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Die Glory Days der Treppe
Eine Ausstellung in Barcelona
4. Januar 2002 - Markus Jakob
Die Tage der Treppe als architektonisches Glanzstück sind gezählt, hat nicht ohne Wehmut der Architekt Oscar Tusquets festgestellt und eine Schau organisiert, die unter dem Titel «Requiem für die Treppe» zurzeit in Barcelona zu sehen ist. Sie bildet den Auftakt zu einer Ausstellungsreihe des Centre de Cultura Contemporània de Barcelona (CCCB), die sich in den nächsten Jahren mit weiteren Grundelementen der Architektur - Säulen, Schatten, Licht . . . - befassen soll.
Tusquets masst sich nicht an, das Thema umfassend oder nach streng wissenschaftlichen Kriterien zu präsentieren, sondern lässt sich von eigenen Vorlieben leiten. Schön, dass es trotzdem (oder eben deshalb?) eine gut aufgebaute, in sich stimmige Ausstellung geworden ist. Auf zwei Ebenen angelegt, die durch ein Dutzend beispielgebende Treppen miteinander verbunden sind, sortiert sie ihr Thema nach Typen wie der abgewinkelten und der Repetiertreppe, der sich verzweigenden und der Wendeltreppe, der frei schwebenden und der unmöglichen Treppe. Ein Grossteil des Materials sind Photographien; zu sehen sind aber auch Filmausschnitte, Pläne, Modelle und für jeden Treppentyp ein Gemälde. Da entdeckt man traumhafte Treppenanlagen wie die des Wassertempels von Ranji-Ki-Baori oder der Festung von Santiago de Cuba neben einer Holztreppe im Goms, einem Stufengeschnitz der Dogon oder einer um einen Hochkamin sich schlingenden Stiege, die das Kapitel «Bloss kein Geländer» vorzüglich illustriert. Da sind Treppen von Architekten wie Aalto, Barragán, Kahn, Michelangelo, Miralles, Saarinen, Schinkel, Sejima zu sehen, und aus Hitchcocks «Vertigo» gerät man direkt nach Machu Picchu. Eine wenn nicht schwindelerregende, so doch ebenso kapriziöse wie deliziöse Angelegenheit.
Treppen jedoch, so schön sie waren, haben heute ausgedient. Man fährt jetzt per Lift in seinen Fitnessklub, um sich dort auf virtuellen Stufen abzustrampeln. Ein Übriges tut die raumfressende, aber politisch korrekte Rampe; ein aberwitziges barcelonesisches Beispiel dafür bietet gleich neben dem CCCB Richard Meiers Museumsbau. Und Tusquets versäumt nicht, es zu erwähnen: Die Mehrzahl der ausgestellten Treppen könnte schon wegen der Feuerschutzvorschriften heute nicht mehr gebaut werden.
[ Bis 27. Januar. Katalog (span./katalan.), 224 S., Pta. 3000.-. ]
Tusquets masst sich nicht an, das Thema umfassend oder nach streng wissenschaftlichen Kriterien zu präsentieren, sondern lässt sich von eigenen Vorlieben leiten. Schön, dass es trotzdem (oder eben deshalb?) eine gut aufgebaute, in sich stimmige Ausstellung geworden ist. Auf zwei Ebenen angelegt, die durch ein Dutzend beispielgebende Treppen miteinander verbunden sind, sortiert sie ihr Thema nach Typen wie der abgewinkelten und der Repetiertreppe, der sich verzweigenden und der Wendeltreppe, der frei schwebenden und der unmöglichen Treppe. Ein Grossteil des Materials sind Photographien; zu sehen sind aber auch Filmausschnitte, Pläne, Modelle und für jeden Treppentyp ein Gemälde. Da entdeckt man traumhafte Treppenanlagen wie die des Wassertempels von Ranji-Ki-Baori oder der Festung von Santiago de Cuba neben einer Holztreppe im Goms, einem Stufengeschnitz der Dogon oder einer um einen Hochkamin sich schlingenden Stiege, die das Kapitel «Bloss kein Geländer» vorzüglich illustriert. Da sind Treppen von Architekten wie Aalto, Barragán, Kahn, Michelangelo, Miralles, Saarinen, Schinkel, Sejima zu sehen, und aus Hitchcocks «Vertigo» gerät man direkt nach Machu Picchu. Eine wenn nicht schwindelerregende, so doch ebenso kapriziöse wie deliziöse Angelegenheit.
Treppen jedoch, so schön sie waren, haben heute ausgedient. Man fährt jetzt per Lift in seinen Fitnessklub, um sich dort auf virtuellen Stufen abzustrampeln. Ein Übriges tut die raumfressende, aber politisch korrekte Rampe; ein aberwitziges barcelonesisches Beispiel dafür bietet gleich neben dem CCCB Richard Meiers Museumsbau. Und Tusquets versäumt nicht, es zu erwähnen: Die Mehrzahl der ausgestellten Treppen könnte schon wegen der Feuerschutzvorschriften heute nicht mehr gebaut werden.
[ Bis 27. Januar. Katalog (span./katalan.), 224 S., Pta. 3000.-. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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