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33 Interviews zur Architektur
»nextroom fragt« wird ein Buch: 33 Interviews zur Architektur erscheint im September 2019 bei Müry Salzmann. Als Vorabdruck stimmt das Apéro von Marina Hämmerle schon jetzt auf die Publikation ein.
25. Juni 2019
Was hat ein Autobahnknoten mit einem Museum zu tun? Mehr als uns lieb ist. Der Verkehrsverteiler kostet nämlich gleich viel wie das Kulturbauwerk. Nur dass die Gelder für ersteren leichter beschlossen werden. Diese Aussage ist eine von vielen, die uns an der Lebensrealität Architekturschaffender teilhaben lassen – brisant, überraschend divers und zugleich unterhaltsam eröffnet sich in 33 Interviews ein Querschnitt der österreichischen Architekturszene mit Blick über die Grenzen. Ein Plädoyer für dieses Buch und die Architektur im Allgemeinen.
Es sind weit mehr als 33 Architektinnen und Architekten, die Martina Pfeifer Steiner als GesprächspartnerInnen vis-à-vis sitzen. Denn manche Büros haben viele Chefinnen und Chefs, zeichnen als Team oder gar als multidisziplinäres Kollektiv für ihre Werke verantwortlich. Andere wiederum sind Einzelkämpfer, sie kommen aktuell sogar ohne Mitarbeiter aus. So antwortet ein Architekt in der Mitte seiner Schaffenskraft auf die Frage, in welchen Bürostrukturen er arbeite, kurz und bündig: „Das ist ziemlich einfach: Ich arbeite von morgens bis abends und mache jeden Strich, jede Skizze, jeden Plan selbst.“
Fünf scheinbar einfache Fragestellungen generieren eine überraschend große Vielzahl an Antworten. Das immer gleich bleibende Interviewgerüst schafft es, den Interpretationsraum offen zu halten. So erfahren die LeserInnen nicht nur vieles im Rahmen der abgefragten Motive, sondern darüber hinaus etliches über persönliche Vorlieben, intellektuelle Neigungen, das Berufsethos, über Widerstände und Sehnsüchte. „Schon mit acht bzw. zehn Jahren waren wir die Benzinbrüder, berauscht vom Klang des Zweitakters, dem nächsten Ausritt ins Gelände, mit allem, was dazu gehört. [...] Da klinken wir uns komplett vom Alltag aus, da sind wir einfach weg.“ Für Insider nicht schwer zu erraten, wer sich auf diese Weise zweimal im Jahr für ein paar Tage aus dem pickelharten Metier verabschiedet und so Kopf und Körper frei fährt.
Es ist verblüffend, welche Spannbreite an Prioritäten sich innerhalb des Gesagten auftut. Auch springt ins Auge, wie unterschiedlich ähnliche Inhalte benannt und umschrieben werden – von raffiniert und hochkomplex mit Zitaten und Querverweisen untermauert bis hin zu erfrischend klar, einfach und gerade heraus. Schon die erste Frage zur Bürostruktur, die auch sozial-räumliche Rahmenbedingungen beinhaltet, setzt Gedanken zum Werk, zu eigenen Projekten in Gang. Oder die Frage animiert dazu, über die eigenen Möglichkeiten zu reflektieren, die beispielsweise angesichts eines konkreten Bauauftrages in Bangladesh und der dortigen Verhältnisse aufkommen: „Mit der Architektur war ich am Ende meiner Werkzeugkiste angelangt.“ Jedenfalls zeigt sich, wie sehr Setting und Arbeitsweise gekoppelt sind.
Diese Verortungen des eigenen Tuns und Strebens kommen auch im Rahmen der zweiten Frage „Was inspiriert Sie?“ zum Tragen.
ArchitektInnen sind in vieler Hinsicht Autodidakten, ihr Beruf bedeutet lebenslanges Lernen: „Die Architektur entspringt quasi einem tiefen Verdauungsprozess, man ist die Transformationsmaschine oder das Durchlaufmedium, in dem wundersam miteinander verklickt wird, was schon drinnen ist, im Schädel.“ Damit das, was rauskommt, auch entsprechende Wirkung erzeugt, darf eines nicht fehlen: „Schönheit muss erarbeitet werden – durch Fleiß, Erfahrung, Können und Intelligenz. Schönheit ist nachhaltig. In ihr ruht Lebensweisheit.“ Wie überhaupt etliche der befragten ArchitektInnen das Leben an sich als Inspiration empfinden. So verweist einer der Großmeister auf die Dinge, die man noch nicht weiß: „Vieles ist am Anfang intuitiv [...] Das bedeutet, dass die Qualität der Arbeit nicht herbeigeredet wird, sondern ich versuche zuerst einmal intuitiv zu erfassen, zu spüren, und dann kommt der Kopf dazu.“
Regenerierend und beflügelnd wirkt für die kunstaffine Berufsgruppe der Gang in die Natur. Andere machen ihre Ausflüge in die Literatur und halten es mit Peter Handkes Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt: „Man begegnet zunächst einer Außenwelt, und die Innenwelt ist quasi das, was sich in einem Bauwerk davon ableitet. Also diese Mischung zwischen dem Ort, den ich als Innenwelt der Außenwelt bezeichnen würde, und dem, was drinnen passiert.“
In diesem Sinne bringen mehrere ihr Büro, den Ort ihres Schaffens, als Spiegelung ins Spiel. Nicht von ungefähr werken viele der Befragten in außergewöhnlichen Gebäuden, die eben genau jene revitalisierende Wechselbeziehung von Raum und Mensch bieten können, die nährt und kohärent macht. Ähnliches lässt sich von der Lehre ableiten. Gewichtige Lehrmeister wirken nicht wenigen bis ins eigene versierte Berufsleben nach, und für diejenigen, die unterrichten, ist es ein Experimentierfeld par excellence, ein unerschöpfliches gar.
Auf die Frage, was denn die Verwirklichung ihrer Visionen begrenze, klaffen die Wahrnehmungen deutlich auseinander.
Von der Schwerkraft bis zu Konventionen, vom Regelwerk bis zum Unvermeidbaren ... „Das wäre ungefähr so, als würde sich ein Wildwasserfahrer über die Wellen ärgern, ein Springreiter über Hürden, ein Segler über den Wind. Herausforderungen gehören zu unserem Beruf.“ Der Leidensweg in der Umsetzung ist offensichtlich bei bestimmten Bauvorhaben doch so groß, dass resignierenden fünf Prozent Inspiration überhebliche 95 Prozent Transpiration entgegengehalten werden. Die ArchitektInnen verkommen zu VerteidigerInnen ihrer Projekte. Aber es gibt auch andere Deutungen, da geht es „um die Gleichwertigkeit verschiedener Elemente, die als größere immaterielle, aber durchaus resistente Wirkung im architektonischen Raum als Kontinuum aufgeht, als ein gleichsam alle Sinne erfassendes Strömen. Visionen werden nicht nur durch fehlende, sondern vielmehr durch den Einsatz falscher Mittel begrenzt.“ Einer bringt es anders auf den Punkt: „Wohin geht das ganze Geld, wenn es nicht in der Qualität zu finden ist? [...] Politiker, Bauträger und die Bauwirtschaft leben gut damit. Doch irgendwann werden die Menschen merken, dass sie abgespeist werden, sie zwar Nahrung, aber nichts Genießbares, nichts Lebenswertes bekommen.“ Die Interviews sind gespickt mit allgemeingültigen, aber umso pointierteren Feststellungen wie diesen, sie tragen förmlich durch das Buch.
Darüber hinaus werfen die Befragten im vorletzten Themenfeld einen Blick auf das eigene Werk.
Die wenigsten möchten eines ihrer Projekte hervorheben. Entworfene Häuser sind wie großgezogene Kinder, die legt man nicht weg und stellt sie nicht öffentlich über andere. Die Werkliste kommt einer Prozessliste gleich – was hat man wo gelernt? Das Reflektieren über das eigene Werk spült auch vieles an Haltung und Prinzipien zu Tage. Und dennoch resümiert eine der Befragten: „Was uns ArchitektInnen alles einfällt, bleibt der Gesellschaft eigentlich verschlossen.“ Das betrifft Wettbewerbsprojekte, abgebrochene Bauvorhaben, versandete Eigeninitiativen etc. Wohl kaum ein dienstleistender Berufsstand hinterlässt so ein ungeheures Konvolut an unbezahlten Ideen und Konzepten. Man bekommt zum Ausgleich anderes: „Aus Projekten entstehen Freundschaften, und dadurch potenziert sich für uns die Bedeutung enorm.“
Und worüber sollten ArchitektInnen sonst noch reden, einen Diskurs anzetteln?
Noch immer über die SCHÖNHEIT und den KERN der ARCHITEKTUR. Über die BANALITÄT der GESETZE und die ANGEMESSENHEIT. Zwingend auch über FACH-INTELLIGENZEN und GENERALISTEN, die das Gesamtwerk im Blick behalten. Über eine ganzheitlich betrachtete ÖKOLOGIE und wie und wo PARTIZIPATION Sinn macht. Wir sollten dringend über die STADT und deren Gegenteil, die ZERSIEDLUNG, reden. Das sollten ArchitektInnen untereinander tun, aber: „Diskutiert wird auf der Ebene von Politik, Development und dies über die Medien, die ‚Allgemeinstimmung‘ spiegeln und diese teilweise sehr verkürzt und billig aufbereiten. Das Ganze ist jedoch dermaßen komplex, es lässt sich nicht in ein Twitter-Format pressen.“
„Wenn WIR die Stadt nicht bauen, wird sie investiert. Dann hat sie die räumliche, städtebauliche, soziale Qualität einer Aktie [...] Eine Aktie gehört ins Schließfach und nicht ans Seeufer!“, tönt es eindringlich aus Kärnten. Ja, diese Dinge gehören gesagt, aufgeschrieben und verbreitet! nextroom bietet nicht nur im Netz die Plattform dafür, sondern bündelt diese Standpunkte im vorliegenden Buch. Das Kompendium ist ein aufschlussreiches Zeugnis des kollektiven Pouvoirs der ArchitektInnenschaft, ihrer Reflexion eigener Ansprüche und Möglichkeiten sowie ihrer Lebensrealität. Denn in der Regel ist ihr Beruf ihr Leben. „Nur wenn sich ArchitektInnen als AnwältInnen einer Öffentlichkeit, als GestalterInnen von Baukultur begreifen, wird Nachhaltiges entstehen. Wenn wir lediglich bedarfsorientiert auf die Bedürfnisse von Investoren reagieren, schränken wir das große Spektrum von Architektur, die weit über hundert Jahre wirken könnte, auf eine mickrige Gegenwart ein.“
Damit aus mickriger Gegenwart grandiose Zukunft werden möge, wünsche ich mir, dass dieses Buch an viele EntscheidungsträgerInnen verschenkt und es auch jenseits der ArchitektInnenschaft LeserInnen finden werde. Damit sich Dinge ändern, braucht es viele, vor allem Verbündete.
Es sind weit mehr als 33 Architektinnen und Architekten, die Martina Pfeifer Steiner als GesprächspartnerInnen vis-à-vis sitzen. Denn manche Büros haben viele Chefinnen und Chefs, zeichnen als Team oder gar als multidisziplinäres Kollektiv für ihre Werke verantwortlich. Andere wiederum sind Einzelkämpfer, sie kommen aktuell sogar ohne Mitarbeiter aus. So antwortet ein Architekt in der Mitte seiner Schaffenskraft auf die Frage, in welchen Bürostrukturen er arbeite, kurz und bündig: „Das ist ziemlich einfach: Ich arbeite von morgens bis abends und mache jeden Strich, jede Skizze, jeden Plan selbst.“
Fünf scheinbar einfache Fragestellungen generieren eine überraschend große Vielzahl an Antworten. Das immer gleich bleibende Interviewgerüst schafft es, den Interpretationsraum offen zu halten. So erfahren die LeserInnen nicht nur vieles im Rahmen der abgefragten Motive, sondern darüber hinaus etliches über persönliche Vorlieben, intellektuelle Neigungen, das Berufsethos, über Widerstände und Sehnsüchte. „Schon mit acht bzw. zehn Jahren waren wir die Benzinbrüder, berauscht vom Klang des Zweitakters, dem nächsten Ausritt ins Gelände, mit allem, was dazu gehört. [...] Da klinken wir uns komplett vom Alltag aus, da sind wir einfach weg.“ Für Insider nicht schwer zu erraten, wer sich auf diese Weise zweimal im Jahr für ein paar Tage aus dem pickelharten Metier verabschiedet und so Kopf und Körper frei fährt.
Es ist verblüffend, welche Spannbreite an Prioritäten sich innerhalb des Gesagten auftut. Auch springt ins Auge, wie unterschiedlich ähnliche Inhalte benannt und umschrieben werden – von raffiniert und hochkomplex mit Zitaten und Querverweisen untermauert bis hin zu erfrischend klar, einfach und gerade heraus. Schon die erste Frage zur Bürostruktur, die auch sozial-räumliche Rahmenbedingungen beinhaltet, setzt Gedanken zum Werk, zu eigenen Projekten in Gang. Oder die Frage animiert dazu, über die eigenen Möglichkeiten zu reflektieren, die beispielsweise angesichts eines konkreten Bauauftrages in Bangladesh und der dortigen Verhältnisse aufkommen: „Mit der Architektur war ich am Ende meiner Werkzeugkiste angelangt.“ Jedenfalls zeigt sich, wie sehr Setting und Arbeitsweise gekoppelt sind.
Diese Verortungen des eigenen Tuns und Strebens kommen auch im Rahmen der zweiten Frage „Was inspiriert Sie?“ zum Tragen.
ArchitektInnen sind in vieler Hinsicht Autodidakten, ihr Beruf bedeutet lebenslanges Lernen: „Die Architektur entspringt quasi einem tiefen Verdauungsprozess, man ist die Transformationsmaschine oder das Durchlaufmedium, in dem wundersam miteinander verklickt wird, was schon drinnen ist, im Schädel.“ Damit das, was rauskommt, auch entsprechende Wirkung erzeugt, darf eines nicht fehlen: „Schönheit muss erarbeitet werden – durch Fleiß, Erfahrung, Können und Intelligenz. Schönheit ist nachhaltig. In ihr ruht Lebensweisheit.“ Wie überhaupt etliche der befragten ArchitektInnen das Leben an sich als Inspiration empfinden. So verweist einer der Großmeister auf die Dinge, die man noch nicht weiß: „Vieles ist am Anfang intuitiv [...] Das bedeutet, dass die Qualität der Arbeit nicht herbeigeredet wird, sondern ich versuche zuerst einmal intuitiv zu erfassen, zu spüren, und dann kommt der Kopf dazu.“
Regenerierend und beflügelnd wirkt für die kunstaffine Berufsgruppe der Gang in die Natur. Andere machen ihre Ausflüge in die Literatur und halten es mit Peter Handkes Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt: „Man begegnet zunächst einer Außenwelt, und die Innenwelt ist quasi das, was sich in einem Bauwerk davon ableitet. Also diese Mischung zwischen dem Ort, den ich als Innenwelt der Außenwelt bezeichnen würde, und dem, was drinnen passiert.“
In diesem Sinne bringen mehrere ihr Büro, den Ort ihres Schaffens, als Spiegelung ins Spiel. Nicht von ungefähr werken viele der Befragten in außergewöhnlichen Gebäuden, die eben genau jene revitalisierende Wechselbeziehung von Raum und Mensch bieten können, die nährt und kohärent macht. Ähnliches lässt sich von der Lehre ableiten. Gewichtige Lehrmeister wirken nicht wenigen bis ins eigene versierte Berufsleben nach, und für diejenigen, die unterrichten, ist es ein Experimentierfeld par excellence, ein unerschöpfliches gar.
Auf die Frage, was denn die Verwirklichung ihrer Visionen begrenze, klaffen die Wahrnehmungen deutlich auseinander.
Von der Schwerkraft bis zu Konventionen, vom Regelwerk bis zum Unvermeidbaren ... „Das wäre ungefähr so, als würde sich ein Wildwasserfahrer über die Wellen ärgern, ein Springreiter über Hürden, ein Segler über den Wind. Herausforderungen gehören zu unserem Beruf.“ Der Leidensweg in der Umsetzung ist offensichtlich bei bestimmten Bauvorhaben doch so groß, dass resignierenden fünf Prozent Inspiration überhebliche 95 Prozent Transpiration entgegengehalten werden. Die ArchitektInnen verkommen zu VerteidigerInnen ihrer Projekte. Aber es gibt auch andere Deutungen, da geht es „um die Gleichwertigkeit verschiedener Elemente, die als größere immaterielle, aber durchaus resistente Wirkung im architektonischen Raum als Kontinuum aufgeht, als ein gleichsam alle Sinne erfassendes Strömen. Visionen werden nicht nur durch fehlende, sondern vielmehr durch den Einsatz falscher Mittel begrenzt.“ Einer bringt es anders auf den Punkt: „Wohin geht das ganze Geld, wenn es nicht in der Qualität zu finden ist? [...] Politiker, Bauträger und die Bauwirtschaft leben gut damit. Doch irgendwann werden die Menschen merken, dass sie abgespeist werden, sie zwar Nahrung, aber nichts Genießbares, nichts Lebenswertes bekommen.“ Die Interviews sind gespickt mit allgemeingültigen, aber umso pointierteren Feststellungen wie diesen, sie tragen förmlich durch das Buch.
Darüber hinaus werfen die Befragten im vorletzten Themenfeld einen Blick auf das eigene Werk.
Die wenigsten möchten eines ihrer Projekte hervorheben. Entworfene Häuser sind wie großgezogene Kinder, die legt man nicht weg und stellt sie nicht öffentlich über andere. Die Werkliste kommt einer Prozessliste gleich – was hat man wo gelernt? Das Reflektieren über das eigene Werk spült auch vieles an Haltung und Prinzipien zu Tage. Und dennoch resümiert eine der Befragten: „Was uns ArchitektInnen alles einfällt, bleibt der Gesellschaft eigentlich verschlossen.“ Das betrifft Wettbewerbsprojekte, abgebrochene Bauvorhaben, versandete Eigeninitiativen etc. Wohl kaum ein dienstleistender Berufsstand hinterlässt so ein ungeheures Konvolut an unbezahlten Ideen und Konzepten. Man bekommt zum Ausgleich anderes: „Aus Projekten entstehen Freundschaften, und dadurch potenziert sich für uns die Bedeutung enorm.“
Und worüber sollten ArchitektInnen sonst noch reden, einen Diskurs anzetteln?
Noch immer über die SCHÖNHEIT und den KERN der ARCHITEKTUR. Über die BANALITÄT der GESETZE und die ANGEMESSENHEIT. Zwingend auch über FACH-INTELLIGENZEN und GENERALISTEN, die das Gesamtwerk im Blick behalten. Über eine ganzheitlich betrachtete ÖKOLOGIE und wie und wo PARTIZIPATION Sinn macht. Wir sollten dringend über die STADT und deren Gegenteil, die ZERSIEDLUNG, reden. Das sollten ArchitektInnen untereinander tun, aber: „Diskutiert wird auf der Ebene von Politik, Development und dies über die Medien, die ‚Allgemeinstimmung‘ spiegeln und diese teilweise sehr verkürzt und billig aufbereiten. Das Ganze ist jedoch dermaßen komplex, es lässt sich nicht in ein Twitter-Format pressen.“
„Wenn WIR die Stadt nicht bauen, wird sie investiert. Dann hat sie die räumliche, städtebauliche, soziale Qualität einer Aktie [...] Eine Aktie gehört ins Schließfach und nicht ans Seeufer!“, tönt es eindringlich aus Kärnten. Ja, diese Dinge gehören gesagt, aufgeschrieben und verbreitet! nextroom bietet nicht nur im Netz die Plattform dafür, sondern bündelt diese Standpunkte im vorliegenden Buch. Das Kompendium ist ein aufschlussreiches Zeugnis des kollektiven Pouvoirs der ArchitektInnenschaft, ihrer Reflexion eigener Ansprüche und Möglichkeiten sowie ihrer Lebensrealität. Denn in der Regel ist ihr Beruf ihr Leben. „Nur wenn sich ArchitektInnen als AnwältInnen einer Öffentlichkeit, als GestalterInnen von Baukultur begreifen, wird Nachhaltiges entstehen. Wenn wir lediglich bedarfsorientiert auf die Bedürfnisse von Investoren reagieren, schränken wir das große Spektrum von Architektur, die weit über hundert Jahre wirken könnte, auf eine mickrige Gegenwart ein.“
Damit aus mickriger Gegenwart grandiose Zukunft werden möge, wünsche ich mir, dass dieses Buch an viele EntscheidungsträgerInnen verschenkt und es auch jenseits der ArchitektInnenschaft LeserInnen finden werde. Damit sich Dinge ändern, braucht es viele, vor allem Verbündete.
»33 Interviews zur Architektur« geführt von Martina Pfeifer Steiner, Fotografien Lukas Hämmerle, mit einem Apéro von Marina Hämmerle. Herausgeber nextroom, erscheint im Verlag Müry Salzmann, September 2019. Buchpräsentationen sind im Herbst geplant, in Salzburg, Wien, Klagenfurt, Graz, Innsbruck und Dornbirn.