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Bauminsel und Waldlichtung
Bauminsel und Waldlichtung, Foto: Irene Lohaus + Peter Carl
Bauminsel und Waldlichtung, Schaubild: Irene Lohaus + Peter Carl
Bauminsel und Waldlichtung, Plan: Irene Lohaus + Peter Carl
Bauminsel und Waldlichtung, Foto: Irene Lohaus + Peter Carl

Im London des 18. Jahrhunderts sowie in anderen Städten in England und Schottland zählten die Squares zu den wichtigsten öffentlichen Grünanlagen inmitten wohlhabender Stadtquartiere.

1. September 2001 - Udo Weilacher
Die schmucken Garteninseln entstanden bereits im späten 17. Jahrhundert und waren mit ausgewählten Baum- und Straucharten bepflanzt, die von den Anwohnern liebevoll gepflegt wurden. Diese repräsentative «grüne Mitte», eine Mischung aus Platz und Park, fand schon bald in Europa und Nordamerika Verbreitung und wird noch heute gerne als planerisches Vorbild für Quartierparks zitiert, so auch in der neuen, rasterartig angelegten «Expo-Siedlung» am 106 Meter hohen Kronsberg bei Hannover. Aber taugen die jahrhundertealten, auf Repräsentationszwecke angelegten Vorbilder tatsächlich noch für das 21. Jahrhundert?

Die Landschaftsarchitekten Irene Lohaus und Peter Carl aus Hannover bezogen sich 1996 bei ihrer Planung der neuen Quartierparks Nord und Mitte auf das englische Vorbild, weil sie die knapp 1 und 1,4 Hektaren grossen Flächen für Plätze als zu gross und für Parks zu klein erachteten. Zudem sollten die neuen Parks - genau wie die alten englischen Vorbilder - eine gewisse Intimität ausstrahlen und mit ihrem Eigencharakter den Anwohnern als identitätsstiftende Orte dienen. Zwei gegensätzliche Konzepte charakterisieren die beiden Anlagen. Eine grosse rundliche Waldlinse, eingelagert in eine steinerne, annähernd quadratische Platzfläche, kennzeichnet den Quartierpark Nord. Im Gegensatz dazu präsentiert sich der etwas grössere Quartierpark Mitte als Lichtung mit leicht verdrehtem quadratischem Grundriss, ausgestanzt aus einem dicht gepflanzten Hain aus Mehlbeerbäumen.

Was die Planungsaufgabe erschwerte, aber die realisierten Projekte umso spannender macht, ist die um fünf Prozent nach Westen geneigte Hanglage, in der beide Anlagen entstanden. Hier erweist sich die mit Kiefern und Rasen bepflanzte, 1,50 Meter hohe Erdlinse des mittleren Parks als intelligenter Kunstgriff. Anstatt die gesamte Fläche zwanghaft zu nivellieren, erzeugt der uhrglasförmig aufgewölbte Erdkörper eine Vielfalt unterschiedlicher Geländedispositionen und Nutzungsmöglichkeiten. Wo der Kiefernhain auf fast ebener Fläche stockt, wurde ein langes «Spielband» geschaffen, auf dessen Sandfläche die Kinder eine Sammlung gängiger Spielgeräte finden.

Auch der Platzfläche, die wegen der zentral eingefügten Rundform in den Eckbereichen zwangsläufig ein wenig zu grosszügig geraten ist, widmeten die Landschaftsarchitekten besondere Aufmerksamkeit. Dem Gefälle folgend, ist die spärlich mit Kleingehölzen und Ölweiden bepflanzte Fläche mit unterschiedlich breiten Bändern aus grossformatigen Betonplatten belegt, zwischen denen in Längsrichtung drei Zentimeter breite Grünfugen zur Regenwasserversickerung ausgebildet wurden.

Zuweilen schieben sich aus den Plattenbändern massive Betonbalken horizontal aus dem Hang und dienen vordergründig als Sitzmöglichkeiten. Vor allem aber akzentuieren sie die Topographie und hinterlassen breite Spuren aus Kalkschotter, in denen sich ebenso wie in den Grünfugen eine abwechslungsreiche Spontanvegetation eingefunden hat. Das Regenwasser wird am Hangfuss in Rigolen aufgefangen und anschliessend in einen unterirdischen Klangraum getropft. Im Unterschied zu diesem einfühlsamen akustischen Experiment am Westrand wirkt die östliche Platzbegrenzung, eine lange Corten-Stahl-Pergola, die mit Glyzinien berankt werden soll, eher modisch.

Die Begrenzung des Quartierparks Mitte mit einer geschnittenen Hainbuchenhecke ist zwar weniger aufsehenerregend, dafür umso überzeugender. Ebenso kraftvoll wirkt der Hain aus Mehlbeeren, die im engen Raster mit etwa vier Meter Abstand gepflanzt wurden. Das 1999 eingefügte Kunstwerk - «(4×) 28 Worte» - von Dieter Froelich, eine Serie von beschrifteten Steintafeln, die im Schatten des Hains verlegt wurden, tritt räumlich nicht in Erscheinung, aber akzentuiert den Ort unauffällig. Die Grenze zwischen dichtem Hain und zentraler Lichtung wird zusätzlich durch die Absenkung der inneren Rasenfläche um einen Meter verstärkt.

Über umlaufende Treppenstufen und fünf eingefügte Rampen gelangt man von der wassergebundenen Rahmenfläche in das Innere des Parks. Hier schaffen Stahlbänder entlang den Höhenlinien ebene, nutzbare Rasenterrassen, die mit einzelnen Zierapfelbäumen, Spielgeräten und mobilen Sitzgelegenheiten bestückt sind. In den Wettbewerbsentwurf für den Park hatte man am nördlichen Rand der Lichtung ursprünglich eine Kindertagesstätte integriert, die die gesamte Parkfläche mitbenutzen sollte. Diese Idee stiess jedoch nicht auf die Akzeptanz der verantwortlichen Behörden. Die Architekten Heerwagen Lohmann Uffelmann errichteten zwar eine schlichte zweigeschossige Kindertagesstätte am Nordwestrand der Lichtung, grenzten aber mit einem Zaun einen augenscheinlich besser kontrollierbaren Bereich für die Kinder ab, was der Grosszügigkeit der Gesamtkonzeption des Parks jedoch kaum Abbruch tut.

Anders als die englischen Squares sind die beiden Parks in Hannover-Kronsberg nicht nur hübsche grüne Oasen, sondern nutzbare städtische Freiräume. In ihnen begegnet man zwei der wichtigsten Archetypen in der Geschichte der Kulturlandschaft: Bauminsel und Waldlichtung. Die Kraft dieser Landschaftsarchetypen, gepaart mit einer qualitätvollen freiraumgestalterischen Sprache der heutigen Zeit, prägt die unverwechselbaren, fast poetischen Charaktere der beiden neuen Parks.

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