Beitrag
Die Schweizer Architektin Barbara Buser ist Vorreiterin im Bauen mit vorhandenen Bauteilen. Schon in den 1990er Jahren gründete sie die erste Schweizer Bauteilbörse. Nun ging sie mit ihrem Baubüro in situ einen Schritt weiter: vom Sammeln, Aufbereiten und Vermitteln von Bauteilen hin zum Bauen mit überwiegend gebrauchten Bauteilen. Das Baubüro in situ errichtete mit dem K.118 einen Pionierbau in Winterthur. Dabei konnte es den CO2-Fussabdruck in der Erstellung um 60 Prozent gegenüber einem vergleichbaren konventionellen Neubau verringern. Für das Klima sei es noch immer das Beste, nichts abzureißen, sagt Barbara Buser. Am liebsten würde sie einen Baustopp auf Zeit verhängen, um nach Alternativen suchen zu können und die Bauwirtschaft von der Linearität in den Kreislauf zu bringen.
Wir haben ein Pilotprojekt durchgeführt. Das K.118 ist eine Aufstockung auf einen bestehenden Ziegelbau aus gebrauchten Bauteilen. Der bestehende Ziegelbau konnte nichts tragen, er ist nur Außenhülle. Daher haben wir in ihn ein neues Gebäude aus gebrauchten Bauteilen hineingestellt und oben drei Stockwerke herausschauen lassen. Die Bauherrschaft hatte zwei Bedingungen an uns gestellt: Das Gebäude aus gebrauchten Bauteilen darf nicht mehr kosten als ein Gebäude aus neuen Bauteilen und das Pilotprojekt muss wissenschaftlich begleitet werden. Beide Bedingungen waren Teil des Erfolgs. Wir haben zusammen mit der ZHAW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft, die Kosten und die CO2-Emissionen untersucht und das Buch „Bauteile wiederverwenden“ herausgegeben.
Ich weiß, dass es eine Illusion ist, dass nun alle Architekt:innen nur noch mit gebrauchten Bauteilen bauen. Aber wir spüren, dass sich viele dafür interessieren. Wenn eine Stadt sich dazu verpflichtet, CO2 zu reduzieren, dann ist das Bauen mit vorhandenen Bauteilen ein Mittel, mit dem sie ganz schnell Erfolge feiern können. Das Beste ist natürlich immer noch, nicht abzureißen. Es gibt ja jetzt in Deutschland den Ruf nach einem Abriss-Moratorium. Ich unterstütze das in jeder Hinsicht. Man muss sich jetzt einfach einmal die Zeit nehmen, um Alternativen zu finden. Die Bauwirtschaft muss von der Linearität in den Kreislauf kommen. Alle müssen an dem Platz, an dem sie sind, versuchen, diesen Kreislauf zu schließen.“
Barbara Buser ist Architektin in Basel. In den 1990er Jahren gründete sie die erste Schweizer Bauteilbörse. Seitdem engagiert sie sich auf vielen Ebenen für nachhaltiges und kreislaufgerechtes Bauen. Sie ist Mitbegründerin des Baubüros in situ. In Winterthur hat in situ nun mit der Aufstockung K.118 ein Pionierprojekt für den Bau mit gebrauchten Bauteilen geschaffen. Dazu entstand auch ein Kompendium zum zirkulären Bauen mit dem Titel „Bauteile wiederverwenden“. Der Kopfbau K.118 wurde 2021 mit dem Global Gold Award der Holcim Awards for Sustainable Construction ausgezeichnet.