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Ein Mann mit Hut, Bart und Rückgrat
Jetzt US-Staatsbürger: der österreichische Architekt Raimund Abraham.
9. März 2002 - Thomas Trenkler
Eigentlich war es ein Affront. Vor knapp zehn Jahren, im Dezember 1992, als man nicht Hans Hollein zum Sieger des Architekturwettbewerbs um den Neubau des österreichischen Kulturinstituts in New York kürte, sondern Raimund Abraham. Aber am Spruch der prominent besetzen Jury war nicht zu rütteln. Und Hollein, der Zweitplatzierte, beugte sich ihr. Etwas säuerlich.
Diskussionen gab es - anfänglich - trotzdem. Denn was hatte der Lienzer, 1933 geboren, schon realisiert? Nicht viel. Ein paar Häuser. Abraham war irgendwie ein Loser, zumindest bei den wirklich großen Wettbewerben, zum Beispiel um das Centre Pompidou oder die Bastille-Oper in Paris: Er wurde Zweiter.
Zudem ist Abraham, der an der TU Graz studierte und 1964 in die USA auswanderte, eher ein Theoretiker: Der Professor für Architektur an der Cooper Union und Adjunct Professor am Pratt Institute in New York City beschäftigte sich jahrzehntelang vor allem mit „imaginärer Architektur“. Denn die ist viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist.
Die Pläne für das neue, im Vorjahr in „Kulturforum“ umgetaufte Institut in der 52. Straße hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares architektonisches Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.
So begann der Miniwolkenkratzer mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - langsam Tatsache zu werden. Und weil Abraham auch noch zwei Architekturen in den Städten der Geburt wie des Studiums realisierte, setzte er die Präposition im Titel seiner Monografie, 1996 bei Springer erschienen, in eckige Klammern: [UN]BUILT.
Doch nach all den Scherereien, die er im letzten Jahrzehnt mit dem Kulturinstitut hatte, wäre es ihm mitunter fast lieber ungebaut geblieben. Zuerst rückte der damalige Finanzminister Andreas Stari- bacher (SP) das Geld nicht heraus, dann pfuschten die New Yorker Baufirmen, was zu erheblichen Verzögerungen führen sollte. Nicht 1996, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums, wurde das Haus eröffnet, auch nicht im Jahr 2000 oder im September 2001 (zum Glück nicht, wie sich herausstellte). Aber es wird: demnächst, im April.
Abraham schimpfte immer wieder. Über das Außenministerium. Über den Finanzminister. Über die Mafia. Den Mund ließ sich der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut nie verbieten. Er ist eben ein Osttiroler.
Am meisten aber schimpfte Abraham im Frühjahr 2000. Über die Politik. Aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung suchte der Nach-wie-vor-Österreicher um die US-Staatsbürgerschaft an. Seit vorgestern mit Erfolg.
Diskussionen gab es - anfänglich - trotzdem. Denn was hatte der Lienzer, 1933 geboren, schon realisiert? Nicht viel. Ein paar Häuser. Abraham war irgendwie ein Loser, zumindest bei den wirklich großen Wettbewerben, zum Beispiel um das Centre Pompidou oder die Bastille-Oper in Paris: Er wurde Zweiter.
Zudem ist Abraham, der an der TU Graz studierte und 1964 in die USA auswanderte, eher ein Theoretiker: Der Professor für Architektur an der Cooper Union und Adjunct Professor am Pratt Institute in New York City beschäftigte sich jahrzehntelang vor allem mit „imaginärer Architektur“. Denn die ist viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist.
Die Pläne für das neue, im Vorjahr in „Kulturforum“ umgetaufte Institut in der 52. Straße hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares architektonisches Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.
So begann der Miniwolkenkratzer mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - langsam Tatsache zu werden. Und weil Abraham auch noch zwei Architekturen in den Städten der Geburt wie des Studiums realisierte, setzte er die Präposition im Titel seiner Monografie, 1996 bei Springer erschienen, in eckige Klammern: [UN]BUILT.
Doch nach all den Scherereien, die er im letzten Jahrzehnt mit dem Kulturinstitut hatte, wäre es ihm mitunter fast lieber ungebaut geblieben. Zuerst rückte der damalige Finanzminister Andreas Stari- bacher (SP) das Geld nicht heraus, dann pfuschten die New Yorker Baufirmen, was zu erheblichen Verzögerungen führen sollte. Nicht 1996, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums, wurde das Haus eröffnet, auch nicht im Jahr 2000 oder im September 2001 (zum Glück nicht, wie sich herausstellte). Aber es wird: demnächst, im April.
Abraham schimpfte immer wieder. Über das Außenministerium. Über den Finanzminister. Über die Mafia. Den Mund ließ sich der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut nie verbieten. Er ist eben ein Osttiroler.
Am meisten aber schimpfte Abraham im Frühjahr 2000. Über die Politik. Aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung suchte der Nach-wie-vor-Österreicher um die US-Staatsbürgerschaft an. Seit vorgestern mit Erfolg.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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