Artikel

Urnengräber in Waldlichtungen
Neue Zürcher Zeitung

Die Landschaftsarchitekten Vetsch Nipkow Partner

Mit ihrer subtilen Erweiterung der monumentalen, 1932 eröffneten Friedhofanlage am Hörnli in Basel haben die Zürcher Landschaftsarchitekten Vetsch Nipkow Partner einen intimen Ort der Begegnung in der Natur geschaffen. Auch bei der Gestaltung von Privatgärten verstehen sie es, mit den Strukturen des Geländes zu arbeiten und ein dichtes Geflecht von Bezügen zwischen Innen- und Aussenraum zu formen.

7. November 2003 - Suzanne Kappeler
Der 1932 eröffnete Basler Zentralfriedhof am Hörnli wurde in Etappen bis 1960 realisiert. Die terrassenförmige Anlage zeichnet sich durch eine klare Mittelachse und eine geometrische Einteilung der Gräberfelder aus. Für die Erneuerung des von einer Strasse abgetrennten Urnenfriedhofs, der sogenannten Abteilung 12 im waldartigen oberen Teil, wurde 1995 ein Projektwettbewerb lanciert. Es galt, ein neues Urnengebäude zu gestalten, die Grabfelder durch ein Wegsystem zu erschliessen und den Wasserabfluss zu regulieren. Vom Frühling 2001 bis zum Frühsommer 2003 dauerten die Bauarbeiten, wobei die Landschaftsarchitekten Walter Vetsch und Beat Nipkow sowie die sie begleitenden Architekten, Eppler Mariani Schoop aus Baden, ihr ursprüngliches Projekt leicht modifizierten: Das 120 Meter lang und zweigeschossig geplante Urnengebäude wurde als zu massig empfunden und in Höhe und Länge reduziert. Die seltene und reiche Flora und Fauna des seit langem leer stehenden Friedhofteils sollte möglichst erhalten bleiben. Anhand eines ökologischen Begleitplans wurden Trockenwiesen und feuchte Orchideenstandorte ausgeschieden, die nun unberührt bleiben. In der Abteilung 12 ist so eine durchlässige Parklandschaft entstanden, die sich deutlich vom stark strukturierten unteren Friedhofsteil abhebt.


Geschwungene Linien

Am Fuss des Hügels bildet das 100 Meter lange Urnengebäude den Übergang in den neuen Friedhofsteil. Die farbigen Gläser, die als Verschluss der Urnennischen dienen, machen das mit einem Säulenportikus gegen den bekiesten Hauptplatz hin elegant rhythmisierte Gebäude zu einem leichten Raumgebilde, welches sich unaufdringlich in die Landschaft einfügt. Die lang gezogene Horizontale des Baukörpers sorgt für die Strukturierung des grosszügigen Platzes mit dem würfelartigen Urnenübergaberaum und der als Spiegel angelegten Wasserfläche. Eine leicht geschwungene Brücke aus Stahlblech öffnet den Zugang zu der von Baumgruppen geprägten Wiesenlandschaft, die über ein System von Rampen und horizontal verlaufende Fusswege erschlossen wird. Es sind sparsam gesetzte architektonische Eingriffe, welche die Wellenbewegungen der naturnahen Landschaft aufnehmen.

Parallel zu den Rampen mit eingelegten Treppenstufen verlaufen Kanäle für das Meteorwasser, das den See vor dem Urnenhof füllt. Vom Scheitelpunkt der Rampen aus schwingen sich mit Betonplatten belegte Fusswege niedrigen Stützmauern entlang und den Höhenkurven des Geländes folgend durch die bewegte Landschaft. An den Wegen gibt es drei von Mauerscheiben gefasste Ruheplätze, die von Barbara Mühlefluh mit in den Ortbeton eingelassenen Spiegeln künstlerisch gestaltet wurden. Eine drei Meter hohe Urnenmauer im oberen Teil bildet noch einmal eine Zäsur in der hainartig gestalteten Anlage. Durch einen tiefen Einschnitt in der Mauer gelangt der Spaziergänger zum Aussichtsplatz im Wald, in dessen Boden flache, spiegelnde Wasserflächen als Kunstelemente eingelassen sind. Von hier aus bietet sich ein herrlicher Blick auf die Stadt Basel, den Rhein und die umliegenden Höhen. Auf einer langen Reihe von Betonstufen, die einer unendlichen Leiter gleicht, gelangt man auf der Nordseite wieder hinunter zum Urnenhof.


Atmosphärische Anlagen

Die Grabfelder ober- und unterhalb der Wege sollen lediglich mit liegenden Grabplatten strukturiert werden. Zahlreiche Wiesenfluchten bleiben unberührt. Die schönen, sich aus Buchen, Hainbuchen, Kiefern, Lärchen und Ahornen zusammensetzenden Baumbestände und die selten gewordenen Magerwiesen verleihen der Anlage etwas Atmosphärisches, Natürliches. Wo es nötig war, etwa im unteren Bereich und entlang der Schneise zur alten Grabanlage im Wald, wurden neue Baumgruppen gepflanzt. Die poetische Qualität der bestehenden Landschaft spielt die Hauptrolle; die neu eingefügten Betonelemente ordnen sich ihr unter. So ist ein für unser Land einzigartiger Friedhofsnaturpark entstanden, dessen freie Form sich stark von den traditionellen Grabfeldern abhebt und einen besinnlichen Umgang mit dem Tod ermöglicht. Anders als die bekannten Waldfriedhöfe ist der neue Friedhof am Hörnli sehr durchlässig und ein unauffälliger Teil der umgebenden Landschaft.

Rund um eine Gründerzeitvilla am Zürichberg gestalteten Vetsch Nipkow Partner auf 600 Quadratmetern ein dichtes Geflecht von Beziehungen zwischen Innen- und Aussenraum. Auf verschiedenen Etagen breiten sich vielfältige Gartenräume mit mediterraner Atmosphäre aus. Ein Teil der Anlage wird von einer geschichteten Mauer aus gesägten Granitblöcken gefasst. In vielen ihrer Projekte überraschen Vetsch Nipkow Partner mit ungewohnten Oberflächen bekannter Materialien. So wirkt der gesägte Granit porös und scheint das herunterlaufende Wasser gleichsam aufzusaugen. Die mit Betonstreifen abgeschlossene Mauer dient auch als Wärmespeicher. Zusammen mit der in anderen Gartenräumen eingesetzten Vegetation - etwa lang gezogenen Hortensienpflanzungen - erzeugt sie eine illusionistische Tiefenwirkung. Auf der untersten Ebene breitet sich vor dem Gartenzimmer eine bekieste Terrasse mit Wasserbecken und in Betonrahmen eingelassenen Gemüsebeeten aus. Die beschränkte Fläche der schmalen und langen Räume überspielen die Landschaftsarchitekten mit einer reichen Raumstruktur.

Ein ganz anderer Privatgarten wurde auf einem zehn Hektaren grossen Grundstück am Rande einer Riedlandschaft verwirklicht. Zusammen mit den Architekten, die das frühere Ökonomiegebäude in ein zeitgemässes Wohnhaus mit grosszügigen Fensterfronten verwandelten, entwickelten Vetsch Nipkow Partner auch hier einen intensiven Freiraumbezug. Bis zu fünfzig Meter lange, mit Calemagrostis-Gräsern bepflanzte Streifen setzen Akzente in den gemähten Wiesenflächen, die vor dem Hintergrund von lockeren Gehölzgruppen stehen. Die vom Wind verursachten Wellenbewegungen der Gräser erinnern an Gestaltungselemente des grossen brasilianischen Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx. In die gemähte Wiese eingelegte Kiesflächen mit Sitzgelegenheiten erscheinen als helle Dekorelemente und ermöglichen einen Aufenthalt in der Landschaft. Den streng geometrischen Strukturen, die durch Betonstreifen und den Swimmingpool vor dem Haus gebildet werden, sind vergleichsweise wilde, grossflächige Pflanzungen als Übergang zur Landschaft entgegengesetzt.

Walter Vetsch und Beat Nipkow liegt viel daran, bei ihren Auftraggebern Begeisterung und Verständnis dafür zu wecken, dass die Entwicklung eines Gartens Zeit braucht. Für schnelle Instantkonzepte sind sie nicht zu haben. Sie sehen ihre Arbeit als einen «Rückwärts-Vorwärts- Prozess». In einer von überflüssigen Inhalten gereinigten Raumstruktur wird das Gelände mit Pflanzungen «wieder aufgeladen», um eine Stimmung zu schaffen. Bei Neu- oder Umbauten mit gleichzeitiger Gartengestaltung kommt der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Architekten eine zentrale Bedeutung zu, wobei die Landschaftsarchitektur den gleichen Stellenwert haben soll wie die Architektur.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: