Akteur

Hermann Czech
Wien (A)

Der Meister des nur scheinbar Unscheinbaren

Kopf des Tages

16. Juli 2024 - Wojciech Czaja
Aber nicht, dass Sie mich schon wieder als Kaffeehaus- und Apfelstrudelarchitekten hinstellen! Ich habe in meinem Leben mehr gemacht als nur das!“ Hermann Czech zählt nicht nur zu den bedeutendsten Architekten Österreichs, sondern ist wahrscheinlich auch der letzte noch lebende Gestalter und Theoretiker, der sich intensiv mit dem Begriff der Moderne beschäftigt und der – stets mit einem schelmischen Grinsen zwischen den für ihn typischen, präzise ausgetüftelten Details – die Grundprinzipien klassischen Bauens anwendet.

Oder, um mit den Worten der Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer zu sprechen: „Czech steht mit seinen Arbeiten in mittelbarer Nachfolge von Adolf Loos. In vergleichbarer Weise gelingt ihm die subtile Verbindung von historisch Vorhandenem mit dem, was zeitgemäß gebraucht wird.“

Für genau diesen Brückenschlag wird Czech mit dem Großen Österreichischen Staatspreis 2024 ausgezeichnet. 1936 in Wien geboren, studierte er Architektur an der Technischen Hochschule und später an der Akademie der bildenden Künste. Er war Assistent bei Hans Hollein und Johannes Spalt und realisierte bald seine ersten Lokale, darunter etwa Kleines Café (1970, 1974), Wunder-Bar (1976) und Salzamt (1983). Weitere Projekte sind das Hotel Messe Wien, die Rosa-Jochmann-Schule in Simmering, der Stadtparksteg über den Wienfluss sowie die Winterverglasung auf der Galerie der Wiener Staatsoper.

Auf der Architektur-Biennale in Venedig wollte er 2023 mit dem Architekturkollektiv AKT den österreichischen Pavillon mithilfe einer Maueröffnung für die lokale Bevölkerung zugänglich machen, scheiterte aber an der Engstirnigkeit von Venedigs Bürokratie. Und so mutierte der Pavillon zu einer Chronik stadtpolitischer Verunmöglichung. Das Projekt ist stellvertretend dafür, wie es Czech liebt, sich fernab seines historisch kenntnisreichen Detailwahnsinns in den Geist einer Stadt hineinzudenken.

Czechs Bauten sind still und nur scheinbar unscheinbar. Architektur solle nur dann sprechen, wenn sie gefragt werde, sagte er einmal. Dass der Staatspreis an einen kritischen, nachdenklichen Menschen geht, der in seinem Innenstadtatelier im fünften Stock zwischen tausenden Büchern sitzt und werkt, ist Ausdruck einer neuen Sehnsucht nach Substanz. „Die 30.000 Euro Preisgeld“, so Czech, „kann ich für mein Büro gut brauchen.“

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