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Mensch und Baum in der Stadt
Oberösterreichische Nachrichten

Interview mit dem Landschaftsarchitekten Gregor Mader über das grüner werdende Linz.

5. April 2025 - Georg Wilbertz
Mit ihrer 2019 beschlossenen Baumpflanzoffensive geht die Stadt Linz einen bemerkenswerten Weg der dringend notwendigen Stadtbegrünung. Auslöser ist die Klimadebatte, aber es gibt auch andere Aspekte.

Im Gespräch mit dem am Programm beteiligten Landschaftsarchitekten Gregor Mader vom Linzer Büro studio blaugruen geht es um die sozialen und ästhetischen Verbesserungen, die mit einem lebendigen Stadtgrün in Linz Einzug halten.

OÖNachrichten: Wie sieht heute für Sie der ideale Stadtraum aus?

Gregor Mader: Er ist kleinteilig und vielgestaltig, grün in vielen Formen, belebt durch Mensch, Tier und Pflanze. Am Ende des Tages auch schön. Menschen sollen sich hier begegnen können, Lebendigkeit kann entstehen.

Wie beurteilen Sie die Baumpflanzoffensive der Stadt Linz?

Es ist ein großartiges, zeitgemäßes Programm, das recht breiten politischen und gesellschaftlichen Rückhalt erfährt. Man traut sich, verschiedene Herangehensweisen auszuprobieren. Wir begrünen beispielsweise das Neustadtviertel mit mehr als 50 Bäumen. Früher wurden Straßenräume oft nach rein verkehrlichen Aspekten geplant, es dominierten Parkplätze, und dazwischen gab es einen Baum. Wenn Landschaftsarchitekten ins Spiel kommen, wird es kreativer, und die Räume kriegen eine neue, attraktivere Identität. Allerdings sind wir aufgefordert, „parkplatzschonend“ zu planen.

Wie sieht dabei das Zusammenspiel von gebautem Stadtraum und Stadtgrün aus? Was muss es können?

Für mich hat Stadtraum zwei grundsätzliche Dimensionen: erstens die Gebäude und dann der Raum dazwischen. Das Grün kann den Zwischenraum beleben, aber genauso auf den Gebäuden sein. Dabei ist mir wichtig, zu betonen, dass die geplante Landschaftsarchitektur nicht nur auf das Grün reduziert ist. Wir bearbeiten den gesamten freien Raum. Das Stadtgrün ist nicht nur eine Frage des Klimawandels. Unter einem Baum herrscht nicht nur ein besseres Klima, sondern eine besondere räumliche Atmosphäre, die die Stadt positiv prägt. Und immer mehr Bürger fordern dies ein.

Kann man überall in der Stadt begrünen? Oder gibt es historische, vielleicht ästhetische Gründe, die ortsbezogen dagegen sprechen?

Ich bin der Überzeugung, dass man überall begrünen kann. Inzwischen bringt auch die Architektur neue ökologische Konzepte in die Stadt. Daneben müssen innovative soziale Räume entstehen. Mehr Menschen drängen in die Städte und die Nutzungsdichte nimmt zu, was nach Freiräumen verlangt. Wir wollen durch unsere Planungen verschiedene Funktionen in den Quartieren miteinander verbinden. Aber dies darf man nicht nur funktional sehen. Die Straße sollte der nächstgelegene „Naherholungsraum“ für die Anwohner sein.

Werden die zu pflanzenden Bäume nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgesucht?

Bäume sind von ihrem Wuchs her sehr unterschiedlich. Dadurch ist es möglich, mit Bäumen bewusst und geplant Stadträume zu gestalten, was wir auf Grundlage angepasster Konzepte tun. So lassen sich zum Beispiel verschiedene Baumarten miteinander kombinieren, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Zu bedenken ist allerdings, dass es sich natürlich um Lebewesen handelt, die gerne ihre eigenen Wege gehen.

Wenn Sie von neuen Freiräumen sprechen, wie definieren Sie diesen Begriff?

Durch das Pflanzen der Bäume entsteht eine neue Räumlichkeit der Straße. Es entsteht die Inspiration, den Raum anders, vielfältiger zu nutzen. Ich sehe dies als meine wesentliche Aufgabe: Inspirationen zu schaffen. Leute sollen angeregt werden, außerhalb der gebauten Räume aktiv zu werden.

Eine demokratische Aufgabe?

Ja, man soll sich wieder begegnen. Im Neustadtviertel haben wir nicht nur Platz für die Baumwurzeln geschaffen, sondern sogenannte Multifunktionsflächen realisiert. Wir haben Module entwickelt aus einem Baum, einem Tiefbeet und einer Fläche, die funktional nicht definiert wurde. Hier kann man Aufenthaltsbereiche, Fahrradständer oder anderes unterbringen. Man kann sich spontan und niederschwellig setzen und unterhalten. Es geht um Entschleunigung jenseits der üblichen Schmuckbepflanzung. Und morgens wird man von Vogelgezwitscher geweckt.

Aktuelle Informationen zum Baumbestand in Linz, zu einzelnen Standorten und Bäumen erhält man über das Bauminformationssystem der Stadt Linz.

Zur Person

Gregor Mader (geboren 1975) studierte Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Er plant Frei- und Grünräume unterschiedlicher Dimensionen und arbeitet mit Architekturbüros zusammen. 2019 gründete er in Linz das Büro studio blaugruen mit aktuell fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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