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Carlo Baumschlager – Reduktion
Carlo Baumschlager – Reduktion © Foto: Benno Hagleitner
1. September 2020 - Martina Pfeifer Steiner
"Zur Einfachheit gibt es zahlreiche Thesen, ich denke an den Minimalismus in der Kunst oder die vielfältigen Ansätze in der Architektur. Ich würde Einfachheit deshalb gerne aus meiner Sicht definieren. Mir scheint, dass der eigene Kulturkreis eine gewichtige Rolle spielt. Wenn man an die „einfache Architektur“ in Vorarlberg oder der Ostschweiz, auch Süddeutschland denkt, hat das viel mit der Prägung der Menschen und damit auch die der Architekten zu tun. Hier findet sich die Idee einer intelligenten Banalität, der Vernunft, der „Gewöhnlichkeit“. Es ist auffällig, dass Architekten aus diesem Kulturkreis bei Vorträgen oder Jurys wenig geschwätzig sind. Das kennzeichnet diese Haltung und das zeigt auch eine größere Nähe zur klassischen Moderne bzw. zu dem, was daraus entstanden ist, im Gegensatz zu Moden wie Postmoderne oder Dekonstruktivismus.

Gewiss hat das schlussendlich Konsequenzen in der Architektur, in ihrer Sauberkeit, dass es eben eine klare kompositionelle Struktur gibt, dass Volumen und Flächen deutlich gemacht werden, und bei all diesen entwerferischen Instrumenten, die zu einer gewissen Geradlinigkeit, zu einem gewissen Pragmatismus führen. Damit können wir gut umgehen: Kosten, Einfachheit in der Konstruktion, die Holzbau-Thematik, das hat alles damit zu tun, dass man eben nicht rhetorisch sein möchte. So gehen wir auch alle Projekte an, und das führt immer wieder hin zur „Reduktion“. Wir analysieren sehr genau die Aufgabenstellung, die budgetären Möglichkeiten. Uns interessieren unter anderem so pragmatische Fragen wie Energieverbrauch eines Hauses, der ökologische Beitrag, den wir damit leisten können, also grundsätzliche Fragen, die aber auch mit Entwicklungen zu tun haben. Diese versuchen wir aufzulisten, durchzugehen und in unseren Projekten Antworten darauf zu geben. Das ist ein Teil des Erfolgs der Architekten dieser Region, dass wir nicht nur wissen was wir tun, sondern es auch verbalisieren können. Architektur darf keine Geschmacksfrage sein, sondern muss tiefer schürfen und Lösungen bieten, die den Menschen verständlich und lesbar gemacht werden sollen. Das ist nicht das Laut-hinaus-Geschriene, das ist eine subtile Poesie."

Carlo Baumschlager, geb. 1956, Baumschlager Hutter Partners, Dornbirn, Wien, München, Heerbrugg, St. Gallen, Zürich. Aus Reduktion und Klarheit in ihrer Haltung entwickeln sich immer wieder prototypische Projekte mit beispielsweise neuen pädagogischen Konzepten wie beim Schulbau in Hard oder neue Systembauweisen mit Standardisierung von Wohnungstypologien bei RIVA.
Reduktion – Option – Wandel, das sind die Impulswörter der zweiten Staffel bei »nextroom fragt«. Wie reagieren die auf nextroom vertretenen Architekturschaffenden darauf? Martina Pfeifer Steiner holt die Statements ein.

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