Spielregeln, um maximale Volumina zu erreichen, klingen zwar simpel, in der Umsetzung stellen sie aber eine massive Herausforderung dar. Das vorläufige Ergebnis zeigt nun einen «Wohnberg» - mit Büros und Geschäften -, wie wir ihn ähnlich aus den sechziger Jahren kennen, erschlossen von einer zentralen Halle. Die Unbefangenheit der jungen Architekten gegenüber einem in Misskredit geratenen Bautyp macht sich jedoch bezahlt. Die bauliche Hülle mit aussen liegenden Terrassenwohnungen eröffnet im Dialog mit der Halle genügend Möglichkeiten, um «spezielle Räume» zu schneidern.Keine Rede also mehr von «Nutzungsneutralität», die Architekten arbeiten mit dem gesamtenklassischen Instrumentarium der Volumen, Hohlräume und Blickverbindungen.
Dem Revival der «Wohnberge» in Wien folgt die Grazer Wiederfindung der «fliegenden Untertassen». Wie Ufos haben die Laibacher Architekten Rok Okman, Spela Rogel und Josip Konstantinovic ihre spiralförmigen Baukörper auf der «Gstättn» einparken lassen. Und trotzdem sind keine autistischen Baukörper dabei herausgekommen, sondern ein witziges Netzwerk aus Abgeschiedenheit und Öffentlichkeit, das eine neue Stadtlandschaft generiert. Weniger spektakulär erscheint das von den Berliner Wettbewerbsteilnehmern Zeynep Ayse Hicsasmaz, Thorsten Bunk und Jahn Monner eingereichte Siegerprojekt für Villach. Sie definieren ein Regelwerk der Zwischenräume, eine Grammatik, welche die Massstäblichkeit und Positionierung der Baukörper bestimmt. Als mikrourbane Parallele zur Landschaft finden sich die Berge, Flüsse und Seen der Umgebung abstrahiert im Durchströmen der Siedlungswege und in der Höhenstaffelung der Bauten wieder. Das Nachdenken über die Möglichkeiten des Zusammenlebens hat sich mit «Europan 6» für die drei Städte gelohnt. Gerade im eher theoriefeindlichen Klima Österreichs sind die Aufforderungen zum Vertrauen in die Kompetenz der Architekten umso wesentlicher, als die tradierten Strickmuster der Bebauung von Seiten der Bewohner deutlich wahrnehmbar in Frage gestellt werden.
Auf gut Wienerisch gesagt, ist das gewählte Grundstück nur eine «Gegend» - kaum städtische Verdichtung, ziellos hingestreute Wohnbauten und die üblichen Gewerbebetriebe. Popelka & Poduschka implantieren diesem fragmentarisch- urbanen Gebiet eine geballte Ladung Architektur, die in mehrfacher Hinsicht die Sachkundigkeit ihrer Urheber artikuliert. Statt der landläufigen Blockrandbebauungen konstruieren sie eine Raumhülle, deren Begrenzung nicht nur die Bauordnung, sondern - viel elementarer - der Sonnenlichteinfall gegenüber den angrenzenden Häusern bildet. Diese Spielregeln, um maximale Volumina zu erreichen, klingen zwar simpel, in der Umsetzung stellen sie aber eine massive Herausforderung dar. Das vorläufige Ergebnis zeigt nun einen «Wohnberg» - mit Büros und Geschäften -, wie wir ihn ähnlich aus den sechziger Jahren kennen, erschlossen von einer zentralen Halle. Die Unbefangenheit der jungen Architekten gegenüber einem in Misskredit geratenen Bautyp macht sich jedoch bezahlt. Die bauliche Hülle mit aussen liegenden Terrassenwohnungen eröffnet im Dialog mit der Halle genügend Möglichkeiten, um «spezielle Räume» zu schneidern.Keine Rede also mehr von «Nutzungsneutralität», die Architekten arbeiten mit dem gesamtenklassischen Instrumentarium der Volumen, Hohlräume und Blickverbindungen.
Dem Revival der «Wohnberge» in Wien folgt die Grazer Wiederfindung der «fliegenden Untertassen». Wie Ufos haben die Laibacher Architekten Rok Okman, Spela Rogel und Josip Konstantinovic ihre spiralförmigen Baukörper auf der «Gstättn» einparken lassen. Und trotzdem sind keine autistischen Baukörper dabei herausgekommen, sondern ein witziges Netzwerk aus Abgeschiedenheit und Öffentlichkeit, das eine neue Stadtlandschaft generiert. Weniger spektakulär erscheint das von den Berliner Wettbewerbsteilnehmern Zeynep Ayse Hicsasmaz, Thorsten Bunk und Jahn Monner eingereichte Siegerprojekt für Villach. Sie definieren ein Regelwerk der Zwischenräume, eine Grammatik, welche die Massstäblichkeit und Positionierung der Baukörper bestimmt. Als mikrourbane Parallele zur Landschaft finden sich die Berge, Flüsse und Seen der Umgebung abstrahiert im Durchströmen der Siedlungswege und in der Höhenstaffelung der Bauten wieder. Das Nachdenken über die Möglichkeiten des Zusammenlebens hat sich mit «Europan 6» für die drei Städte gelohnt. Gerade im eher theoriefeindlichen Klima Österreichs sind die Aufforderungen zum Vertrauen in die Kompetenz der Architekten umso wesentlicher, als die tradierten Strickmuster der Bebauung von Seiten der Bewohner deutlich wahrnehmbar in Frage gestellt werden.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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