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nextroom fragt: Winkler + Ruck Architekten
Winkler + Ruck Architekten geht es in ihrer Arbeit um Angemessenheit und Schönheit, Radikalität und Banalität, Material und Handwerk. Ihre Antworten dürfen so nebeneinander stehen bleiben, wer gerade welchen Standpunkt einnimmt, bleibt offen. Klaudia Ruck und Roland Winkler im Interview mit Martina Pfeifer Steiner.
4. September 2018
In welchen Bürostrukturen arbeiten Sie?
Geerdet-sein und Abheben – das macht unsere Zusammenarbeit aus. Wir reiben uns aneinander, wir räumen auf und schütteln, bis alles Unwichtige abfällt. Dabei fliegen auch manchmal die Fetzen. Die Gedanken dürfen abheben, und – vorausgesetzt, sie sind beim Schütteln nicht abhanden gekommen – Wurzeln schlagen.
Wir halten unsere Bürostruktur bewusst schlank und persönlich. Weniger ist mehr, damit bleibt die Stringenz erhalten, die sich beginnend bei der Idee durch ein Projekt ziehen sollte. Am liebsten würden wir ja alles selber machen, wie bei einer Skulptur, die aus dem Stein gehauen wird. Das ist zwar anstrengend, aber ein wundervoller Weg. Doch wir mussten genauso lernen, die MitarbeiterInnen ins Boot zu holen, sie anzustecken, von ihnen zu lernen. In diesem Prozess geht es dann nicht ums Abarbeiten, es entsteht ein Werk. Wichtig ist uns bei jedem Projekt der Schritt in etwas Neues, ein Risiko einzugehen, etwas auszuprobieren. Wenn es damit gelingt auf eine weitere Stufe zu kommen, ist das der größte Lohn, den ein Projekt zurückgeben kann. Das braucht man auch, denn die Umsetzung ist meist sehr hart, vor allem, wenn wir uns weit hinauslehnen, aber das ist unser Antrieb, unsere Lust, unser Trost.
Was inspiriert Sie?
Wir hatten beide das Glück bei unserem Studium in Graz – bei dem wir uns auch kennenlernten – gute Lehrer zu haben. An TU war damals noch die alte Riege an Professoren aktiv. Zwei davon haben uns besonders geprägt: Franz Riepl verkörperte das Bodenständige und Giselbert Hoke das Künstlerische.
Nicht nur Gespräche sind sehr bereichernd, sondern auch das Zuhören, die Achtsamkeit im Moment und die Ruhe. Inspirativ ist zudem dieser endlose Raum, der sich auftut zwischen dem, was wir wahrnehmen und dem, was wir verstehen. Ein Bereich zwischen Neugier und Angst, meist mit Religionen aufgefüllt, manchmal mit Entdeckergeist.
Ich möchte etwas verteidigen, das ungerechtfertigt ins Eck gestellt wird: Die Schönheit: Sie wird oft mit Oberflächlichkeit verbunden und gegen die Intelligenz ausgespielt. Das Schlaue wird durch die Idee repräsentiert, und die braucht nur kurze Zeit um zu entstehen, das ist vielleicht auch ihre Schwäche. Wie eine Pointe – einmal erzählt und vorbei. Bis etwas schön ist, braucht es unheimliche Mühe, ein Wissen, eine handwerkliche Qualität. Und es braucht eine Liebe dazu sowie ungeheuer viel Zeit. Möglicherweise ist es ja so, dass wir etwas besonders schön finden, weil wir es so schwer erreichen können. Da liegt eine Sehnsucht drinnen. Schönheit muss erarbeitet werden – durch Fleiß, Erfahrung, Können und Intelligenz. Schönheit ist nachhaltig. In ihr ruht Lebensweisheit. Wenn wir etwas machen, das nicht schön ist, ist es misslungen. Schönheit ist nachhaltig, tiefgründig und sie ist intelligent.
Was begrenzt die Verwirklichung Ihrer Visionen?
Wenn wir uns nicht selbst begrenzen, gibt es keine Grenzen. Auch ein Jammern über Einschränkungen ist überflüssig. Das wäre, als ob ein Wildwasserfahrer sich über die Wellen ärgert, ein Springreiter über Hürden, ein Segler über den Wind. Herausforderungen gehören zu unserem Beruf. Das ist unser Weg, der zu gehen ist, In der Verwirklichung von Projekten ist die Angst ein Thema, das hinderlich ist. Angst kommt aus einer Unsicherheit. Gesetze wollen alles Veränderbare in den Griff bekommen und absichern. Wir überholen uns mit Normen selbst, erweitern diese ständig und geben die Verantwortung an Regelwerke ab. Ziel dieser Normen ist es, die Zeit, die Veränderung, den Verfall in den Griff zu bekommen. Alles soll so bleiben wie es ist – eingefroren – tot. Vielleicht macht Veränderung das Vergehen der Zeit sichtbar und ist deshalb so beunruhigend. In diesem Sinne zerschnipseln wir ein wunderbares Holzbrett, vermengen es mit Leim und pressen eine tote Spanplatte daraus, die sich nicht mehr bewegen kann.
Das sind Funktionalismen, woraus Normen überhaupt entstehen. Wenn man das erkennt, dann kann man auch damit umgehen. Das macht unseren Beruf so reizvoll. Und wenn es gelingt, dann kann man mit dem Wind segeln, wie bei der Schatzkammer Gurk. Hier haben wir aus heimischem Lärchenholz 4 cm starke, 24 cm breite, 320 cm lange Bretter geschnitten und einen Boden gebaut, nicht als Belag, sondern als Konstruktion, also einen sogenannten Fehler des Schwindens oder Quellens zum Thema gemacht und durch die Art der Befestigung interpretiert. Der Boden bleibt beweglich wie ein Floß. Wenn wir uns so weit hinauslehnen, dann dürfen wir davon ausgehen, dass es in den anderen Gewerken auch möglich ist und unkonventionelle Lösungen finden.
Welches Ihrer Projekte möchten Sie hervorheben?
Es gibt kein Projekt, mit dem wir nichts mehr zu tun haben wollen, doch es gibt wenige, die wir ein zweites Mal genau gleich machen würden und manche, die aus unterschiedlichen Gründen besonders sind: Rührend ist beispielsweise, wie liebevoll unser erstes Haus, an dem wir sogar selbst Hand anlegten, nach zwanzig Jahren noch immer von den Bewohnern behandelt wird. Das bedeutet für uns eine große Wertschätzung.
Oder die Schatzkammer in Gurk: Bei diesem Herzensprojekt durfte durch ein wunderbares Zusammenspiel Handwerk im eigentlichen Sinne entstehen. Dieser Prozess gelang genau so, wie man sich das als Student vorstellt: Vor Ort konnten wir mit den Handwerkern anhand von Skizzen die Details entwickeln. Das Vertrauen war allseitig vorhanden, auch von der Kirche als Bauherrschaft. Und geschenktes Vertrauen will niemand enttäuschen, jeder übernimmt Eigenverantwortung in dieser positiven Vertrauensspirale.
Auch das Wien Museum, das wir gemeinsam mit Ferdinand Certov gewonnen haben, ist uns wichtig. In diesem Projekt steckt eine große Richtigkeit, die sich aus vielen Ingredienzien zusammensetzt, antwortet auf viel und bezieht auch viel ein. In diesem Sinne ist es sozial und kommunikativ. Einerseits bescheiden, andererseits radikal, beschreibt es neue Wege eines architektonischen Selbstverständnisses für repräsentative Großbauten. Es kommt nicht alles weg und neu, sondern nimmt die Stadt auf, führt sie weiter. Das Wien Museum wird durch seine Haltung zu einem großen Angebot an diesem Platz.
Und dann gibt es noch – ganz im Verborgenen – ein kleines ‘Auszieh-Häuschen’ am Seeufer. Wir haben das gemeinsam mit unseren Kindern gebaut, es misst drei mal drei Meter und wenn wir es ‘aus-ziehen’, ist es doppelt so groß(zügig)! Wir nutzen das für uns selbst, mit großer Freude.
Worüber sollten ArchitektInnen reden, einen Diskurs anzetteln?
Über Angemessenheit. Wenn wir bauen, greifen wir ein, verletzen und zerstören mitunter. Die Wunden, die wir reißen, müssen wir wieder heilen. Häuser sind schnell errichtet, doch sie stehen viele Jahrzehnte herum. Deshalb ist Architektur dem Umfeld genauso verpflichtet, wie den Benutzern. Wir haben als Architekten eine ungeheure Verantwortung gegenüber Stadt, Land, Gesellschaft, gegenüber zukünftigen Generationen und deren Lebensräumen.
Wenn WIR die Stadt nicht bauen, wird sie investiert. Dann hat sie die räumliche, städtebauliche, soziale Qualität einer Aktie. Nehmen wir als Beispiel unsere Seen: Wir haben zugelassen, dass Investoren sich die Landschaft zunutze machen und ungeheures Potenzial vernichten. Wenn das Bauwerk einmal steht, ist der Ort zerstört. Eine Aktie gehört ins Schließfach und nicht ans Seeufer!
Wir müssen darauf achten, dass unser Beruf wieder in eine andere Richtung geht.
Das Gesetzt verlangt von uns, dass wir über alles besser Bescheid wissen, als jeder Handwerker. Wir unterwerfen uns den Normen, sind also die Unterworfenen und werden auch so behandelt. Wenn wir uns das aufbürden lassen, wird jede Kreativität kriminalisiert; die Haftung verlangt einen Universalgelehrten. Wir müssen aufpassen, dass wir Architekten nicht nur nur noch jene sind, die die beste Versicherung zur Schadensabdeckung haben. Das Gesetz verfolgt nur diese Fehler. Doch jene, die durch qualitätslose Städte, Häuser, Wohnungen entstehen oder der Landfraß werden nicht sanktioniert, hier gibt es keine Normen.
Was be- und verurteilt wird, sind belanglose Nebensächlichkeiten, an das Schöpferische aber, wird eine Fußfessel montiert. Wir haben andere Aufgaben, wir sind der Link, der alle Teile zusammenfügt. WIR bauen die Stadt. Unser Detail ist die Tür, weil sie in die Stadt führt oder aus ihr heraus ins Private. Die Dimension ist eine politische und wir müssen die Scheuklappen abnehmen. Während wir uns um die Umsetzung von Normen kümmern und sich Juristen über die Nichterfüllung derselben streiten, verlernen unsere Kinder auf Bäume zu klettern und verlieren das Gespür für das Mannigfaltige und Schöne. Was gibt es Besseres, als in einem Beruf zu arbeiten, der sich solcher Werte annimmt?
Geerdet-sein und Abheben – das macht unsere Zusammenarbeit aus. Wir reiben uns aneinander, wir räumen auf und schütteln, bis alles Unwichtige abfällt. Dabei fliegen auch manchmal die Fetzen. Die Gedanken dürfen abheben, und – vorausgesetzt, sie sind beim Schütteln nicht abhanden gekommen – Wurzeln schlagen.
Wir halten unsere Bürostruktur bewusst schlank und persönlich. Weniger ist mehr, damit bleibt die Stringenz erhalten, die sich beginnend bei der Idee durch ein Projekt ziehen sollte. Am liebsten würden wir ja alles selber machen, wie bei einer Skulptur, die aus dem Stein gehauen wird. Das ist zwar anstrengend, aber ein wundervoller Weg. Doch wir mussten genauso lernen, die MitarbeiterInnen ins Boot zu holen, sie anzustecken, von ihnen zu lernen. In diesem Prozess geht es dann nicht ums Abarbeiten, es entsteht ein Werk. Wichtig ist uns bei jedem Projekt der Schritt in etwas Neues, ein Risiko einzugehen, etwas auszuprobieren. Wenn es damit gelingt auf eine weitere Stufe zu kommen, ist das der größte Lohn, den ein Projekt zurückgeben kann. Das braucht man auch, denn die Umsetzung ist meist sehr hart, vor allem, wenn wir uns weit hinauslehnen, aber das ist unser Antrieb, unsere Lust, unser Trost.
Was inspiriert Sie?
Wir hatten beide das Glück bei unserem Studium in Graz – bei dem wir uns auch kennenlernten – gute Lehrer zu haben. An TU war damals noch die alte Riege an Professoren aktiv. Zwei davon haben uns besonders geprägt: Franz Riepl verkörperte das Bodenständige und Giselbert Hoke das Künstlerische.
Nicht nur Gespräche sind sehr bereichernd, sondern auch das Zuhören, die Achtsamkeit im Moment und die Ruhe. Inspirativ ist zudem dieser endlose Raum, der sich auftut zwischen dem, was wir wahrnehmen und dem, was wir verstehen. Ein Bereich zwischen Neugier und Angst, meist mit Religionen aufgefüllt, manchmal mit Entdeckergeist.
Ich möchte etwas verteidigen, das ungerechtfertigt ins Eck gestellt wird: Die Schönheit: Sie wird oft mit Oberflächlichkeit verbunden und gegen die Intelligenz ausgespielt. Das Schlaue wird durch die Idee repräsentiert, und die braucht nur kurze Zeit um zu entstehen, das ist vielleicht auch ihre Schwäche. Wie eine Pointe – einmal erzählt und vorbei. Bis etwas schön ist, braucht es unheimliche Mühe, ein Wissen, eine handwerkliche Qualität. Und es braucht eine Liebe dazu sowie ungeheuer viel Zeit. Möglicherweise ist es ja so, dass wir etwas besonders schön finden, weil wir es so schwer erreichen können. Da liegt eine Sehnsucht drinnen. Schönheit muss erarbeitet werden – durch Fleiß, Erfahrung, Können und Intelligenz. Schönheit ist nachhaltig. In ihr ruht Lebensweisheit. Wenn wir etwas machen, das nicht schön ist, ist es misslungen. Schönheit ist nachhaltig, tiefgründig und sie ist intelligent.
Was begrenzt die Verwirklichung Ihrer Visionen?
Wenn wir uns nicht selbst begrenzen, gibt es keine Grenzen. Auch ein Jammern über Einschränkungen ist überflüssig. Das wäre, als ob ein Wildwasserfahrer sich über die Wellen ärgert, ein Springreiter über Hürden, ein Segler über den Wind. Herausforderungen gehören zu unserem Beruf. Das ist unser Weg, der zu gehen ist, In der Verwirklichung von Projekten ist die Angst ein Thema, das hinderlich ist. Angst kommt aus einer Unsicherheit. Gesetze wollen alles Veränderbare in den Griff bekommen und absichern. Wir überholen uns mit Normen selbst, erweitern diese ständig und geben die Verantwortung an Regelwerke ab. Ziel dieser Normen ist es, die Zeit, die Veränderung, den Verfall in den Griff zu bekommen. Alles soll so bleiben wie es ist – eingefroren – tot. Vielleicht macht Veränderung das Vergehen der Zeit sichtbar und ist deshalb so beunruhigend. In diesem Sinne zerschnipseln wir ein wunderbares Holzbrett, vermengen es mit Leim und pressen eine tote Spanplatte daraus, die sich nicht mehr bewegen kann.
Das sind Funktionalismen, woraus Normen überhaupt entstehen. Wenn man das erkennt, dann kann man auch damit umgehen. Das macht unseren Beruf so reizvoll. Und wenn es gelingt, dann kann man mit dem Wind segeln, wie bei der Schatzkammer Gurk. Hier haben wir aus heimischem Lärchenholz 4 cm starke, 24 cm breite, 320 cm lange Bretter geschnitten und einen Boden gebaut, nicht als Belag, sondern als Konstruktion, also einen sogenannten Fehler des Schwindens oder Quellens zum Thema gemacht und durch die Art der Befestigung interpretiert. Der Boden bleibt beweglich wie ein Floß. Wenn wir uns so weit hinauslehnen, dann dürfen wir davon ausgehen, dass es in den anderen Gewerken auch möglich ist und unkonventionelle Lösungen finden.
Welches Ihrer Projekte möchten Sie hervorheben?
Es gibt kein Projekt, mit dem wir nichts mehr zu tun haben wollen, doch es gibt wenige, die wir ein zweites Mal genau gleich machen würden und manche, die aus unterschiedlichen Gründen besonders sind: Rührend ist beispielsweise, wie liebevoll unser erstes Haus, an dem wir sogar selbst Hand anlegten, nach zwanzig Jahren noch immer von den Bewohnern behandelt wird. Das bedeutet für uns eine große Wertschätzung.
Oder die Schatzkammer in Gurk: Bei diesem Herzensprojekt durfte durch ein wunderbares Zusammenspiel Handwerk im eigentlichen Sinne entstehen. Dieser Prozess gelang genau so, wie man sich das als Student vorstellt: Vor Ort konnten wir mit den Handwerkern anhand von Skizzen die Details entwickeln. Das Vertrauen war allseitig vorhanden, auch von der Kirche als Bauherrschaft. Und geschenktes Vertrauen will niemand enttäuschen, jeder übernimmt Eigenverantwortung in dieser positiven Vertrauensspirale.
Auch das Wien Museum, das wir gemeinsam mit Ferdinand Certov gewonnen haben, ist uns wichtig. In diesem Projekt steckt eine große Richtigkeit, die sich aus vielen Ingredienzien zusammensetzt, antwortet auf viel und bezieht auch viel ein. In diesem Sinne ist es sozial und kommunikativ. Einerseits bescheiden, andererseits radikal, beschreibt es neue Wege eines architektonischen Selbstverständnisses für repräsentative Großbauten. Es kommt nicht alles weg und neu, sondern nimmt die Stadt auf, führt sie weiter. Das Wien Museum wird durch seine Haltung zu einem großen Angebot an diesem Platz.
Und dann gibt es noch – ganz im Verborgenen – ein kleines ‘Auszieh-Häuschen’ am Seeufer. Wir haben das gemeinsam mit unseren Kindern gebaut, es misst drei mal drei Meter und wenn wir es ‘aus-ziehen’, ist es doppelt so groß(zügig)! Wir nutzen das für uns selbst, mit großer Freude.
Worüber sollten ArchitektInnen reden, einen Diskurs anzetteln?
Über Angemessenheit. Wenn wir bauen, greifen wir ein, verletzen und zerstören mitunter. Die Wunden, die wir reißen, müssen wir wieder heilen. Häuser sind schnell errichtet, doch sie stehen viele Jahrzehnte herum. Deshalb ist Architektur dem Umfeld genauso verpflichtet, wie den Benutzern. Wir haben als Architekten eine ungeheure Verantwortung gegenüber Stadt, Land, Gesellschaft, gegenüber zukünftigen Generationen und deren Lebensräumen.
Wenn WIR die Stadt nicht bauen, wird sie investiert. Dann hat sie die räumliche, städtebauliche, soziale Qualität einer Aktie. Nehmen wir als Beispiel unsere Seen: Wir haben zugelassen, dass Investoren sich die Landschaft zunutze machen und ungeheures Potenzial vernichten. Wenn das Bauwerk einmal steht, ist der Ort zerstört. Eine Aktie gehört ins Schließfach und nicht ans Seeufer!
Wir müssen darauf achten, dass unser Beruf wieder in eine andere Richtung geht.
Das Gesetzt verlangt von uns, dass wir über alles besser Bescheid wissen, als jeder Handwerker. Wir unterwerfen uns den Normen, sind also die Unterworfenen und werden auch so behandelt. Wenn wir uns das aufbürden lassen, wird jede Kreativität kriminalisiert; die Haftung verlangt einen Universalgelehrten. Wir müssen aufpassen, dass wir Architekten nicht nur nur noch jene sind, die die beste Versicherung zur Schadensabdeckung haben. Das Gesetz verfolgt nur diese Fehler. Doch jene, die durch qualitätslose Städte, Häuser, Wohnungen entstehen oder der Landfraß werden nicht sanktioniert, hier gibt es keine Normen.
Was be- und verurteilt wird, sind belanglose Nebensächlichkeiten, an das Schöpferische aber, wird eine Fußfessel montiert. Wir haben andere Aufgaben, wir sind der Link, der alle Teile zusammenfügt. WIR bauen die Stadt. Unser Detail ist die Tür, weil sie in die Stadt führt oder aus ihr heraus ins Private. Die Dimension ist eine politische und wir müssen die Scheuklappen abnehmen. Während wir uns um die Umsetzung von Normen kümmern und sich Juristen über die Nichterfüllung derselben streiten, verlernen unsere Kinder auf Bäume zu klettern und verlieren das Gespür für das Mannigfaltige und Schöne. Was gibt es Besseres, als in einem Beruf zu arbeiten, der sich solcher Werte annimmt?
»nextroom fragt« ist ein neues Format für die in der nextroom Architekturdatenbank vertretenen PlanerInnen und Planer, das Raum für eine übergeordnete Eigenpräsentation schafft. Fünf gleichbleibende Fragen laden ein, Einblicke in den Arbeitsalltag und die Bedingungen für Architektur zu geben - ungeachtet ob aus der Sicht junger oder arrivierter, großer oder kleiner Büros.