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Jakob Dunkl – Architektur muss berühren
Jakob Dunkl – Architektur muss berühren, Foto: querkraft architekten

Für Architekt Jakob Dunkl (re.) vom Wiener Architekturbüro querkraft gehört zur Definition von Nachhaltigkeit auch der Begriff der „emotionalen Nachhaltigkeit“. Er setzt sich für Gebäude ein, die Menschen lieben und so möglichst lange nutzen. Wie das beim neuen IKEA am Wiener Westbahnhof umgesetzt wurde, erzählt er im Gespräch.

29. März 2022 - Christian Reinecke
„Für uns ist die emotionale Nachhaltigkeit das Wichtigste. Das bedeutet, dass wir glauben, dass alles, was geliebt wird, besonders lange gepflegt, erhalten und genutzt wird. Wie ein altes Möbelstück, dass immer weitervererbt und über Generationen hinweg gepflegt und repariert wird.

Vielleicht müssen wir deshalb wieder anfangen, über Schönheit zu reden. Über Lebensfreude und nicht nur über das, was funktional und praktisch ist. Dafür brauchen wir mehr Menschlichkeit und Subjektivität in unserer Architektur. Bei unseren Entwürfen fangen wir aber erstmal ganz rational an. Der Anfang ist lösungsorientiert und funktionalistisch. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem wir überlegen, ob etwas auch emotional funktioniert, ob es die Menschen abholt und ob es Freude bringt.

So war es auch bei dem neuen Haus für IKEA am Westbahnhof. Unser Ziel war es, mit diesem Gebäude ein guter Nachbar zu sein. Aber was bedeutet das? Von der Stadt Wien gab es viele Vorgaben, die wir vernünftig fanden. Zum Beispiel mussten wir für die Straßenbahnhaltestelle einen rund vier Meter breiten Arkadenbereich anlegen. Diese Anforderungen haben wir einfach auf das ganze Gebäude übertragen. Dadurch entstand eine Art Regal vor der Fassade und in dieses Regal haben wir zusammen mit der Dachterrasse 160 Bäume gestellt. Das wirkt sich gerade im Sommer positiv auf das Mikroklima aus, da die Bäume Schatten spenden und die Temperatur regulieren. Das Regal wird so zum Kühlregal und hilft Energie zu sparen.

Dazu kommt, dass die Dachterrasse allen Menschen offensteht. Ein guter Nachbar bedeutete für uns, dass das Gebäude frei zugänglich ist und dass es einen Mehrwert für die Umgebung bietet. Und schließlich ist die ganze Konstruktion sehr flexibel gestaltet. Alles baut auf einem einfachen Raster auf. Auch das ist ein wichtiger Punkt für die Nachhaltigkeit: Dass man das Gebäude gut nachnutzen kann und es viele neue Funktionen finden kann. So wird es hoffentlich lange stehen bleiben, weil es geliebt wird und weil es funktioniert.“

Jakob Dunkl ist gebürtiger Frankfurter und studierte an der Technischen Universität in Wien Architektur. 1998 gründete er zusammen mit Gerd Erhartt, Peter Sapp und dem mittlerweile ausgeschiedenen Michael Zinner das Architekturbüro „querkraft“ mit Sitz in Wien. Bekanntheit erlangte das Büro mit Gebäuden wie dem Museum Lianig in Kärnten, dem Hochhaus „Citygate“ in Wien oder dem österreichischen Pavillon bei der Expo 2020 in Dubai.
»nextroom fragt« Architekt:innen, Bauherr:innen und Expert:innen. Die Gesprächsreihe zum nachhaltigen Bauen wird konzipiert und betreut von Anne Isopp. Im Gespräch werden unterschiedliche Dimensionen des nachhaltigen Bauens eingefangen, auf konkrete Bauten Bezug genommen und individuelle Sichtweisen abgefragt. Einige der Gespräche sind als Podcast auf morgenbau.at zu hören.

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